Mit Balkon-Solaranlagen bekommen Haushalte ihre eigenen Stromquellen. Foto: © Sandra Zuerlein - stock.adobe.com

Die Stadt Bad Liebenzell will ihren CO2-Ausstoß verringern. Den größten Anteil daran haben die privaten Haushalte. Deshalb beschloss der Gemeinderat eine Förderung für kleine Solaranlagen und den Beitritt zur Bürgerenergiegenossenschaft (BEG) Schömberg.

Bad Liebenzell - In der Oktober-Sitzung hatten die Grünen zwei Anträge gestellt. Zum einen plädierten sie für eine Förderung von Balkon-Solaranlagen. Zum anderen forderten sie, dass Bürger besser über Möglichkeiten zum Energiesparen aufmerksam gemacht werden. Der Gemeinderat befasste sich damit in seiner jüngsten Sitzung am Dienstag und fasste noch einen weitergehenden Beschluss.

Energiesparen

Wer weniger fossile Energie verbraucht, stößt auch weniger CO aus – und spart im Endeffekt auch bares Geld. Klimaschutzmanager Fawad Mehmood hat sich deshalb für die Stadt einiges überlegt. Das Rathaus wurde auf Energieeffizienz untersucht. Weitere städtische Gebäude sollen folgen. Auch die Straßenbeleuchtung soll reduziert werden. Auf dem Dach des Rathauses könnte zudem eine Fotovoltaik-Anlage installiert werden. Ein nächstes großes Projekt sei eine kommunale Wärmeplanung.

Da aber die privaten Haushalte die größten Verbraucher sind, wolle man auch hier durch Informationsveranstaltungen und Mitteilungen den Bürgern Anregungen geben, wie sie Energie einsparen können, erklärte Mehmood. Wichtig sei auch der Arbeitskreis (AK) "Energie" des runden Tischs Bad Liebenzell. Wie dessen Vertreter Albrecht Martin erklärte, seien im nächsten Jahr solche Informationsveranstaltungen in allen Ortsteilen geplant. Der Gemeinderat beschloss – bei vier Gegenstimmen der CDU – die Öffentlichkeitsarbeit in diesem Bereich zu intensivieren.

Bürgerenergiegenossenschaft

Von einem Erfolg des AK berichtete Martin dem Gemeinderat. In Unterhaugstett habe man auf einem Industriegebäude im Egarten 172 Fotovoltaik-Module verbaut. Pro Jahr können hier 80 000 Kilowattstunden erzeugt werden. Betrieben werde das ganze von einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, so Martin. Der GbR sei das Dach dankenswerter Weise kostenlos zur Verfügung gestellt worden.

Das Interesse der Bürger an dem Projekt sei groß gewesen. Die 1500 Euro teuren Anteile hätten sich schnell verkauft. Wegen der vielen Interessenten seien manche Bürger leider leer ausgegangen. "Wir brauchen das nächste große Dach", meinte Martin. Deshalb habe man Kontakt zur Bürgerenergiegenossenschaft (BEG) aus Schömberg aufgenommen.

Deren Vertreter Philipp Göhner und Steffen Linder stellten dieses Projekt im Gemeinderat vor. Die Genossenschaft habe 130 Mitglieder in Schömberg sowie Höfen und ein Vermögen von 245 000 Euro, so Göhner. Das Konzept sei, dass Kommunen Dächer öffentlicher Gebäude kostenlos zur Verfügung stellen. Die Genossenschaft baue und betreibe darauf dann Fotovoltaik-Anlagen. Der Vorteil sei, dass die Kommune selbst kein Geld für diese Anlagen ausgeben müsse. Öffentliche Gebäude nehme man deshalb, weil es bei privaten Gebäuden immer das Risiko eines Verkaufs oder Abrisses gebe.

Lieferzeit

Um das Geld für ein neues Projekt einzusammeln, brauche man etwa ein halbes Jahr. Die Lieferzeiten für die Fotovoltaik-Module würden aktuell etwa acht Monate betragen, so Göhner. Über Informationsveranstaltungen und Werbung mache man die Öffentlichkeit auf solche Projekte aufmerksam. Ein Anteil koste 100 Euro.

Bad Liebenzells Bürgermeister Roberto Chiari zeigte sich begeistert und fand, dass Projekt in Unterhaugstett zeige, dass der runde Tisch funktioniere. Ekkehard Häberle (CDU) wollte von der Verwaltung wissen, wie viel öffentliche Dächer schon mit Fotovoltaik-Anlagen bebaut seien und auf wie vielen es noch Flächen gebe. Chiari sagte zu, die Zahl nachzureichen. Der Gemeinderat entschied sich bei Enthaltungen von Maik Volz und Franziska Dürr (CDU) für die Mitgliedschaft in der BEG sowie die Ausarbeitung eines Pilotprojektes.

Balkon-Solaranlagen

Für Menschen die zur Miete oder in Mehrfamilienhäusern wohnen, gibt es oft kaum eine Möglichkeit, Solaranlagen an der eigenen Wohnung oder dem Haus anzubringen. Sogenannte Balkon-Solaranalgen sollen hier Abhilfe schaffen. Dabei handelt es sich um Paneele, die einfach an der eigenen Steckdose angeschlossen werden können. Der so erzeugte Strom – laut Verbraucherzentrale sind es etwa 350 Watt pro Paneel – wird ins Netz eingespeist. Die erzeugte Menge bedient vor allem den Eigenbedarf. Nach Zahlen der Verbraucherzentrale waren deutschlandweit Ende 2021 190 000 solcher Systeme in Gebrauch. Die Kosten für eine solche Anlage beginnen bei etwa 600 Euro.

Die Grünen beantragten in der Oktober-Sitzung, dass die Stadt solche Anlagen fördern solle. Die Verwaltung legte in der Sitzung am Dienstag nun einen Entwurf vor. Für das nächste Jahr stünden 20 000 Euro bereit, heißt es in der Vorlage. 100 Euro gebe es pro Haushalt. 600 Watt Peak solle eine solche Anlage haben. Das entspricht zwei Modulen. Zudem müsse die Anlage mindestens fünf Jahre auf Bad Liebenzeller Gemarkung betrieben werden. Der Zuschuss werde erst nach der Installation unter Vorlage der entsprechenden Belege ausgezahlt – und nur, wenn in dem Haushalt noch keine Fotovoltaik-Anlage installiert ist. Die Installation müsse von einem Fachmann vorgenommen werden.

Kontrolle

"Einstecken und los, so einfach ist es nicht", meinte Maik Volz (CDU). Beim Einspeisen komme es zu Problemen. Er – Volz hat ein eigenes Unternehmen in der Branche – repariere immer wieder die Schäden. Auch sei die Leistung der Anlagen nicht sonderlich hoch. Und er frage sich, wer die vorgegebenen fünf Jahre Nutzung kontrolliere.

Es gehe nicht so sehr ums Einspeisen, sondern um den direkten Verbrauch, erklärte Mehmood. Wie man die fünf Jahr kontrolliere, müsse man sich noch überlegen. "Wir müssen das Rad nicht neu erfinden", meinte Dietmar Lehmann-Schaufelberger (Grüne). In anderen Städten gebe es eine solche Förderung schon – und die funktioniere dort. Außerdem müssten die Anlagen von einem Fachmann installiert werden. Katrin Heeskens (UL) zeigte sich von der Förderung begeistert. Der Gemeinderat beschloss deren Umsetzung schließlich einstimmig.