Insgesamt 39 Werke des Lauterbacher Künstlers Wilhelm Kimmich sind aus der Galerie der Gemeinde über Jahre hinweg unbemerkt entwendet worden. Zwölf von ihnen konnten von der Polizei ermittelt werden. Archivfoto: Wegner Foto: Schwarzwälder-Bote

Gemeinde Lauterbach versucht sich in Schadensbegrenzung / Fünf von 39 fehlenden Werken sind wieder zurück

Von Stephan Wegner

Lauterbach. In den Jahren von 1998 bis 2008 verschwanden aus dem Tresor im alten Rathaus der Gemeinde Lauterbach 39 katalogisierte Kimmich-Gemälde. Insider hatten schon länger einen Verdacht, der jedoch nicht gleich zum möglichen Täter führte.

Aufgefallen war der Verlust eines Gemäldes bei der Erstellung des zweiten Werkverzeichnisses Wilhelm Kimmich im Jahr 2007. Damals hatte ein Besitzer ein Kimmich-Bildes zum Fotografieren vorgelegt, das nach den Aufzeichnungen der Gemeinde selbst gehörte.

Weitere Recherchen hatten dann ergeben, dass 37 Werke im Besitz der Gemeinde, eine Dauerleihgabe sowie eines im Eigentum des Kunstvereins aus der Sammlung verschwunden waren. Dies wurde auch in der Hauptversammlung des Kunstvereins "Wilhelm Kimmich" festgestellt (wir berichteten).

Die fehlenden Werke stammen aus allen Schaffensperioden des Künstlers. Die Motive, so Swoboda, reichen vom Schwarzwaldhof über Landschaften am Neckar und das Tessin bis zum Lago Maggiore.

Der Hauptverdächtige war leicht ausgemacht: Im Schriftwechsel mit der Gemeinde habe sich dieser zwar, so Lauterbachs Bürgermeister Norbert Swoboda, "an nichts mehr erinnern können", doch Käufer der in gutem Glauben erworbenen Werke bestätigten den Kauf aus den Händen des Betroffenen.

Zwischenzeitlich hat die Gemeinde vom Landratsamt den Wert der fehlenden Werke des im September 1986 gestorbenen "Malers des Schwarzwalds" schätzen lassen. Dabei wurde, so Swoboda, ein Wert von 59 000 Euro ermittelt.

Der Gemeinde sind bereits zwölf Erwerber von Kimmich-Bildern aus diesem Diebstahl bekannt. Sie wurden in jüngerer Zeit auch angeschrieben. Ihnen wurde die Rückgabe oder der neuerliche Kauf nach den Schätzwerten des Landratsamts angeboten. Drei Werke wurden von den damit rechtmäßigen Eigentümern nochmals bezahlt, fünf andere, drei davon mit "roter Nummer", wurden zurückgegeben. Diese "rote Nummer" hatte Kimmich 1983 an Bildern anbringen lassen, die er selbst für eine spätere Sammlung vorsah und die laut Testament nicht verkauft werden dürfen.

Seine Frau sollte nichts mitbekommen, habe der Verkäufer der Werke seinen Kunden als Grund für seinen Wunsch nach möglichster Geheimhaltung des Geschäfts angedeutet, sagte Swoboda. Auch das Finanzamt sei als Grund für "heimliche" Verkäufe genannt worden.

Seinen Schlüssel zum Kimmich-Archiv der Gemeinde, den er zeitweilig hatte, hatte der Betreffende übrigens selbst abgegeben. Und zwar schon einige Zeit, bevor das Fehlen der Bilder bemerkt worden war.

Der Beschuldigte hatte als Berater des Kunstvereins eine Vertrauensstellung genossen, und sich schon zu Lebzeiten von Wilhelm Kimmich um dessen künstlerisches Werk gekümmert. Auch für die Käufer der unrechtmäßig entnommenen Werke gab es wohl keinen besonderen Verdacht, dass ein Bild möglicherweise nicht auf ehrlichem Weg an den Verkäufer gelangt sein könnte, da er schon seit Jahren immer wieder Werke des Lauterbacher Künstlers angeboten hatte.

Strafrechtlich kann der Diebstahl der Kimmich-Werke nicht mehr verfolgt werden, da nicht nachgewiesen werden könne, wann dieser tatsächlich erfolgt sei und angenommen werden müsse, dass die Taten länger als fünf Jahre zurückliegen, so Swoboda. Somit sei das Strafverfahren wegen Verjährung eingestellt worden. Ob indes das Finanzamt Steueranteile aus den Gewinnen nachfordert und ob die Verkäufe dort angegeben wurden, ist Swoboda nicht bekannt.

Die Gemeinde sei derzeit mit ihrer Versicherung und dem Betreffenden "im Gespräch" sagte der Bürgermeister. Und, so rechnet Swoboda, dass durch die Rückgabe von Bildern, das erneute Bezahlen durch heutige Besitzer oder durch einen sonstigen Ersatz der Schaden für die Gemeinde deutlich gemindert werde.

Dass bislang unbekannte Eigentümer der gestohlenen Gemälde, sollte man sie finden, auch in späteren Jahren noch zur Zahlung oder zur Rückgabe bewegt werden können, glaubt Swoboda eher nicht. Denn es gelte eine zehnjährige Verjährungsfrist nach dem Kauf – außer wenn zu diesem Zeitpunkt schon bekannt gewesen sei, dass es sich um gestohlene Ware handle.

Den Käufern der Bilder, die jetzt doppelt bezahlen müssen, hat die Gemeinde geraten, sich den Zusatzaufwand beim Verkäufer zu holen. Dieser habe auch signalisiert, dass dies "so geregelt werden kann", sagte Swoboda.

Aus der Misere der Vorjahre, die größtenteils nicht in seine Amtszeit als Vorsitzender des Kunstvereins fallen, hat Swoboda Lehren gezogen: Es gibt jetzt nur noch zwei Schlüssel zum Archiv, und die befinden sich im Rathaus.