Unterwegs mit Alpakas: Christine Morawetz (von links) wandert mit Petra, Martin, Lilly und Max Braun. Alle genießen während des entschleunigenden Spaziergangs auch einen schönen Blick über Fützen. Foto: Hahn

Das Hoftor bei Familie Braun in Fützen hat sich kaum geöffnet, da recken Paul, Fritz, Toni, Emil und Erasmus schon neugierig ihre Hälse um zu schauen, wer wohl zu Besuch kommt. Die Rede ist nicht von den Kindern der Familie, sondern von ihren fünf Alpakas, die im Garten hinter dem Haus ihr Zuhause haben.

Blumberg-Fützen - Aufmerksam verfolgen die Tiere jeden Schritt ihrer Gäste, die beim Anblick der sanftmütigen Wesen sofort ein Gefühl von großer Entspannung und Entschleunigung überkommt. Mit einem Lächeln im Gesicht beobachten sie die ruhigen Zeitgenossen eine Weile und erfahren beim bloßen Zuschauen, gepaart mit der informativen Einführung der Halter-Familie, jede Menge über die Tiere.

Die fünf Alpaka-Hengste und -Wallache sind Herdentiere: Sie spielen und fressen zusammen, und sie verrichten sogar zusammen ihr Geschäft. Dabei sind die Tiere nahezu stubenrein und gehen in aller Regel an ihren festen Kotplatz außerhalb ihrer Futterstelle. Aus diesem Grund gibt es sogar Züchter, die Seniorenwohnheime aufsuchen und die Bewohner mit AlpakaBesuch erfreuen – weil sie wissen, dass dort kaum ein Malheur passieren dürfte.

Ursprünglich stammen die Alpakas aus den südamerikanischen Anden, in denen sie hauptsächlich wegen ihrer edlen Wolle gehalten werden. Sie werden im Frühjahr geschoren, um nicht zu sehr zu schwitzen. Dabei fallen pro Tier etwa zwei bis drei Kilo Wolle an. Die Familie Braun gibt sie zur Herstellung von Bettdecken mit temperaturausgleichenden und feuchtigkeitsregulierenden Fasern an eine Manufaktur weiter.

Jedes Tier hat seinen eigenen Charakter

Alpakas ernähren sich von Gras und Heu, trinken Wasser und sind Wiederkäuer, was entlang ihres langen Halses in Form einer auf und ab wandernden Kugel gut zu erkennen ist. Andere Nahrung vertragen sie nicht, weshalb die Halter mit Schildern auf das absolute Fütterungsverbot hinweisen. An gut gemeinten Brötchen, Obst- oder Gemüsestücken können die Tiere qualvoll verenden.

Auch wenn die fünf Alpakas allesamt eine große Ruhe ausstrahlen, erkennt der Beobachter schnell, dass jedes seinen eigenen Charakter hat: Während Paul eher zaghaft und etwas zurückhaltend, dafür aber ein guter Läufer ist, präsentiert sich Fritz, der gerne im Liegen frisst, zutraulich und als wahrer "Wunderfitz". Der wachsame Toni ist ein kleiner Schlawiner, der eine feuchte Aussprache hat, wenn er geärgert wird, und Emil, der schüchterne und rücksichtsvolle Kavalier, ist immer das Schlusslicht, egal ob es ums Fressen oder Laufen geht. Ein wahrer Herzensbrecher ist der Jüngste im Bunde, der dreijährige Hengst Erasmus, der anhänglich und zutraulich ist.

Vor nicht ganz drei Jahren haben die ersten Alpakas bei den Brauns Einzug gehalten. Dies war kein spontaner Entschluss, sondern eine über viele Jahre gereifte Entscheidung und die Erfüllung eines lang ersehnten Traums. Bereits 2010 haben sich Petra und Martin Braun an einem Sonntagabend die Romanze "Eine Liebe in den Highlands" angeschaut, in der immer wieder Alpakas gezeigt wurden. Die liebenswerten Wesen zogen sie in ihren Bann und ließen sie nicht mehr los. Immer wieder besuchten sie Alpaka-Halter und verliebten sich zunehmend in die Tiere, der Herzenswunsch, auch selbst Alpakas zu halten, wurde stärker.

