Vor zehn Jahren wurde ihr Vater Felipe König von Spanien und zwei kleine Prinzessinnen winkten vom Balkon – inzwischen sind Leonor und Sofía größer als ihre Mutter. Und auf Leonor liegen viele Erwartungen.
19. Juni 2014: Zwei kleine blonde Mädchen stehen in hellen Sommerkleidern auf dem Balkon des Palacio Real in Madrid und winken. Gerade hat ihr Vater im Parlament den Eid auf die spanische Verfassung geschworen und ist jetzt König Felipe VI. –mit 46 Jahren der jüngste Monarch Europas. Die kleinen Mädchen auf dem Balkon heißen Leonor und Sofía und sind acht und sieben Jahre alt. Mit der Abdankung ihres Großvaters Juan Carlos wird aus Leonor Spaniens Thronfolgerin. Die Jüngste Europas.
Zehn Jahre ist das inzwischen her, in diesen Tagen feiern König Felipe VI. und Königin Letizia zehn Jahre im „Top Job“. 2014 hatte Felipe eine „erneuerte Monarchie für eine neue Zeit“ versprochen. Die Skandale und Eskapaden seines Vaters hatten das spanische Königshaus schwer beschädigt, die Liebe des Volkes zur ihrer „Familia Real“ war erkaltet. König Felipe achtete darauf, dass Vettern- und Günstlingswirtschaft im Palast keinen Platz mehr hatte und ging auf maximale Distanz Alt-König Juan Carlos. So holte sich der 1,97 Meter große Bourbone die Anerkennung seiner Landsleute zurück.
Die spanischen Herzen aber eroberten zwei blonde Señoritas praktisch im Alleingang: Die Infantinnen Leonor und Sofía, inzwischen 18 und 17 Jahre alt. Vergangenen Oktober wurde Leonor – die Fürstin von Asturien, wie ihr offizieller Titel als Thronfolgerin lautet – volljährig und schwor einen Eid auf die Verfassung: „Ich schwöre, mein Amt gewissenhaft auszuüben, die Verfassung und die Gesetze zu wahren, die Rechte der Bürger und der autonomen Gemeinschaften zu achten und dem König die Treue zu halten.“ Viele staunten, wie professionell und entspannt die junge Frau im weißen Hosenanzug wirkte.
Doch Leonor ist nicht nur zur Königin geboren – sie wurde vor allem dazu erzogen. Sie besuchte eine renommierte Privatschule in Madrid, wechselte dann ans United World College in Llantwit Major in Wales, wo Europas Royals gerne ihre Kinder unterrichten lassen – nach der Philosophie des deutschen Reformpädagogen Kurt Hahn. Mit 13 hielt sie bei der Verleihung der angesehenen Prinzessin-von-Asturien-Preise in Oviedo ihre erste Rede.
Englisch lernte die Infantin in Wales fließend. Zurück in Spanien wartete auf die Abiturientin das Militär. Drei Jahre lang dauert ihre Ausbildung in Spaniens Armee. Leonor lernt schießen, klettert in Panzer und robbt in voller Montur durch den Schlamm robben. So gehört es sich, schließlich wird sie als Königin einst Oberbefehlshaberin des Militärs sein. Wenn es dann noch eine Monarchie gibt, denn in Spanien liebäugeln viele mit einer Republik. Ihre erste Station in Saragossa ist bereits vorbei, jetzt hat sie noch die Marineakademie Marín in Galicien und den Dienst bei der Luftwaffe in Murcia vor sich.
Wenn Leonor Königin wird hat Spanien erstmals seit 1868 wieder eine Monarchin.
Gut kennen die Spanier ihre Thronfolgerin bislang noch nicht. König Felipe und Königin Letizia ließen lange öffentliche Auftritte ihrer Mädchen nur ganz dosiert zu. „El País“ bezeichnete Leonor als „unbeschriebenes Blatt“. „Wie sind sie im Alltag? Haben sie Freunde? Gehen sie ins Kino? Gehen sie essen?“, fragte „Lecturas“.
Spanien weiß es nicht. Nur beim Familienurlaub auf der Ferieninsel Mallorca sieht man die hübschen Infantinnen auch mal abseits der allerwichtigsten Termine im royalen Jahr. Die Zeitschrift „Hola!“ hat in Erfahrung gebracht, dass Leonor Volleyball, Ballett und Reiten mag und dass sie Cello spielt.
Von Sofía weiß man noch weniger. Die Infantin, anderthalb Jahre jünger als ihre Schwester Leonor, ist nach ihrer Großmutter benannt. Seit vergangenem Sommer lernt auch Sofía auf dem UWC College in Wales. Im Mai feierten Königin Letizia und König Felipe ihren 20. Hochzeitstag. Aus diesem Anlass veröffentlichte der Palast neue Bilder der „Familia Real“. Da war zu sehen: Die Infantinnen sind ihrer Mutter schon über den Kopf gewachsen – und die jüngere Sofía ist sogar ein paar Zentimeter größer als Leonor.