Eine Sozialcharta soll Mieter in der Nordbahnhofstraße schützen. Foto: PPfotodesign

Der Finanzkonzern Patrizia AG soll öffentlich belegen, dass er die Mieter in den früheren Wohnungen der Landesbank ausreichend schützt. Wirtschafts­minister Nils Schmid setzt auf den guten Willen des neuen Eigentümers, nachdem ein Mieter mit dem Wunsch nach Akteneinsicht vor Gericht gescheitert ist.

Der Finanzkonzern Patrizia AG soll öffentlich belegen, dass er die Mieter in den früheren Wohnungen der Landesbank ausreichend schützt. Wirtschaftsminister Nils Schmid setzt auf den guten Willen des neuen Eigentümers, nachdem ein Mieter mit dem Wunsch nach Akteneinsicht vor Gericht gescheitert ist.

Stuttgart/Augsburg - Juristisch sind ihm wohl die Hände gebunden, anders lässt sich der moderate Ton, den Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid gegenüber dem Chef der Landesbank Baden-Württemberg anschlägt, kaum deuten. Hans-Jörg Vetter möge beim Finanzkonzern Patrizia AG vorsprechen, um „auf eine Veröffentlichung dieses Berichts hinzuwirken und diese auch einzufordern“, so Schmid in einem Schreiben an Vetter, das den Stuttgarter Nachrichten vorliegt.

Gemeint ist ein Bericht, der belegt, dass sich die Patrizia AG an eine sogenannte Sozialcharta hält. Dieser Vereinbarung – eine Auflistung von mehrere Punkte zum besonderen Mieterschutz – hatte die Patrizia Anfang 2012 beim Kauf von 21.500, teils sozial gebundenen Wohnungen der LBBW zugestimmt. „Um nun auch die Mieterinnen und Mieter der ehemaligen LBBW-Wohnungen die Einhaltung der Regelungen der Sozialcharta transparent zu machen, wäre eine Veröffentlichung des hierzu erstellten Berichts der Käuferin hilfreich“, argumentiert der Minister, der auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Landesbank ist.

Nils Schmid reagiert damit offenbar auf das Urteil in einem Berufungsverfahren, in dem kürzlich ein Bewohner des Nordbahnhofsviertels vor dem Landgericht Stuttgart unterlegen war. Der Mann hatte Einblick in Unterlagen verlangt, ehe er eine Mieterhöhung akzeptieren wollte.

"Die Angelegenheit liegt in Stuttgart“

Rund 500 Euro Kaltmiete solle er künftig bezahlen, hatte man dem frühere Mitarbeiter der Bahn bedeutet. Der gelernte Schweißer bewohnt die Wohnung seit Jahrzehnten. Dem Mietaufschlag um zehn Prozent widersprach er – und traf sich mit seiner Vermieterin, der Südewo GmbH, vor Gericht. Er bezweifelte, dass sich die Wohnungsgesellschaft und Patrizia-Tochter an die vereinbarte Drei-Prozent-Grenze bei Mieterhöhungen gehalten hatte, wie sie in der Sozialcharta niedergelegt ist. Über den gesamten Bestand von 21.500 Wohnungen gesehen darf die Südewo die Mieten im Schnitt um höchstens drei Prozent pro Jahr erhöhen, zuzüglich einer Anpassung an die Inflation. Einen Kontrollblick in die Unterlagen gewährte die Südewo mit Verweis auf die Sozialcharta nicht und bekam recht. In der Charta heißt es nämlich, dass nur die LBBW prüft, ob der Mieterschutz eingehalten ist.

Die LBBW-Aufsichtsräte waren von Bankchef Vetter im Juli in einer Sitzung über einen entsprechenden Bericht, den ein Wirtschaftsprüfer bestätigt hatte, informiert worden. Am 18. November, vier Tage nach der mündlichen Anhörung vor Gericht, hatte die Südewo eine Mitteilung gleichen Inhalts und mit dem Verweis auf die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deutsche Baurevision GmbH veröffentlicht.

Weder die LBBW noch die in Augsburg ansässige Patrizia AG wollten das Schreiben des Ministers am Donnerstag kommentieren. „Die Angelegenheit liegt in Stuttgart“, so ein Patrizia-Sprecher. Die LBBW hatte eine Veröffentlichung des Berichts wegen seines „vertraulichen Inhalts“ bisher stets abgelehnt.

Nils Schmid sieht in diesem Umstand kein Hindernis und regt „eine, soweit erforderlich, datenschutzrechtlich bearbeitete Veröffentlichung“ an. Ein Experte bestätigt, dass sich der Bericht „in einem Spannungsfeld von öffentlichem Interesse und Datenschutz“ befinde. Im Umfeld der Landesbank heißt es, der Aufsichtsrat werde sich mit dem Thema noch einmal befassen.