Halterkurs mit Prüfung absolviert

Als schließlich vor wenigen Jahren der Anbau eines Büros an das Wohnhaus bevorstand, nutzte die Familie die Gelegenheit, den Garten so umzugestalten, dass das Freigelände als Tiergehege nutzbar wurde. Alpakas brauchen nämlich ordentlich Platz. Für zwei Vierbeiner ist eine Fläche von 1000 Quadratmetern vorgeschrieben. Für jedes weitere Tier kommen 100 Quadratmeter hinzu. Nach den ersten zwei eigenen Alpakas im November 2018 folgten im Frühjahr 2019 zwei weitere Exemplare. Und als die Familie später im Jahr die Alpaka-Show in Villingen-Schwenningen besuchte, verliebte sie sich in Erasmus, der im August die Rasselbande vervollständigte. Seither leben die fünf Alpakas in Offenstallhaltung bei den Brauns und können sich frei zwischen ihrem überdachten Stall mit Futterstelle und dem Außengelände bewegen. Etwa eine Stunde Arbeit bedeutet es für die Halter pro Tag, sich um ihre Schützlinge zu kümmern, wobei neben Petra und Martin Braun auch die drei Kinder Hannes, Max und Lilly mit anpacken.

Mit dem Einzug des jüngsten Alpakas reifte auch die Überlegung, die Tiere nicht nur selbst zu halten, sondern diese auch mit anderen Leuten zu teilen. Daher bietet Petra Braun seit Juli unter dem Namen "Alpakas uff de Gass" geführte Alpaka-Wanderungen an. Mit dem einprägsamen, alemannischen Slogan macht die Halterin neben der Liebe zu ihren Tieren zugleich ihre Vorliebe für den heimischen Dialekt deutlich.

Doch bevor es mit den ersten Touren losgehen konnte, mussten die Besitzer zunächst einen Halterkurs mit Prüfung absolvieren, den sie im Frühjahr erfolgreich bestanden haben. Inzwischen hat Petra Braun die ersten Wanderungen geführt. Nach einer kurzen Einweisung machen sich die Teilnehmer mit den Tieren auf den Weg rund um Fützen mit einem Abstecher zur Bielwasenhütte, die einen schönen Blick auf das beschauliche Dorf bietet.

Wanderungen dauern etwa 1,5 bis zwei Stunde

Die Ruhe der Tiere, die aufgrund ihrer neugierigen, aber zugleich gelassenen und fidelen Art auch "Delfine der Weide" genannt werden, überträgt sich meist schnell auf die Wanderer. So können sie dem Alltagsstress für eine Weile entfliehen und sich dem entschleunigenden Spaziergang mit den Alpakas hingeben. Geht es allerdings dem Ende der Wanderung entgegen, beschleunigen die Tiere und überraschen mit einem lustig anzuschauenden Galopp. Die Alpakas sind heimatverbunden und freuen sich nach der Tour auf ihr Zuhause, den Besuch ihrer sanitären Einrichtung und auf die Stärkung aus dem Futtertrog.

Die Termine für die Wanderungen mit den Alpakas, die etwa 1,5 bis zwei Stunden dauern, werden immer individuell vereinbart. Die Kosten liegen bei 25 Euro für Erwachsene und zehn Euro für Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren. Ab zwölf Jahren dürfen die Alpakas selbst geführt werden. Da Alpakas Fluchttiere sind, müssen Hunde und Kinderwagen zu Hause bleiben. Informationen gibt es im Internet unter alpakas-uff-de-gass.business.site oder bei Petra Braun unter Telefon 0160/90 96 19 77.