Blut, Schweiß, Tränen: Eine „Brandrede“ im Stile des berühmten britischen Premierministers Winston Churchill hielt der Bürgermeister als der Haushaltsentwurf für 2025 im Haigerlocher Gemeinderat vorgestellt wurde.
Die Lage ist aus der Sicht von Heiko Lebherz bitterernst. „Ein ’Weiter So’ ist nicht mehr möglich“, erklärte er im Gemeinderat bei der Präsentation des Haushaltsentwurfes durch Stadtkämmerer Tobias Wannenmacher ohne Umschweife. Es bedürfe harter Einschnitte und Maßnahmen, um Haigerloch handlungs- und zahlungsfähig zu halten.
Die Stadt, so der Bürgermeister, stünde vor mehreren großen Problemen: Ihre Infrastruktur erzeuge zu viele laufende Ausgaben und man müsse in naher Zukunft hohe Investitionen in die Kinderbetreuung, Schulen oder auch die Feuerwehr tätigen.
Dazu komme ein Tarifabschluss im öffentlichen Dienst, den die Stadt praktisch nicht mehr schultern könne. Schon jetzt betrügen die Personalkosten bei der Stadt jährlich rund 8,77 Millionen Euro. Durch die seit 1. April wirksamen Tarifsteigerungen steigen sie laut Bürgermeister in diesem Jahr um 264 000 Euro (plus drei Prozent) und ab 1. Mai 2026 um weitere 268 000 Euro (plus 2,8 Prozent). Insgesamt werde dann das Personal ab 2026 rund 9,55 Millionen Euro pro Jahr kosten. Diese Mehrausgaben müssten durch die Generierung von Mehreinnahmen (Lebherz nannte als Hausnummer rund 440 000 Euro) erst mal erwirtschaftet werden.
Zwölf Investitionsprojekte vorerst gestrichen
Als ersten Schritt nannte er zwölf Investitionsprojekte (siehe Info-Rubrik) auf die man „auf unbestimmte Zeit“ verzichten werde, darunter auch etliche, für die sich manche Ortschaftsräte seit Jahren schwer ins Zeug legen. Lebherz: „Ansonsten brauchen wird dieses Jahr fünf Millionen Euro neue Kredite, nächstes und übernächstes Jahr nochmals sechs Millionen Euro. Das ist einfach nicht darstellbar.“
Doch das allein, bedauerte der Bürgermeister, werde nicht reichen. Auch bei den laufenden Ausgaben müsse man jeden Stein umdrehen. Wie das in der Praxis aussehen könnte, hatte Heiko Lebherz auf einem achtseitigen Papier zusammengefasst.
Die Vereinsförderung soll angepasst werden und das einzelnen Sportvereinen gewährte „Duschgeld“ wird wahrscheinlich zur Disposition gestellt. Angedacht ist, es den Blumenschmuck im Stadtgebiet und damit Kosten zu reduzieren und unbebaute städtische Bauplätze nur noch einmal im Jahr zu mähen (Einsparpotenzial 6000 Euro). Brücken, die nicht zwingend gebraucht werden?: einfach abbrechen und nicht mehr ersetzen.
Werden aus zwei Büchereien eine? Vorstellbar
Selbst die Toiletten auf den Friedhöfen sollen nur noch alle 14 Tage gereinigt werden (9000 Euro Ersparnis). Wie geht’s mit den örtlichen Backhäusern weiter? Ungewiss (Einsparpotenzial 21 500). Die Stadtbücherei könnte nach den Vorstellungen des Bürgermeisters mit der Katholischen öffentlichen Bücherei in Stetten zusammengeführt werden (50 000 Euro Einsparung).
Anhebung der Grundsteuer A und B kein Tabuthema
Der Chef der Stadtverwaltung hat aber natürlich nicht nur die Ausgabenreduzierung im Blick, sondern auch die Einnahmen. Lebherz stellte zum Beispiel eine Erhöhung der Grundsteuer A von derzeit 370 Prozent auf einen Hebesatz von 400 Prozent in den Raum (4800 Euro Mehreinnahmen).
Deutlich größer wäre der Sprung, wenn man die Grundsteuer B von 345 Prozent auf einen Hebesatz von 380 Prozent anheben würde – das brächte 380 000 Euro mehr in die Stadtkasse. Die Einführung einer Grundsteuer C schließt Lebherz nicht aus.
Die Erhöhung der Abwassergebühren könnte der Stadt jährlich 50 000 Euro Mehreinnahmen bescheren. Die Erhöhung der Nutzungsgebühren für Hallen 10 000 Euro.
Die Bauplätze sollen künftig nicht mehr bevorzugt für Einheimische vorgehalten werden. Aktiv will sie der Bürgermeister anderswo bewerben – in städtischen Ballungsgebieten – und ganz nebenbei den Prozentsatz der jährlich vermarktbaren Plätze von 15 auf 25 Prozent steigern.
Appell: Gemeinderat soll Sparkurs unterstützen
Freilich, von heute auf morgen sind solche Ziele nicht umzusetzen, so realistisch ist der Bürgermeister. Man werde die Themen aber sehr konsequent abarbeiten und in den Ortschaftsräten und im Gemeinderat vorstellen. Lebherz: „Sie erhalten von mir Beschlussvorlagen für den Konsolidierungskurs. Ich bitte Sie um ihre Unterstützung, auch wenn es künftig für jeden Ortsteil sehr schmerzhaft werden kann. Wir müssen aber die vermutlich mehrere Jahre vor uns liegende Talsohle durchschreiten.“
Das „Streichkonzert“ in der Übersicht
Bad Imnau
Verzicht auf die Kanalisation im Wohnpark „Wiesengrund“.
Bittelbronn
Verzicht auf die Erschließung des Baugebietes „Hirschäcker“.
Gruol
Verzicht auf den Bau einer neuen Verkehrsanbindung zwischen Baugebiete „Auf Hirschen“ und Kreisstraße Richtung Weildorf sowie den Neubau der Oberkirchbrücke.
Haigerloch
Verzicht auf die Sanierung der Friedhofsmauer und den Neubau der Brücke im Karlstal.
Owingen
Verzicht auf die Kanalsanierung und Straßenerneuerung in der Neuen Straße und in der Kreuzstraße.
Stetten
Verzicht auf Umgestaltung des Bahnübergangs, Sanierung der Kanalisation im „Kreuzergärtle“ und die Erschließung eines zweiten Bauabschnittes im Wohnbaugebiet Baugebiet „Schopfloch“.
Trillfingen
Verzicht auf die Sanierung des Kapellenweges.
Weildorf
Verzicht auf den Bau einer Querungshilfe über die K 7177 im Gewerbegebiet Madertal im Bereich des Drogeriemarktes Rossmann.