In seinem Element: Schnell zeigte die Erfolgskurve im Dreisprung bei Matthias Uhrig nur in eine Richtung – nach oben. Foto: Görlitz

Leichtathletik: Sportler nimmt schon früh Anlauf für die exotische Sportart Dreisprung.

In Fachkreisen galt er als eines der größten deutschen Talente im Dreisprung, die Rede ist von Matthias Uhrig aus Betzweiler, seine Karriere liest sich wie aus dem Bilderbuch. Doch längst hat Uhrig die Sprungspikes an den Nagel gehängt.

Das sportliche Talent Uhrigs kam nicht von ungefähr, er erbte es gewissermaßen von seinem Vater Bernd. Der war selbst erfolgreicher Leichtathlet, seine Bestleistungen weisen unter anderem beachtliche 52,8 Sekunden über 400m Hürden oder auch 7,28 Meter im Weitsprung auf – bis heute würde das für die erweiterte deutsche Spitze reichen. Matthias begleitete seinen Vater bereits als kleiner Junge zu dessen Wettkämpfen, wodurch auch der Kontakt zum Leistungssport und die Freude an der Leichtathletik entstand. Bereits damals eiferte Matthias seinem Vater sportlich nach, was auch Videoaufnahmen aus jener Zeit zeigen.

Junger Sportler scheint fast jede Disziplin zu beherrschen

Zu Beginn noch unter der Regie von Vater Bernd beim TV Alpirsbach trainiert, zeigte sich schnell das große Talent in dem jungen Sportler. Nahezu jede Disziplin schien Uhrig zu beherrschen. Um allerdings das Talent optimal zu fördern, erfolgte mit 14 Jahren der Wechsel zum TSV Freudenstadt, um dort unter Erfolgstrainer Helmut Mast optimal betreut zu werden – zunächst im Mehrkampf, später dann über 60m Hürden und mit ersten vielversprechenden Tests im Dreisprung.

Einer der ersten Wettkämpfe im Dreisprung ließ daher auch nicht lange auf sich warten. Zuerst probierte Uhrig sich bei den Bezirksmeisterschaften in der technisch anspruchsvollen Disziplin, und kurze Zeit später bei einem Meeting in Sindelfingen, bei dem Uhrig mit über zwei Metern Vorsprung siegte.

Als Newcomer gewinnt Uhrig gleich die Landesmeisterschaften

Von da an ging es steil nach oben. Im ersten Jahr als Dreispringer holte der Newcomer auf Anhieb den Baden-Württembergischen Meistertitel bei den A-Schülern. Bundestrainer Tamas Kiss wurde damals auch durch die Freundschaft zu Uhrigs Trainer bereits auf den jungen Hoffnungsträger im Freudenstädter Trikot aufmerksam. In seinem ersten B-Jugendjahr ersprang sich Uhrig bei den Süddeutschen Meisterschaften die Bronzemedaille und ein Jahr später, 2005, holte der Sprungästhet die Silbermedaille bei der Deutschen Jugendmeisterschaft im altehrwürdigen Braunschweiger Eintrachtstadion.

Im Sommer 2006 steigerte Uhrig sich dann deutlich und schaffte mit 15,70 Meter die Qualifikationsweite zur Junioren-Weltmeisterschaft in Peking, allerdings gelang ihm dieser Riesensatz erst drei Tage nach der vom Deutschen Leichtathletik Verband gesetzten Frist und der Traum vom ersten Start im Nationaltrikot war geplatzt. Den ersten Deutschen Meistertitel holte sich Uhrig in jenem Jahr aber dennoch und zeigte damit, dass ein Start bei der JWM mehr als gerechtfertigt gewesen wäre.

Das Jahr 2007 sollte dann alles andere als rosig verlaufen für den damaligen Deutschen Jugendmeister aus Betzweiler. Früh in der Saison riss ein Muskelbündel im Oberschenkel. Neben dem Saisonaus folgte im Zuge der schweren Verletzung die problematische Umstellung des Absprungbeines. Bis dahin hatte Uhrig beim Springen die Reihenfolge links- links-rechts.

