Die Königstraße beleuchtet von orange-roten Flammen Foto: Lichtgut/Heinz Heiss

Die Königstraße ist am Samstagabend nach 20 Uhr nicht nur orange beleuchtet, sondern auch voll: Bis zu 250 000 Menschen lockt die lange Einkaufsnacht in die City. Der Bahnstreik und der damit verbundene Notfallfahrplan hat die  Besucher nicht abgeschreckt.

Stuttgart - Der Bahnstreik ist am Samstagabend offiziell beendet, doch die S-Bahnen verkehren dennoch nur im Stundentakt. Einige Linien, wie die S 3 aus Backnang, enden weiterhin noch vor der Haltestelle Hauptbahnhof, und die Fahrgäste müssen mit der U-Bahn ins Zentrum fahren. Auf dieses Abenteuer haben sich viele Besucher gar nicht erst eingelassen, sondern sind aufs Auto umgestiegen, weswegen die Parkhäuser in Innenstadtnähe gut gefüllt sind. „Mit knapp 250 000 Besuchern haben wir eindeutig einen neuen Rekord aufgestellt“, resümiert City-Managerin Bettina Fuchs.

Mit vielen Aktionen versuchen die Händler an diesem Abend, Kundschaft in die Geschäfte zu locken und damit vielleicht auch der Konkurrenz der neuen Shopping-Center Milaneo und Gerber zu trotzen. So gibt es in der Yeans Halle auf der Königstraße beim Kauf von zwei T-Shirts eine kleine Tätowierung gratis. Diese wird dann live im Schaufenster gestochen. Eine Aktion, die „super ankommt“, wie Robert Willich von der Pressestelle bekräftigt. „Die Leute stehen zuerst am Schaufenster und kommen dann in den Laden“, sagt Willich. Auch das vielfältige Programm der City-Initiative Stuttgart (CIS) zieht die Kunden an. „Die Kunden wissen, wo die Highlights in der Stadt sind“, sagt Joachim Aisenbrey, Geschäftsführer von Breuninger. Das Traditionskaufhaus verzeichnet im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von drei Prozent.

Um die beiden neuen Einkaufscenter mit der Königstraße zu verbinden, hatte die CIS auch in der Marienstraße und am Mailänder Platz beleuchtete Lichtkegel aufgestellt. In den Centern selbst scheint es zu später Stunde ruhiger zu sein als auf der Königstraße. „Die weitläufigen Gänge im Gerber sorgen dafür, dass sich der Besucherstrom verteilt. Mit dem Verlauf sind wir sehr zufrieden“, erzählt Center-Manager Oliver Grünwald. Auch Andrea Poul, Center-Managerin vom Milaneo, ist „super glücklich“ mit der ersten langen Einkaufsnacht. „Wir haben 100 000 Besucher gezählt“, sagt sie.

Die CIS erhoffte sich für die lange Einkaufsnacht einen regen Austausch zwischen den neuen Einkaufscentern und den etablierten Händlern in der Innenstadt. Aus diesem Grund forderte sie vor allem die kleinen Geschäfte auf, mitzuziehen und damit eine „Ära der Solidarität und Geschlossenheit einzuläuten“. Bis zu 90 Prozent aller Händler seien dabei, prognostizierte Bettina Fuchs im Vorfeld. Nach 22 Uhr sind jedoch die Schaufenster der Geschäfte in der Eberhardstraße alle dunkel. „Wir können natürlich niemanden zwingen. Letztendlich sind die Händler für sich selbst verantwortlich“, sagt die City-Managerin. Auch in der Hirschstraße schließen einige Läden um diese Uhrzeit. „Wir hatten kurz überlegt, früher zu schließen, falls wegen des Bahnstreiks wenig los sein würde. Aber unsere Umsätze sind sogar höher als beim letzten Mal“, erzählt Filialleiter Thomas Braun von der Buchhandlung Osiander.

Die lange Einkaufsnacht bringt den kleinen Geschäften viel Laufkundschaft, die sonst nicht vorbeischauen würde. „Für uns lohnt es sich schon, wenn wir an einem solchen Abend nur zehn Kunden ausführlich beraten können. Diese kommen dann an einem anderen Tag wieder“, sagt Uli Bühler vom gleichnamigen Geschäft in der Hirschstraße. Trotzdem würde auch er sich wünschen, dass noch mehr Händler mitmachen. Dann kämen vielleicht noch mehr Kunden in die Seitenstraßen der Königstraße. Und die Konkurrenz durch die beiden Einkaufscenter? „Für uns haben sie keine spürbaren Auswirkungen. Es scheint genug Kundschaft für alle zu geben“, sagt Thomas Braun und teilt damit die Meinung der meisten Händler an diesem Abend.