Timo Benitz hatte mit Olympia in diesem Sommer geplant. Foto: Eibner

Leichtathletik: Mittelstreckenläufer Timo Benitz trifft Verschiebung der Olympischen Spiele in Tokio hart. Mit Interview

Es ist eine historische und zugleich einmalige Entscheidung: Die Olympischen Spiele in Tokio sind wegen der Corona-Pandemie ins Jahr 2021 verschoben worden.

Das trifft unter anderem auch Ausnahmeathlet Timo Benitz von der LG farbtex Nordschwarzald, der sich in diesem Jahr in der Halle den Titel des Deutschen Meisters über 1500 Meter sichern konnte.

Herr Benitz, wie sehen Sie die Verschiebung der Olympischen Spiele in Tokio um ein Jahr?

Wenn ich ehrlich bin ist es persönlich gesehen eine Katastrophe. Humanitär bleibt aber nach der Entwicklung weltweit keine andere Möglichkeit.

Wie sehr trifft es Sie direkt?

Die sportliche Seite ist die eine, aber ich habe am Montag einen Anruf erhalten, dass ich aufgrund der Corona-Entwicklungen nicht mehr am Olympiastützpunkt Berlin (OSP) trainieren darf. Ich bin kein Bundeskaderathlet und damit laut des Deutschen Leichtathletik-Verbands auch kein Olympiakandidat. Daher wurde mir der Zugang ab sofort verweigert, um den Olympiakandidaten Platz zu machen – obwohl ich sämtliche sogenannte deutsche Olympiakandidaten vor drei Wochen bei den Deutschen Hallenmeisterschaften geschlagen hatte.

Was hat das für Konsequenzen?

Durch den Rauswurf muss ich die Wohnung des OSP, in der ich derzeit wohne, räumen. Die Wohnungen am OSP sind subventioniert, um die Sportler optimal zu unterstützen. Mit der momentan einbrechenden Wirtschaft bricht auch das Sponsoring ein. Zudem fehlt ohne Kaderzugehörigkeit jegliche Unterstützung vom Verband. Wenn dann auch noch reguläre Miete hinzukommt, muss der Sport gegebenenfalls einem Nebenjob weichen, um die Wohnung in Berlin zu finanzieren.

Laut Deutschem Leichtathletik-Verband sind Sie also kein Olympiakandidat: Wie realistisch sahen Sie ihre Chancen auf eine Olympiaqualifikation?

Mit der Form, die ich zuletzt in der Halle an den Tag gelegt hatte, unter anderem dem Gewinn der deutschen Meisterschaft über 1500 Meter, war ich mir sehr sicher, im Sommer die geforderte Norm zu laufen. In der zurückliegenden Hallensaison konnte ich zudem wichtige Punkte für die Weltrangliste sammeln, wodurch ich ziemlich sicher mit Tokio planen konnte.

Wie wirkt sich die Verschiebung der Spiele konkret aus?

Ich verliere dadurch ein komplettes Jahr. Geplant war, dass ich nach den Olympischen Spielen meine Masterarbeit schreibe, also ab dem kommenden Wintersemester – mit der Vorbereitung auf Olympia und den damit verbundenen Trainingslagern ein unmögliches Unterfangen. Jetzt könnte ich diese vorziehen, nur müsste ich dazu ein Masterthema aus dem Hut zaubern. Schwer genug, aber sämtliche Unis haben zu. Selbst wenn ich in der Kürze der Zeit ein Thema fände, stellt sich die Frage nach einem Professor, der sich zunächst meinem Thema annehmen würde. Da aber ohne Uni kein Kontakt zu den Professoren möglich ist, sind mir die Hände gebunden.

Haben Sie einen Plan B?

Ich hatte sportlich und beruflich alles auf Olympia 2020 ausgerichtet. Vielleicht findet ja noch die EM in Paris im August statt, auf die ich in der jetzigen Lage das Augenmerk erst einmal legen werde. Aber nach den Ereignissen der letzten Tage von Seiten des Deutschen Leichtathletik-Verbands und dem Fakt, dass ich 2021 30 Jahre alt sein werde, wird die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Tokio 2021 nicht einfacher.  

Die Fragen stellte Christian Lenk.