Durch diese Umstellung tat sich Uhrig in 2008 dann zunächst auch schwer, an die alten Weiten heranzukommen, was vermutlich auch der Doppelbelastung mit dem anstehenden Abitur geschuldet war. Seine Erfolge mit dem Gewinn der Baden-Württembergischen Meisterschaft und vor allem mit seinem Deutschen Meistertitel in der U 23 zeigten trotz neuer Sprungtechnik dennoch, welch großes Talent Uhrig hatte.

Mit dem Zivildienst und dem Beginn des Studiums folgte 2009 der Wechsel zum VfL Sindelfingen. Im neuen Dress konnte Uhrig zwar bei der U 23-DM seinen Titel nicht verteidigen, aber mit Platz zwei gelang ihm trotzdem ein weiterer großer Erfolg. Silber sollte er auch im zweiten Jahr bei Sindelfingen holen. Mit neuer persönlicher Bestzeit von 15,79 Metern sprang Uhrig im ersten Männerjahr zu Silber, es war bereits sein zweites Silber im Braunschweiger Stadion nach 2005.

Der Knoten sollte aber dann 2011 platzen: Bei optimalen Bedingungen steigerte Uhrig seine Bestweite im Juli um satte 71 Zentimeter auf 16,50 Meter, er sicherte sich damit einen Start bei der Universiade im chinesischen Shenzhen, bei der er sich auf Platz neun "Hop-Step-Jumpte".

Mit den Olympischen Spielen in London vor Augen setzte Uhrig im Jahr 2012 dann voll auf die Karte Sport. Nach einem Trainingslager in Teneriffa zeigte Uhrig allerdings Erscheinungen von Übertraining, und kaum war dem Abhilfe geschaffen, folgte eine Borreliose, die das Vorhaben Olympia völlig zunichte machte.

Dank neuer OP-Methode an alte Klasse angeknüpft

Eine kleine Wiedergutmachung folgte aber bereits im darauffolgenden Winter. Bei den Deutschen Hallenmeisterschaften holte Uhrig seinen ersten Titel bei den Männern. Der Sommer 2013 allerdings sollte dank einer chronisch entzündeten Patellasehne mit folgendem Längsriss und Operation im August komplett ins Wasser fallen. Dank einer neuen OP-Methode und viel Reha in der Folge konnte Uhrig dennoch im Sommer 2014 mit 16,17 Metern fast schon wieder an die alte Klasse anknüpfen, doch immer wiederkehrende Muskelprobleme ließen keine ganz großen Weiten mehr zu.

Es sollte ein Intermezzo in den USA folgen, um dort mit neuen Reizen wieder an die Topleistungen anzuknüpfen. Doch durch die dortigen Umstellungen im Training wurde Uhrig deutlich muskulöser und somit auch schwerer, was seinem leichtfüßigen Sprungstil eher schadete. Zwei Wettkämpfe ohne einen gültigen Versuch waren die Folge und der Tiefpunkt seiner Karriere.

Heute steht Uhrig kurz vor seinem Doktortitel

Einen letzten Versuch startete Uhrig im März 2016 mit einem Trainingslager in Südafrika. Allerdings waren die Leistungen nicht mehr so, wie sich der ehrgeizige Athlet das vorgestellt hatte. Kurz nach jenem Trainingslager setzten sich Uhrig und Bundestrainer Tamas Kiss an einen Tisch und kamen zu dem Ergebnis, dass es wohl besser ist, die Sprungspikes an den Nagel zu hängen.

Heute lebt Matthias Uhrig zusammen mit seiner Freundin in Stuttgart-Zazenhausen. Nach seinem Masterstudiengang im Maschinenbau und der Promotion bei Bosch in Renningen steht Uhrig momentan kurz vor seinem Doktortitel. Bereits seit eineinhalb Jahren hat Uhrig zudem die Projektleitung im Bereich "Benzineinspritzung Injektor" in Schwieberdingen inne.

Sportlich hat Uhrig inzwischen eine andere Richtung eingeschlagen. "Die Trendsportart Crossfit hat es mir mittlerweile angetan, vier- bis sechsmal die Woche trainiere ich", sagt Uhrig. Mit Leichtathletik allerdings hat der ehemalige Deutsche Meister heute nicht mehr viel am Hut: "Würde ich nicht ab und zu mit Weitsprung-Vizeeuropameister Fabian Heinle oder auch 2-Meter-Hochspringerin Marie-Laurence ›Jungfleisch grillen‹, gäbe es kaum noch Berührungspunkte zu meiner Karriere als Leichtathlet."