Mit 8,47 Metern gelang dem 25-jährigen Ludwigshafener bei der EM der Sprung seines Lebens.

Barcelona - Nach dem Supersatz schlug er die Hände vor das Gesicht und tanzte wie Rumpelstilzchen vor der Tribüne herum: Mit fabelhaften 8,47 Metern krönte Weitspringer Christian Reif am Sonntag den sensationellen EM-Triumph in der Sandgrube von Barcelona.

Mit seiner Siegerweite verfehlte der 25-jährige Ludwigshafener den 30 Jahre alten deutschen Rekord von Lutz Dombrowski nur um sieben Zentimeter. Reif ist der sechste deutsche Weitsprung-Europameister seit 1934 und der erste seit Dietmar Haafs EM-Sieg 1990. Silber und Bronze gingen an Kafetien Gomis aus Frankreich (8,24) und den Briten Chris Tomlinson (8,23). „Mir fehlen die Worte“, sagte Reif. „Eine Goldmedaille ist schon der Hammer, und dann auch noch 8,47. Ich bin sehr sehr zufrieden.“

Die „Flugshow“ von Reif begann keinesfalls vielversprechend: Der erste Versuch war ungültig und beim zweiten landete der 1,96 Meter lange Modellathlet nur bei 7,87 Meter. Im dritten brauste er aber unbeirrt los, traf den Balken voll und landete bei 8,47 Meter. Es hätte nicht viel gefehlt, dann hätte Reif diesen Glücksmoment nie erlebt: Mit 13 Jahren wollte er Fußballer werden und mit der Leichtathletik aufhören. 

"Angst habe ich gar keine"

Vor seinem ersten Sprung bei der EM auf dem Montjuic hatte sich Reif mit starken Sätzen und großen Worten als Mann ohne Zweifel gegeben. „Der Druck ist hier weitaus geringer, als er bei den deutschen Meisterschaften war“, sagte der 25-Jährige vom ABC Ludwigshafen vor dem Start in die Qualifikation am Freitag. „Dabei müsste ich den Druck als Europas Bester haben. Doch Angst habe ich gar keine.“ 

Den Sprüchen ließ Reif eine beeindruckende Tat folgen: In der Ausscheidung sprang er 8,27 Meter - aber erst im dritten Versuch. Exakt mit dieser Weite hatte sich der Student der Sportwissenschaften am 30. Mai in Hengelo als Gold-Kandidat empfohlen. „Ich glaube, dass 8,20 Meter für eine Medaillen reichen“, prophezeite der deutsche Hallen- und Freiluft-Meister und kündigte vor dem Finale an: „Mein Ziel ist aber, 8,30 Meter zu springen.“

"Fröhlich, verrückt, ehrgeizig"

An Selbstbewusstsein mangelt es Reif nicht, der sich auf seiner Homepage mit drei Worten charakterisiert: „Fröhlich, verrückt, ehrgeizig.“ Bei der WM 2007 in Osaka machte er erstmals von sich reden, sprang überraschend auf 8,19 Meter und wurde Neunter. Ihm schien die Zukunft zu gehören, doch Verletzungen warfen ihn immer wieder zurück, nagten an seiner überbordenden Zuversicht. Zumal ein anderer Springer an Reif vorbeizog: Sebastian Bayer, der 2009 Hallen-Europameister mit Europarekord wurde und im Freien mit 8,49 Meter ebenfalls am Dombrowski-Rekord kratzte.

Bei der EM in Barcelona ist der nach Hamburg gewechselte Bayer nicht dabei, weil er nach langer Verletzung nicht mehr rechtzeitig in Form kam. Zweifel an seinem Können und mehr Konzentration auf seine Gegner als auf sich selbst, ließ ihn in den Monaten vor der EM den Rat eines Psychologen suchen. „Ich wusste es ja“, meinte Reif, „aber offenbar muss ich von jemandem gesagt bekommen, der Psychologie studiert hat.“