Um den Unterrichtsausfall an den Schulen zu minimieren, wird zu verschiedenen Maßnahmen, die auch kurzfristig Wirkung zeigen sollen, gegriffen. Foto: Schmidt

Am kommenden Montag sind die Weihnachtsferien vorbei, und der Unterricht soll wieder starten – in Präsenz, wenn es nach der Landesregierung geht. Parallel beschäftigt diese jedoch noch ein ganz anderes Thema: die kritische Versorgungssituation in Sachen Lehrkräfte.

Kreis Rottweil - Viele freie Stellen, kaum Bewerber – das betrifft auch den Landkreis Rottweil. Insbesondere bei den so genannten MINT-Fächern mangelt es an Personal. Die Situation im Kreis Rottweil wurde nun anlässlich einer so genannten Kleinen Anfrage des Abgeordneten Hans-Peter Storz (SPD) an den Landtag vom Ministerium für Kultus, Jugend und Sport näher beleuchtet.

Die Problematik ist keine neue. Seit Jahren können landesweit nicht mehr alle offenen Stellen an den Schulen besetzt werden. So ist es auch im aktuellen Schuljahr 2021/22.

Stellenbesetzung im Kreis Rottweil schwierig

Laut Regierungspräsidium (RP) Freiburg ist die Stellenbesetzung insbesondere in den Landkreisen Rottweil, Waldshut, Tuttlingen und Schwarzwald-Baar schwierig. 2019/20 waren noch rund 89 Stellen an den Grund-, Haupt- und Werkrealschulen (GWRS) im gesamten Regierungsbezirk nicht besetzt, 20 an den Realschulen und 15 an den beruflichen Schulen. Während die Zahl an GWRS zum aktuellen Schuljahr auf 29 gesunken ist, ist sie bei Realschulen und beruflichen Schulen leicht gestiegen auf jeweils 21. Hinzu kommen rund 17 unbesetzte Stellen an Gemeinschaftsschulen. Innerhalb der Schuljahre gebe es immer Schwankungen, etwa durch Eintritt in oder Rückkehr aus Elternzeit.

Mit Blick auf den Lehrermangel habe man frühzeitig Verträge mit pensionierten Lehrkräften und so genannten Nichterfüllern, also Personen, die keine Lehrerausbildung absolviert haben, abgeschlossen, heißt es vom Regierungspräsidium.

Die nachfolgenden Zahlen beziehen sich bei den Gymnasien und beruflichen Schulen auf den Kreis Rottweil, bei den anderen Schulen auf die Ebene des Staatlichen Schulamtes Donaueschingen. Pensionierte Lehrkräfte werden im aktuellen Schuljahr insbesondere an den Sonderschulen eingesetzt (rund 100 Lehrerwochenstunden), zudem an GWRS (45) und beruflichen Schulen (14). Im Schuljahr 2020/21 waren die Zahlen deutlich niedriger und näher beieinander. So waren pensionierte Lehrer vor allem an den beruflichen Schulen eingesetzt (30,5), gefolgt von den GWRS (25) und den Realschulen (13).

Deutlich mehr Lehrerwochenstunden werden von den Nichterfüllern abgedeckt, allein 800 im aktuellen Schuljahr an GWRS und damit doppelt so viele wie im Vorjahr. An Sonderschulen sind es 980 (Vorjahr: 830), an Gemeinschaftsschulen 210 (110) und an beruflichen Schulen 80 (163).

Physik und Informatik sind Sorgenkinder

Insbesondere in den MINT-Fächern, und dabei besonders im Bereich Informatik und Physik an den Gymnasien, fehlen laut Kultusministerium Lehrkräfte. Doch auch in den Fächern Kunst und Musik sei die Nachfrage teils stärker als das Angebot an Lehrkräften.

Zum Schuljahr 2020/21 besuchten laut Statistischem Landesamt rund 17 200 Kinder und Jugendliche in rund 780 Klassen (ohne Kursstufen) die öffentlichen Schulen im Kreis Rottweil, etwa 4700 davon die Grundschule, 980 die Haupt- und Werkrealschule, 2200 die Realschule, 3500 das Gymnasium, 830 die Gemeinschaftsschule, 390 eine Sonderschule und 4600 eine berufliche Schule. Zahlen für das aktulle Schuljahr werden laut Kultusministerium erst im Februar verfügbar sein.

Um den Unterrichtsausfall zu minimieren, ergreife man bereits seit 2016 einige Maßnahmen – neben der eher langfristig wirkenden Erhöhung der Zahl der Studienanfängerplätze im Bereich der Lehrämter Grundschule und Sonderpädagogik, so das Kultusministerium in der Antwort auf die Fragen der SPD. Eine sei die Öffnung der Hinzuverdienstgrenze für pensionierte Lehrer und die Möglichkeit für Teilzeitkräfte, ihr Deputat auch unterjährig zu erhöhen. Personen ohne Lehramtsausbildung würden besonders in weniger nachgefragten Regionen zu einer Stabilisierung der Unterrichtsversorgung beitragen. Insbesondere an den Sonderschulen bestehe dabei seit 2020 die Chance, nach mehrjährigem Einsatz und dauerhaftem Bedarf unbefristet beschäftigt zu werden.

Mehr Geld und Sicherheit als Anreiz

Vom Lehrkräftemangel besonders betroffene Regionen hatten bereits im November 2020 erste Stellen schulbezogen ausschreiben können. Dennoch hätten einige Stellen mangels Bewerbungen nicht besetzt werden können. Da auch für ausgeschriebene Vertretungsstellen kaum noch geeignete Personen zu finden seien, hätten teilweise auch größere Klassen oder Gruppen gebildet werden müssen.

Im Bereich der beruflichen Schulen könnten praxiserfahrene Studienabsolventen im Rahmen des Direkteinstiegs in den Schuldienst eingestellt werden, um sie bei voller Bezahlung durch eine zweijährige pädagogische Schulung auszubilden. In einzelnen besonders gefragten Mangelfächern erhielten Referendare zudem Anwärtersonderzuschläge sowie Direkteinsteiger noch Zulagen.

Das heißt, in Zukunft ist eine Entspannung der Lage zu erwarten? Wohl kaum, wie die Schülerprognose bis 2030 der Kultusministerkonferenz vom November zeigt. Demnach wird die Zahl aller Schüler bundesweit von 10,8 Millionen in 2019 bis 2030 um mehr als neun Prozent (986 700) steigen. Und mit der wachsenden Schülerzahl wird der Bedarf an Lehrkräften weiter wachsen – außer an den beruflichen Schulen, so die Prognose.