Wer trägt die Kosten für die Inklusion an den Schulen? Foto: dpa

Eine „Schule für alle“, also für Kinder mit und ohne Behinderung, ist nicht zum Nulltarif zu haben. Darin sind sich alle einig. Das macht die Umsetzung jedoch nicht einfacher. Das Kultusministerium plant angeblich mit 250 neuen Stellen. Die Finanzierung ist offen.

Stuttgart - Zwischen dem Kultus- und dem Finanzminister herrscht ein natürliches Spannungsverhältnis – unabhängig von Personen und Parteibuch. Das wird beim Thema Inklusion, also der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit Behinderung, besonders deutlich: Andreas Stoch (SPD), der Kultusminister, ringt mit Nils Schmid (SPD), dem Kultusminister, um Geld für zusätzliche Deputate für den gemeinsamen Unterricht von Schülern mit und ohne Behinderung – eine Anforderung aus der UN-Behindertenrechtskonvention, die sich in diesen Tagen zum fünften Mal jährt.

Stoch hatte die geplante Änderung des Schulgesetzes auf das nächste Jahr verschoben, jedoch zugesagt, die Inklusion an Schulen schon vor der Gesetzesänderung voranbringen zu wollen. Dazu erarbeitete das Kultusministerium Vorstellungen für eine Übergangsregelung. Auch ein sogenanntes Eckpunktepapier zur Inklusion steht in Grundzügen; in den nächsten Wochen soll es abgeschlossen werden.

Das erfordert jedoch die Zustimmung des Kassenhüters der Koalition. Finanzminister Schmid jedoch scheint zu bremsen – anders sind Äußerungen des Landesbehindertenbeauftragten Gerd Weimer vom Dienstag kaum zu verstehen. In einer Pressemitteilung schrieb Weimer, es sei im Interesse einer „Schule für alle“ wichtig, den „inklusionsbedingten Mehrbedarf an zusätzlichen Deputaten bereitzustellen“. Man müsse unbedingt vermeiden, „dass man wegen fehlender Ressourcen Gefahr läuft, Inklusionsverlierer zu produzieren“. Für den Landesbehindertenbeauftragten sind die vom Kultusministerium kalkulierten zusätzlichen Deputate „absolut nachvollziehbar und zwingend notwendig“. Weimer schließt mit einem Appell an Schmid, die geforderten Stellen zu bewilligen, „damit das Lernen von Kindern mit und ohne Behinderung im Land zum Normalfall werden kann“.

Um wie viele Stellen es sich handelt, geht aus Weimers Wortmeldung nicht hervor. Aus Koalitionskreisen ist jedoch zu hören, dass das Kultusministerium landesweit 250 Deputate für notwendig hält, um die Übergangsphase zu bewältigen. Ein Sprecher des Kultusministers wollte diese Zahl auf Anfrage nicht bestätigen. Er verwies auf laufende Verhandlungen mit dem Finanzministerium. Mit einem Ergebnis sei in den nächsten Wochen zu rechnen. Angeblich laufen jedoch bereits Stellenausschreibungen.

Stoch selbst lenkte den Blick am Dienstag in Richtung Berlin. Bei der Eröffnung der Bildungsmesse Didacta forderte er finanzielle Unterstützung des Bundes bei der Inklusion. Die Finanzierung des gemeinsamen Unterrichts von behinderten und nichtbehinderten Kindern könne nicht allein von den Ländern geschultert werden. Schließlich müssten diese spätestens im Jahr 2020 die Schuldenbremse erreichen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) erklärte seinerseits, wenn der Bund sich an frühere Versprechungen halten würde, wäre man bei der Inklusion schon weiter. Eine Anspielung auf Zusagen in Zusammenhang mit dem Fiskalpakt. Bereits 2012 hatte die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung eine Mitfinanzierung der Kosten für die Eingliederungshilfe angeboten. Die Große Koalition hatte zu Beginn der Legislaturperiode vereinbart, die Kommunen um jährlich fünf Milliarden Euro zu entlasten. Das soll nun allerdings erst 2018 der Fall sein. Bis dahin beträgt der Zuschuss des Bundes jährlich nur eine Milliarde Euro. Zum Ärger der Kommunen und des Landes. Baden-Württemberg drängt auf eine frühere Umsetzung der Zusagen. Schmid deutete am Dienstag zugleich an, das Land könnte von dem Bundeszuschuss für die Kommunen etwas abzwacken wollen, um zusätzliche Lehrerstellen für die Inklusion zu bezahlen.

Angesichts dessen ging eine andere wichtige Nachricht fast unter: Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) stellte die Eckpunkte für ein neues Landesbehindertengleichstellungsgesetz vor. Darin ist unter anderem vorgesehen, in allen 35 Stadt- und Landkreisen hauptamtliche kommunale Behindertenbeauftragte einzurichten. Dafür werde das Land einen Ausgleich bezahlen. Am Ende landet man auch hier beim Geld.