Roberto Chiari mit seiner Pilgerfamilie vor der Kathedrale von Santiago de Compostela im Nordwesten von Spanien. Foto: Chiari

Den Jakobsweg zu gehen ist wieder modern geworden. Zur Schar der Pilger gehört auch Bad Liebenzells Bürgermeister Roberto Chiari. Er sorgt nun dafür, dass eine große Lücke im Netz der Pilgerwege geschlossen wird.

Bad Liebenzell - Das Ziel aller Pilger auf dem Jakobsweg ist der Wallfahrtsort Santiago de Compostela im Nordwesten von Spanien. Dort soll das Grab des heiligen Jakobus sein. Das Erkennungszeichen auf den Wegen ist die Jakobsmuschel. Wer ihr folgt, kommt irgendwann in Santiago de Compostela an. Das Wegenetz ist insgesamt rund 25 000 Kilometer lang.

Große Lücke

Demnächst kommen rund 140 Kilometer hinzu. Bad Liebenzells Bürgermeister Roberto Chiari will im Nordschwarzwald eine große Lücke im Wegenetz schließen. Dabei waren in der Region einst sehr wohl Jakobspilger unterwegs. Chiari rekonstruierte in mühevoller Kleinarbeit die Stationen. Der Weg beginnt in Sinsheim, führt über Eichelberg, einem Stadtteil von Östringen, und geht weiter nach Odenheim und Maulbronn. In Münklingen, einem Stadtteil von Weil der Stadt, rasteten ebenfalls Jakobspilger. Nicht zu vergessen das ehemalige Kloster Hirsau. In Bad Teinach-Zavelstein fanden sogar früher Feste zu Ehren des heiligen Jakobus statt. Die Pilger übernachteten zudem im ehemaligen Kloster in Wildberg. Horb ist der Schlusspunkt des neuen Weges. Die Stadt liegt bereits an einem bekannten Jakobsweg.

Einen Schub bekommen

Chiari ist kein Theoretiker, sondern hat selbst auf Jakobswegen schon rund 6000 Kilometer zurückgelegt. Jeder Jakobsweg beginnt an der eigenen Haustür, sagt Chiari. Gläubige hoffen mit dem Pilgern auf einen Erlass von Sündenstrafen. Dies galt vor allem für das Mittelalter. Einen Schub bekam das Pilgern durch das Buch von Hape Kerkeling "Ich bin dann mal weg". Bisweilen steht heute nicht mehr der religiöse Aspekt im Vordergrund. Vielmehr geht es darum, den Alltag hinter sich zu lassen. Für Chiari ging es auf seinen langen Wanderungen auf dem Jakobsweg darum, mit Schmerzen und Emotionen umzugehen und letztlich durchzuhalten. Man trenne sich von Personen und Dingen, sagt der Möttlinger. Unterwegs lasse der Pilger immer mehr Ballast zurück. Und schließlich erlebe er eine Art Wiedergeburt. In Santiago de Compostela komme der Pilger als neuer Mensch an.

Natürlich kommt es Chiari sehr gelegen, dass die badische Jakobusgesellschaft in Bad Krozingen den neuen Jakobsweg nach Bad Liebenzell benennt. Damit gibt es schon bald einen Liebenzeller Jakobsweg, freut sich Chiari.

Schilder werden aufgestellt

Inzwischen hat er schon einige Nägel mit Köpfen gemacht. Der Liebenzeller Jakobsweg führt durch 17 Kommunen und sechs Landkreise. Und alle freuen sich darauf. Demnächst beginnen Helfer damit, den neuen Jakobsweg auszuschildern. Wenn alles schnell geht, könnte die Beschilderung noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Spätestens 2023 ist dann aber so weit. Chiari hat eine Mannschaft zusammen, die sich darum kümmert. "Ein Großteil kommt aus Bad Liebenzell", berichtet der Bürgermeister. Aber es dürfen sich gerne weitere Helfer melden. Im nächsten Jahr wird der Jakobsweg eingeweiht.

Info

Statistik

(wk). Nach der von Roberto Chiari aufgestellten Statistik waren 2003 knapp 6000 Pilger aus Deutschland auf dem Jakobsweg unterwegs. Sie stieg bis 2006 auf rund 8000 an. Dann kam der Effekt durch das Buch von Hape Kerkeling. 2007 folgte ein Sprung auf fast 14 000 Pilger. 2019 waren es 26 000 Pilger.