Im Prozess um die Tötung einer Frau, deren Leiche bei Kniebis gefunden wurde, gab der Angeklagte weitere Details preis. (Archivfoto) Foto: Müller

Der Prozess um die Tötung einer Frau, deren Leiche bei Kniebis gefunden wurde, ging in Wuppertal weiter. Der Angeklagte wurde intensiv befragt.

Freudenstadt/Wuppertal - Er wolle nicht leugnen, dass es ihm auch um ihn selbst gegangen sei, gab der Angeklagte am nächsten Verhandlungstag vor dem Landgericht Wuppertal offen zu. Doch die Triebfeder seines Handelns sei immer gewesen, seinen kleinen Sohn zu beschützen. Davor, seine Mutter tot auf dem Boden liegend zu sehen, davor, ohne Eltern aufwachsen zu müssen, wenn er bestraft würde für das, was in jener Nacht im September vergangenen Jahres geschah.

Der Prozess vor der Schwurgerichtskammer unter Vorsitz von Richter Jochen Kötter gegen den 33-jährigen Solinger wurde fortgesetzt. Hatte der Angeklagte bei der Einlassung bereits weite Teile der Vorwürfe eingeräumt, diese aber in erster Linie als Verkettung unglücklicher Umstände geschildert, beantwortete der Vater eines kleinen Sohnes nun weitere Fragen der Prozessbeteiligten.

Laut Angeklagtem eine Verkettung unglücklicher Umstände

Er muss sich wegen des Vorwurfs des Totschlags verantworten – aus Sicht der Staatsanwaltschaft soll er seine zum Tatzeitpunkt 32-jährige Lebensgefährtin im Verlauf eines Streits in der gemeinsamen Wohnung des Paars in Solingen mit Gewalteinwirkung getötet, ihre Leiche in ein Waldstück bei Freudenstadt-Kniebis gebracht und sie später – in zwei Anläufen – verbrannt haben. Ihren Tod soll er laut Anklage dabei zumindest billigend in Kauf genommen haben.

Schenkt man dem Angeklagten Glauben, handelte es sich beim Geschehen in erster Linie um eine Verkettung unglücklicher Umstände. Kurz vor der Tat hatte seine Freundin die Trennung ausgesprochen. Wie auch der Beschuldigte selbst kämpfte die Solingerin offenbar mit Drogenproblemen.

Bei der Auseinandersetzung, so seine Darstellung auch in der neuerlichen Fragerunde, gab ein Wort das andere: Seine Partnerin habe mitten in der Nacht plötzlich die Wohnung verlassen wollen – aus seiner Sicht, "um Drogen zu kaufen". Daraufhin habe er gedroht, sie nicht wieder in die Wohnung zu lassen, wenn sie gehe – weshalb sie den kleinen Sohn habe mitnehmen wollen. Beim Versuch, sie von der Schlafzimmertür wegzuzerren, habe er sie versehentlich gewürgt. "Ich hatte Angst, dass sie das mit den Drogen nicht in den Griff bekommt", begründete er sein Verhalten. "Ich habe in ihrem Rucksack neben der Tupperdose für meinen Sohn diese Pillen gefunden!", schilderte er sichtlich emotional – es habe sich bei den Tabletten um Ecstasy gehandelt.

Fassade der heilen Familie versucht aufrechtzuerhalten

Ungeachtet seiner eigenen Drogenprobleme habe er eine Gefahr für seinen Sohn befürchtet, da er Veränderungen an seiner Partnerin festgestellt habe. Gleichzeitig betonte er: "Ich habe sie immer als gute Mutter erlebt." Was dann folgte, war dem Angeklagten zufolge eine Nacht-und-Nebel-Aktion, in deren Verlauf er vor allem für seinen Sohn die Fassade der heilen Familie aufrechtzuerhalten versuchte.

So wickelte er mutmaßlich die Leiche der Frau in ein Planschbecken, schaffte sie in einen Bulli, holte seinen Sohn für einen vermeintlichen "Ausflug" aus dem Bett und machte sich mit ihm auf den Weg in Richtung Schwarzwald. Eine Reise mit Kind und Leiche im Gepäck. Zwischenstation hätten Vater und Sohn bei der Firma des Angeklagten in Hilden gemacht, wo er sich einen Spaten organisierte. Der erstmalige Versuch, die Leiche im Wald zu vergraben, scheiterte, weil der Boden zu hart war. Er habe den Körper der Frau dann mit Benzin übergossen und angezündet. "Es hat sich direkt eine Gasexplosion gebildet."

Handy-Chatkorrespondenz der Toten übernommen

Tage später machte er sich erneut mit seinem Sohn auf den Weg nach Süddeutschland. Dieser habe bei den Fahrten friedlich geschlafen. Warum er der Leiche mit dem Spaten ins Gesicht gestochen habe, will der Vorsitzende wissen. "Ich wollte sie unkenntlich machen." Nach der Tat, so räumte der Angeklagte ein, übernahm er gar die Chatkorrespondenz der Toten über deren Handy und setzte an Freunde und Familienangehörige ein vermeintliches Lebenszeichen ab. Warum er nicht "die Reißleine gezogen" habe, hakte Patrick Penders, Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft, nach. Antwort: "Ich habe versucht, so viel Zeit mit meinem Sohn zu verbringen, wie ich bekomme." Er habe zwischenzeitlich insgeheim gehofft, erwischt zu werden, um die Maskerade zu beenden.

In seinen Ausführungen zeichnete der Angeklagte das Bild einer schwierigen Beziehung, in der beide eigene Suchtprobleme mitbrachten und sich so womöglich einander nicht guttaten. Zwei Zeuginnen, Leiterin und Erzieherin der Kita des Sohnes, beschrieben eine "normale, unauffällige Familie". Beide Elternteile seien stets liebevoll mit ihrem Kind umgegangen. Umso größer sei das Entsetzen gewesen, als eines Tages die Kripo die traurige Nachricht überbrachte, dass die Leiche der Verschwundenen Mutter gefunden worden sei. "Für uns ist eine Welt zusammengebrochen."

■Berichterstattung in Kooperation mit dem Solinger Tageblatt.