Will Eltern und Kommunen mehr mitentscheiden lassen: Kultusminister Andreas Stoch. Foto: dpa

Kultusminister Andreas Stoch will Eltern, Lehrer, Schüler und Kommunen bei der Auswahl von Schulleitern stärker beteiligen. Die Lehrergewerkschaft bezweifelt den Nutzen des geplanten Verfahrens.  

Lehrer und  Eltern, Schüler und Kommunen sollen bei der Besetzung von Schulleiterstellen künftig mehr mitreden können. Damit sollen Konflikte vermieden werden.

Stuttgart - Die Neubesetzung der Schulleiterstelle an einem Pforzheimer Gymnasium 2010 schlug hohe Wellen. Die Eltern wollten, dass der bisherige Stellvertreter die Schule leiten sollte, das Regierungspräsidium Karlsruhe hingegen entschied sich für einen externen Bewerber. Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim gab der Beschwerde des unterlegenen Kandidaten statt: Die Schulbehörde musste erneut entscheiden – inzwischen leitet der stellvertretende Schulleiter die Schule.

Der Vorgang ist kein Einzelfall. Im vergangenen Jahr wurden 332 Schulleiterstellen neu besetzt, 2012 waren es 275 Stellen. Bei sechs Prozent der Stellenbesetzungen gingen 2013 die Wünsche von Schulbehörde einerseits und der Schulkonferenz aus Lehrern, Eltern und Schülern sowie von Schulträgern andererseits auseinander.

Um solche Auseinandersetzungen möglichst zu vermeiden, will das Kultusministerium Schulkonferenz sowie Schulträger, also Kommunen und Kreise, künftig früher in das Auswahlverfahren einbeziehen und ihnen mehr Mitsprache geben. „Die Stellenbesetzungen sollen dadurch transparenter und für die Gremien nachvollziehbarer ablaufen“, sagte Kultusminister Andreas Stoch (SPD). Das Kabinett hat jetzt einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Anhörung freigegeben.

Bisher sind die Schulkonferenz und die Schulträger am Auswahlverfahren nicht beteiligt. Sie können lediglich am Ende sagen, welchem der in Frage kommenden Bewerber sie den Vorzug geben würden. Das letzte Wort hat jedoch die Schulverwaltung.

Künftig soll eine vierköpfige Auswahlkommission gebildet werden, der zwei Vertreter der Schulaufsicht und je ein Vertreter der Schulkonferenz sowie des Schulträgers angehören. Alle vier sind an dem gesamten Auswahlprozess beteiligt und stimmen über den Besetzungsvorschlag ab. Dazu können sich Schulkonferenz und Schulträger äußern. Die endgültige Entscheidung liegt aber weiter bei der Schulaufsicht. Auch Schülervertreter der Schulkonferenz sind künftig bei den Beratungen einbezogen, wenn sie mindestens 16 Jahre alt sind.

Das Kultusministerium nehme damit den Wunsch der Gremien nach einer stärkeren Beteiligung sehr ernst und gehe mit dieser Novellierung an die Grenze des rechtlich Machbaren, sagte Stoch. Das Beamtenrecht schreibe zwingend vor, dass der Status der Bewerber und die bisher gezeigten dienstlichen Leistungen bei der Auswahlentscheidung angemessen berücksichtigt werden. Das Letztentscheidungsrecht der Schulaufsicht über die Stellenbesetzung stelle sicher, dass der Grundsatz der Bestenauslese gewahrt bleibt. „Mit dieser Lösung ist uns der Spagat geglückt, zum einen die Rechte der Bewerber zu wahren und zum anderen dem berechtigten Wunsch der Gremien zu entsprechen.“

Mancherorts werden die neuen Mitsprachemöglichkeiten allerdings wenig nützen. Denn die Zahl der Bewerber um eine Leitungsposition hält sich seit Jahren in Grenzen. An den Gymnasien kommen nach Angaben des Kultusministeriums durchschnittlich zwei Bewerbungen, bei den beruflichen Schulen sind es 1,5 Bewerbungen. Für Rektorenstellen bei den übrigen Schularten treffen im Schnitt gerade einmal 1,3 Bewerbungen ein. Vor allem im ländlichen Raum tun sich Schulen häufig schwer, überhaupt mehrere Bewerbungen zu bekommen.

Die Unlust an Leitungsämtern könnte sich durch die neue Regelung noch verstärken, befürchtet Doro Moritz, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Durch das neue Verfahren werde der Aufwand für eine Bewerbung deutlich größer – das könnte mögliche Kandidaten abschrecken. Zumal die Vorbereitungskurse wegfallen, die 2008 die damalige schwarz-gelbe Landesregierung eingerichtet hat. Lehrer mit Interesse an einer Führungsposition erhielten die Möglichkeit erhalten, bei speziellen Seminaren mehr über die Aufgaben der Schulleitung zu erfahren und zu prüfen, ob sie dafür geeignet sind. Bei der Sparrunde 2012 hat das Kultusministerium trotz vieler positiver Rückmeldungen entschieden, das Angebot nicht weiterzuführen. Die Kosten lagen bei zwei Millionen Euro jährlich.

Von fehlender Qualifizierung könne aber keine Rede sein, sagte Ministeriumssprecher Roland Peter. Neue Schulleiter erhielten Fortbildungen, die sie mit allen wichtigen Bereichen des Schulleitungsalltags vertraut machten. Zudem mache die Landesakademie für Fortbildung und Personalentwicklung weitere Angebote, um die Schulleiter berufsbegleitend zu unterstützen.

Ein wichtiger Grund für das mangelnde Interesse an Schulleiterstellen liegt für Moritz in der fehlenden Anerkennung ihrer Arbeit. Dies zeige sich nicht nur bei der Bezahlung, sondern auch bei den Rahmenbedingungen. Häufig müssten sie auch Aufgaben übernehmen, die an größeren Schulen von Sekretärinnen und Hausmeistern erledigt werden. An allen Schularten reichten die vorgesehenen Ermäßigungsstunden für die Schulleitungen nicht aus, um die zunehmenden Anforderungen auszugleichen. Eine wöchentliche Freistunde für die Organisation der Ganztagsschule reiche nicht.

Mehr Beteiligung von Schulkonferenz und Schulträger lehnt Moritz aber auch aus anderen Gründen ab. „Ich befürchte, dass qualifizierte Außenbewerber runterfallen.“ Interne Bewerber müssten schon sehr schlecht sein, bevor die Schulkonferenz es wage, dem Außenbewerber den Vorzug zu geben. Bei den Kommunen könnte zudem Parteipolitik wichtiger werden.