Tamara Schwab hat eine unglaublichen Krankheitsgeschichte hinter sich und sich voller Energie wieder zurück ins Leben gekämpft. Ihre Zuhörer nahm sie mit auf ihr "Speed-Dating mit dem Tod". Foto: Günther

Tamara Schwab überlebte zwei Herzstillstände. Im Freudenstädter Kurhaus las sie nun aus ihrer Biografie "Mein Speed-Dating mit dem Tod".

Freudenstadt - Wegen ihrer Herzerkrankung musste sie zahlreiche Krankenhausaufenthalte und Operationen überstehen. Im vergangenen Jahr wurde ihr dann ein Spenderherz transplantiert. Wer angesichts ihrer Leidensgeschichte erwartet hatte, bei der Lesung auf eine von langer Krankheit gezeichnete entmutigte und schwache Frau zu treffen wurde angenehm überrascht. Im Kaminzimmer wurde das interessierte Publikum von einem strahlenden, bestens gelaunten Energiebündel empfangen.

Dass Schwab ihre positive Lebenseinstellung und ihren Optimismus trotz ihrer langen und schweren Leidensgeschichte nicht verloren hat zeigte sich bei der anschließenden Autorenlesung durchgängig.

Erste Anzeichen wusste sie nicht zu deuten

Wie Schwab berichtete lief für sie im Leben zunächst alles perfekt: Nach dem Abitur studierte sie Kommunikationswissenschaft, gleichzeitig baute sie sich ein Standbein als selbstständige Eventmoderatorin auf. Noch während der Bachelorarbeit begann Schwab in der Personalabteilung einer Bank zu arbeiten. Ein Masterstudium in Wirtschaftspsychologie schloss sich an. Rückblickend auf diese Jahre bilanziert sie: "Ich fühlte mich, als könne mich nichts aufhalten."

Eine Fehleinschätzung; erste Anzeichen wie ihre vermehrte innere Unruhe oder der ständige Druck auf der Brust ignorierte sie oder wusste sie nicht zu deuten. Wohl auch deshalb machte sie – trotz Warnungen von Hausarzt und Kardiologen – weiterhin Sport. Kurze Zeit später erlitt die Powerfrau im Fitness-Studio einen Herzstillstand, ausgelöst durch eine Herzmuskelentzündung. Fünf "Engel", wie sie die jungen Männer tituliert, die sie 45 Minuten lang reanimierten, standen ihr dabei zur Seite.

Tiefer Einblick in ihre Verarbeitungsstrategien

Ein weiterer Herzstillstand, zwei Defibrillator-Implantationen, zahlreiche Operationen und immer wieder die bittere Erkenntnis, noch nicht wieder genesen zu sein, folgten. Bei der Autorenlesung wurde deutlich, mit welcher inneren Stärke Schwab ihre schwere Krankheit rückblickend bewertet und verarbeitet.

Mit teils tiefsinnigen, teils eher nichtssagenden Betrachtungen und Vergleichen gab sie ihren Zuhörern einen tiefen Einblick in ihre Verarbeitungsstrategien: Da definierte Schwab die Glühlampe der Intensivstation als "Mein Licht am Ende des Tunnels", bezeichnet ihren Defibrillator als "Implantat der besonderen Art" und lobt ihn als "...fast kostenlose Brustvergrößerung". Nach mehreren einschneidenden und sehr schmerzhaften Erlebnissen mit ihrem Defibrillator hat sie die Erfahrung gemacht, dass ein "Defi-Schuss" ein "Pferdetritt vom Feinsten" ist.

Ihre lange Leidensgeschichte vergleicht Schwab mit einem Tunnel, in dem sie meinte, steckengeblieben zu sein. Überhaupt hat sie in den vielen Krankenhäusern durchaus gemischte Erfahrungen gemacht. Einerseits beschreibt sie hoch kompetente Ärzte und Pfleger, andererseits berichtet sie aber auch von einem "Krankenhaus, das keinen blasen Schimmer hatte, wie man mir helfen kann".

Ihre Herzerkrankung ist ein genetischer Defekt

Bei einem Urlaub in Ibiza kommt es bei Schwab zu einem neuerlichen Herzstillstand. Nach langem Krankenhausaufenthalt dort wird sie mit einem Privatflieger zurück nach Deutschland gebracht. Erst Ende 2020 ist klar, dass es sich bei ihrer Herzerkrankung um einen genetischen Defekt handelt. Somit steigen auch ihre Chancen auf ein Spenderherz; Schwab wird in die Transplantationsliste für Hochdringlichkeitsfälle aufgenommen. Als die Nachricht kommt, dass für sie ein neues Herz bereit steht überwiegt bei ihr bei aller Trauer, dass hierfür ein unbekannter Mensch sterben musste, die Freude, zukünftig ohne Angst leben zu können.

Mit ihrem neuen Herz kommt sie von Anfang an gut zurecht, wohl auch weil sie damit das Gefühl hat: "Ich lebe jetzt für zwei Menschen, ich lebe immer auch für den Spender etwas mit." Dabei würde sie sich, so Schwab auf Fragen der Zuhörer hin, nicht anders anfühlen als vorher mit ihrem eigenen Herzen. Auch sonst stellt Schwab keine anderen Gefühle bei sich fest; lediglich in der ersten Zeit nach der Transplantation habe sie stets unbändige Lust auf Weißwürste gehabt und plötzlich keine Süßigkeiten mehr gemocht. Eine Tatsache, die einige der Zuhörer scherzhaft mit der Feststellung kommentieren, dass dann wohl ihr Spender ein Bayer gewesen sein müsse.

Tod hinterlässt bei ihr keinen bleibenden Eindruck

Bei der anschließenden Diskussion gaben einige Zuhörer ihre eigenen Erfahrungen mit überstandenen Herzstillständen preis. Was ihre eigene Motivation für ihre Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Herzstillstand anbelangt berichtete Schwab: "Viele Menschen haben Angst vor dem Sterben, ich würde ihnen gerne diese Angst nehmen mit meiner Geschichte. Scheinbar hat es der Tod nicht geschafft, einen bleibenden Eindruck bei mir zu hinterlassen." Als Strategie, sich gegen das Sterben zu wappnen empfiehlt sie: "Man muss nur ein Leben leben, das man liebt." Und dabei Träume haben, die so groß sind, dass es sich dafür zu leben lohnt.

Ein Abend, der motivierte, sich mit dem Thema auseinander zu setzen – und zudem einen der ausgelegten Organspendeausweise mit nach Hause zu nehmen.