Bei fast zwei Dritteln der betreuten Langzeitarbeitslosen wird es aus Sicht der Kreisbehörde auch auf absehbare Zeit nicht gelingen, die betroffenen Menschen wieder in Lohn und Brot zu bringen. Foto: dpa

Fast zwei Drittel der Langzeitarbeitslosen sind wohl auch in kommunaler Regie kaum zu vermitteln.

Ludwigsburg - Bei einem ersten Zwischenbericht zur Arbeit des seit Januar in eigener Regie geführten Jobcenters hat der Landkreis Ludwigsburg ein ernüchterndes Fazit gezogen: Bei fast zwei Dritteln der betreuten Langzeitarbeitslosen wird es aus Sicht der Kreisbehörde auch auf absehbare Zeit nicht gelingen, die betroffenen Menschen wieder in Lohn und Brot zu bringen.

Die Integration in den Arbeitsmarkt ist nach Einschätzung von Sozialdezernent Heiner Pfrommer bei etwa 60 Prozent der Jobcenter-Kunden auch im kommenden Jahr „unwahrscheinlich“. Der für die Betreuung der Hartz-IV-Klientel zuständige Bereichsleiter sprach am Freitag im Kreistag von der „Herausforderung einer schwieriger werdenden Kundenstruktur“. Übersetzt aus dem Verwaltungsdeutsch heißt das, dass die 220 Mitarbeiter im kommunal geführten Jobcenter deutlich mehr Problemfälle unter den etwa 5800 vom Arbeitslosengeld II betroffenen Personen haben als angenommen.

Gute Konjunktur beschert Erfolgsbilanz

Der Hintergrund: Durch den wirtschaftlichen Aufschwung ist die Arbeitslosenquote im Kreis Ludwigsburg zwar auf vergleichsweise moderate 3,8 Prozent gesunken. Die gute Konjunktur hat dem Landratsamt zum Start des Jobcenters gleichsam automatisch eine Erfolgsbilanz beschert. Zwischen Oberriexingen und Oberstenfeld sind momentan nicht mal 10.600 Menschen ohne Arbeitsstelle, der Besigheimer Bürgermeister Steffen Bühler sprach für die CDU-Fraktion gar von „Vollbeschäftigung“.

Doch an der Situation der Langzeitarbeitslosen hat sich durch den Aufschwung wenig geändert – wer etwa wegen Alkohols, Drogen oder Psycho-Problemen nicht regelmäßig am Arbeitsplatz erscheint, hat auch bei guter Konjunktur bald Schwierigkeiten, Jobsucher jenseits der 50-Jahre-Grenze oder Jugendliche ohne Schulabschluss und Ausbildung hoffen auch bei Fachkräftemangel vergeblich auf eine Stelle. „Es wird deutlich, wie sehr wir durch die Entscheidung für die Optionskommune in die Pflicht gekommen sind“, urteilte der frühere Hemminger Rathauschef Werner Nafz für die Freien Wähler.

Zwei Millionen Euro für Eingliederung Langzeitarbeitsloser

Für eine fundierte Bilanz zur Arbeit des Jobcenters ist es ohnehin noch zu früh. In den ersten vier Monaten nach dem Abschied von der Arbeitsagentur hatten die für die Vermittlung der Langzeitarbeitslosen zuständigen Mitarbeiter vor allem mit der Umstellung des EDV-Systems zu tun, nach wie vor sind nicht alle Datensätze überspielt.

Laut Landrat Rainer Haas sind auch die bewilligten 30 neuen Stellen noch nicht besetzt. Sozialdezernent Pfrommer sprach dennoch von einem gelungenen Start. Die neue konzeptionelle Ausrichtung werde Früchte tragen, auch die Schuldnerberatung im Jobcenter und die gezielte Suche nach Zusatzjobs bei den Firmen im Kreis hätten sich positiv entwickelt.

Ludwigsburg hat für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen in diesem Jahr gut 8,2 Millionen Euro zur Verfügung. Auch in Stuttgart kümmert sich das Rathaus seit dem Jahreswechsel selbst um die insgesamt 38.622 Hartz-IV-Empfänger. Für Leistungen zur Eingliederung stehen 21 Millionen Euro bereit. Allerdings sieht Christopher Haag vom Stuttgarter Jobcenter die düstere Quote bei kaum vermittelbaren Langzeitarbeits-losen auf einem ähnlichen Niveau.