Eine Frau zapft in einer Gaststätte ein Pils. Doch nicht überall geht es so hygienisch zu. Foto: Sebastian Gollnow / dpa

Der Lebensmittelbericht 2022 für den Landkreis Tübingen gibt ein ernüchterndes Bild über die Hygiene in vielen Betrieben ab: Bei 42 Prozent aller Kontrollen wurden Verstöße gegen das Lebensmittelrecht festgestellt, 53 Bußgeldverfahren sowie zehn Strafverfahren wurden eingeleitet. Auch Lebensmittelvergiftungen sind aufgetreten.

Der Landkreis Tübingen hat den Bericht der Lebensmittelüberwachung für das Jahr 2022 veröffentlicht. Im Jahr 2022 wurden insgesamt 2833 amtliche Kontrollen in Lebensmittelbetrieben auf vorgenommen. Damit wurden etwa 46 Prozent der zu kontrollierenden Betriebe überwacht. Bei 42 Prozent aller Kontrollen wurden Verstöße gegen das Lebensmittelrecht festgestellt und die Beseitigung der Mängel eingefordert und überwacht. Den größten Anteil an diesen Verstößen hatten geringfügige Hygienemängel, fehlerhafte Kennzeichnungen oder

ungenügende Eigenkontrollmaßnahmen, berichtet das Landratsamt. Nur in circa 2 Prozent aller Kontrollen mussten im Anschluss auch sanktionsrechtliche Maßnahmen ergriffen werden. Es wurden 53 Bußgeldverfahren sowie zehn Strafverfahren eingeleitet.

Proben erhoben

Zusätzlich zu den oben genannten Kontrollen wurden im vergangenen Jahr 872 amtliche

Proben erhoben und von den Untersuchungsämtern für Lebensmittelüberwachung und

Tiergesundheit untersucht. Die Proben beinhalteten Lebensmittel, in geringerem Umfang auch Bedarfsgegenständen, Tabakwaren und Kosmetika.173 erhobene Proben und damit etwas mehr als 20 Prozent aller Proben wurden beanstandet. Hiervon waren insgesamt sieben Lebensmittel nicht zum Verzehr geeignet. Drei Proben

wurden als gesundheitsschädlich bewertet.

Das Landratsamt gibt einen Überblick über die Lebensmittelkontrollen mit den schlimmsten Entdeckungen:

Gammelfleisch-Gaststätte

Die Lebensmittelüberwachung berichtet: „Bei einer Regelbetriebskontrolle wurde beim Betreten der Küche ein strenger Geruch festgestellt, der sich beim Öffnen des Tischkühlschranks noch deutlich steigerte. Die Quelle des durchdringenden Geruchs stammte von einer ganzen, mit einem Tuch abgedeckten Putenbrust in einem Metallbehälter. Die Putenbrust wurde durch das Chemische- und Veterinäruntersuchungsamt Sigmaringen wegen des fortschreitenden Verderbs als

für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet beanstandet. Durch entsprechende Eigenkontrollen hätte der Küchenchef selbst feststellen können, dass das Fleisch bereits

verdorben war, zumal der Kühlschrank mehrfach täglich geöffnet wurde, um andere Fleischstücke zu entnehmen. Gegen den Verantwortlichen wurde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.“

Café ohne Hygiene

Die Kontrolleure berichten: „In diesem Umfeld war hygienisches Arbeiten nicht möglich. Das Handwaschbecken sowie die Reinigungsutensilien wiesen starke Verunreinigungen auf, zudem war sowohl das Handwaschbecken als auch das Spülbecken durch Lagerung von Müll und sonstigem Material nicht zugänglich. Sämtliche Arbeitsflächen waren stark verschmutzt, teils war deutlich ersichtlich, dass es sich um altverschmutzte Bereiche handelte. Bei den Glasur- und Schokoladenbehältnissen war festzustellen,

dass es zu Vermischungen der einzelnen Produkte gekommen war. Es bestand somit

die Gefahr einer Kreuzkontamination von Allergenen zwischen den Produkten.“

Berichte über Lebensmittelinfektionen

Von einem Ausbruch einer Lebensmittelinfektion spricht man, wenn bei zwei oder mehr

Personen mit einer gleichartigen Erkrankung eine gemeinsame Ursache wahrscheinlich ist oder vermutet wird. Das Landratsamt berichtet: „Im vergangenen Jahr meldeten sich mehrere Verbraucher, die ihre Magen-Darmbeschwerden auf das zuletzt und meist außer Haus verspeiste Lebensmittel zurückführten.“ Durch die enge Zusammenarbeit der Behörden könnten Lebensmittelinfektionen sehr schnell festgestellt und die Ursache für die Erkrankungssymptome gefunden werden, schreibt das Landratsamt.

Potenzieller Lebensmittelvergifter

„Im Jahr 2022 konnte bei einem Erkrankungsfall ein Zusammenhang mit dem Verzehr eines Lebensmittels hergestellt werden. Es meldete sich eine Verbraucherin, die Magen-Darm-Beschwerden auf den Genuss von Ziegenweichkäse zurückführte und berichtete, dass eine weitere Person aus demselben Haushalt ebenfalls erkrankt sei. Der Käse wurde zur Untersuchung an das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart geschickt und von den Sachverständigen in der Folge als gesundheitsschädlich beurteilt, da sowohl der potenzielle Lebensmittelvergifter Staphylococcus aureus, als auch dessen Toxin nachgewiesen wurden. Staphylococcus aureus kommt in eitrigen Wunden, aber auch als natürlicher Besiedler der Nasen- und Rachen Schleimhaut und der äußeren Haut bei bis zu 50 Prozent der gesunden Bevölkerung vor. Eine Verschleppung der Keime in einem Betrieb ist durch mangelnde Personal- und Arbeitshygiene möglich. Auch ein Eintrag durch die Verwendung von kontaminierter Milch ist denkbar“, berichtet das Landratsamt.

Durch die Recherche der Lebensmittelüberwachung habe der Herstellerbetrieb des lose auf dem Wochenmarkt abgegebenen Lebensmittels in einem Nachbarlandkreis ermittelt werden können.