Immer mehr Menschen kommen nicht mehr über die Runden und sind auf Hilfe angewiesen. Foto: Müller

Immer mehr Menschen brauchen Hilfe, um über die Runden zu kommen. "Ein immer größerer Teil der Bevölkerung nicht mithalten", sagt Elmar Schubert, Geschäftsführer der Caritas Hechingen.

Hechingen - Der gesellschaftliche Wandel treibt die Organisationen wie die Caritas mittlerweile an ihre Grenzen. Wie sich die Arbeit der Caritasverbände über die Jahre verändert hat, weiß Elmar Schubert. Er steht seit 25 Jahren im Dienst des Caritasverbands und ist seit 2015 Geschäftsführer für das Dekanat Zollern. Er sagt: "Ein immer größerer Teil der Bevölkerung nicht mithalten."

Was hat sich in Ihrer Branche in den letzten Jahren am stärksten verändert?

Elmar Schubert: Die Probleme vieler Menschen sind größer geworden. Immer mehr Leute rutschen ab. Hier kommen mittlerweile auch Leute her, die durchaus Arbeit haben, durch die steigenden Mieten und Lebenskosten aber trotzdem in finanzielle Schieflagen geraten. Früher gab es natürlich auch schon armutsgefährdete Menschen, aber das war überschaubar. Jetzt werden es so viele, dass wir das kaum noch regeln können.

Wie hat das ihren Beruf verändert?

Schubert: Der Beruf ist anspruchsvoller geworden. Die Probleme sind nicht mehr so eindimensional. Wir haben unterschiedlichste Bevölkerungsschichten, die Hilfe brauchen. Früher war das anders. Wenn jemand kein Geld hatte, dann wurde danach geschaut, dass er einen Job bekommt. Das ist heute vielschichtiger. Wir müssen immer mehr berücksichtigen. Das wird verwaltungstechnisch immer schwieriger und stellt höhere Anforderungen an die jungen Mitarbeiter. Da kommen wir zunehmend an unsere Grenzen. Das sind schleichende Prozesse, die nicht abnehmen werden.

Wie wirkt sich der demographische Wandel auf ihre Arbeit aus?

Schubert: Wir werden immer älter und damit steigt auch die Zahl der Demenzkranken. Dass wir eine alternde Gesellschaft, fordert auch Finanzmittel und das führt dazu, dass die Jugend in die Röhre schaut. Durch den demographischen Wandel entsteht ein Ungleichgewicht. Früher war das ausgeglichener.

Wie hat der wirtschaftliche und industrielle Wandel ihre Arbeit verändert?

Schubert: Wir haben uns in der Wirtschaft und in der Industrie verbessert, aber im Bereich Armut und Wohlstand haben wir an Boden verloren. Das liegt daran, dass sich die Gesellschaft komplett verändert hat. Erfolg ist, wenn Firmen mehr Geld verdienen. Der Wirtschaftsliberalismus sorgt dafür, dass die Konkurrenz größer wird. Da kann ein immer größerer Teil der Bevölkerung nicht mithalten. Wenn immer mehr Leute zurückbleiben, dann kann die Caritas das auf Dauer nicht bewältigen.

Wie wirkt sich die Zuwanderung auf ihre Arbeit aus?

Schubert: Die Flüchtlingskrise haben wir damals gut gemeistert. Allerdings kommen weiterhin viele Flüchtlinge nach Deutschland, eher sogar mehr. Insgesamt sind immer mehr Leute abhängig von Transferleistungen, wie dem Bürger- und Wohngeld. Und das wird sich aus meiner Sicht noch verstärken. Weil wir diese Brücke von Bildung und Qualifizierung nicht hinbekommen. Wir sorgen dafür, dass die Leute ihre Transferleistungen bekommen, aber das reicht nicht.

Welche Veränderungen haben ihre Arbeit leichter gemacht?

Schubert: Bedingt hat die Digitalisierung im Hinblick auf die massiv anfallenden Verwaltungsaufgaben Abhilfe geschafft. Wir können Inhalte dadurch schneller transferieren, der Aufwand wird aber immer größer.

Wie gehen Sie persönlich mit diesen Veränderungen um?

Schubert: Ich muss immer wieder neu denken und überlegen, was bringt uns auch wirtschaftlichen Erfolg? Diesem Wandel müssen sich alle stellen. Man muss dranbleiben und die Dinge zum Besseren wenden. Das ist lebenslanges Lernen und es sind immer irgendwelche Veränderungen. Es braucht immer neue Maßnahmen und man muss immer über den Tellerrand schauen und überlegen, wie man Bundes- Landes und EU-Mittel hergeholt.

Wie wird sich ihre Arbeit in Zukunft verändern?

Schubert: Die Arbeit wird sich digitalisieren. Das kann so weit gehen, dass es diesen Beruf vielleicht gar nicht mehr braucht. Wenn sie dann ein Problem haben, dann geben sie das digital ein und bekommen direkt die Lösung präsentiert. Dafür muss die Bevölkerung natürlich digitalisiert sein und die benötigten Geräte haben. Wir machen dann wahrscheinlich eher die Integrationsarbeit. Dann würde man in der Verwaltung Personal einsparen und bräuchte in der Branche weniger Mitarbeiter. Die müssen dann wiederrum woanders arbeiten. Und das ist der ständige Wandel.