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Diskuswerferin Nadine Müller soll bei der EM in Barcelona den ersten Titel holen.

Barcelona - Bei der am Dienstag beginnenden EM in Barcelona wollen die deutschen Leichtathleten vier Goldmedaillen gewinnen. Die aussichtsreichste Kandidatin auf den Sieg ist Diskuswerferin Nadine Müller.

Mit den Statistiken ist das ja so eine Sache. Wer ist nicht schon alles als Führender der Weltrangliste, wahlweise der europäischen Bestenliste, zu einer internationalen Meisterschaft gereist - und erlebte dann eine riesige Enttäuschung. Um es mit den Worten von Fußball-Ikone Otto Rehhagel zu sagen: "Die Wahrheit liegt auf dem Platz." Und so ist es zwar nicht ausgeschlossen, dass sich auch Diskuswerferin Nadine Müller bei der EM (Qualifikation am Dienstag, 12.45 Uhr/Finale am Mittwoch, 18.30 Uhr) in die Liste der geschlagenen Favoriten einträgt. Die Chancen, dass ihr dieses Schicksal erspart bleibt, sind jedoch groß. Denn Müller hat sich nicht nur in der Weltspitze etabliert. Die 1,93 Meter große Dame, die trotz ihrer 90 Kilogramm wegen ihres zierlichen Gesichts und ihrer ewig langen Model-Beine schlank wirkt, dominiert derzeit diesen elitären Kreis.

Die 24-jährige Polizeiobermeisterin aus Roitzsch bei Halle an der Saale galt schon immer als großes Talent. Als eine, die eines Tages die Nachfolgerin der einstigen Diskus-Stars Franka Dietzsch und Ilke Wyludda werden könnte. In der Jugend gewann sie deutsche Meistertitel, 2004 wurde sie bei der U-20-WM Dritte. Doch erst nachdem Dietzsch 2009 zurückgetreten war, gelang ihr der Durchbruch. Geht es nach Nadine Müller, ist das jedoch reiner Zufall. "Das hat mit Franka nichts zu tun", sagt sie. 

Neuer Wind im Training

Die Gründe liegen vielmehr in ihrem direkten Umfeld. Müller, der einst bei wichtigen Wettkämpfen die Nerven flatterten, arbeitet nun mit einem Sportpsychologen zusammen. Seither wirkt sie bei ihren Auftritten im Diskus-Ring gefestigter. Zudem wechselte sie Ende 2009 den Coach und arbeitet nun mit Ex-Kugelstoßer René Sack zusammen. "Es ist ein neuer Wind drin im Training", sagt sie, "wir haben viel an der Technik gearbeitet und auch die Kraftwerte verbessert. Ich habe nun ein bisschen mehr Muskeln, aber nicht mehr Gewicht."

Das zahlt sich aus. Müller ist deutlich konstanter in ihren Leistungen. Anfang Mai schleuderte sie in Wiesbaden die Scheibe auf 67,78 Meter - persönliche Bestleistung und deutliche Führung in der Weltjahresbestenliste. Zudem siegte sie Anfang Juni beim Diamond-League-Meeting in Oslo und zwei Wochen später bei der Team-EM in ihrer Disziplin. "Es war von Anfang an mein Ziel, in Barcelona eine Medaille zu holen", sagt sie, "aber nach den letzten Ergebnissen und vor allem dem Wurf in Wiesbaden sehe ich der EM gemütlich entgegen."

Die neue Nadine Müller ist selbstbewusst, aber nicht überheblich. Beste Voraussetzungen, dass der Diskus der als "Hallescher Komet" bezeichneten Athletin weit genug für die Goldmedaille fliegt.