Eine Kuh steht auf der Weide. Das Forum Pro Schwarzwaldbauern strebt eine faire Landwirtschaft an. Foto: © stadelpeter – stock.adobe.com

Das Forum Pro Schwarzwaldbauern strebt eine faire Landwirtschaft an. Nun erörterte Vorstandsmitglied Siegfried Jäckle, was bäuerliche Kultur zu leisten vermag.

St. Georgen-Oberkirnach - Er war schon ein Rebell in seiner beruflichen Zeit: Schwarzwaldbauer Siegfried Jäckle vom Spittelhof in St. Georgen-Oberkirnach ist seit Jahrzehnten einer der Vorkämpfer für die bäuerliche Landwirtschaft im Schwarzwald. Er war 37 Jahre als Landwirtschaftsberater tätig und ist Vorstandsmitglied des Forums Pro Schwarzwaldbauern

Wie können wir Landwirtschaft fair und zukunftstauglich gestalten – für Menschen, Umwelt, Tiere und Pflanzen? Dieser Frage geht die bäuerliche Vereinigung intensiv auf den Grund. Stets geht es bei den Treffen und Vorträgen darum, wie Bio, Regional und Fair nicht nur Schlagworte im Marketing bleiben, sondern wie Bauernhöfe zu Übungsorten für eine nachhaltige Kultur werden können. Von Beginn an sorgte Jäckle dafür, dass vor allem zu den Aschermittwochsgesprächen, zu denen das Forum seit mehr als 20 Jahren ins Brigachhaus einlädt, hochkarätige Dozenten kommen. Jäckle ist in Deutschland bekannt bis hinein in Regierungskreise, im Ausland überall dort, wo es um bäuerliche Landwirtschaft geht.

Kleine Höfe sind im Nachteil

Dabei geht es ihm vor allem darum, zu zeigen, was bäuerliche Kultur zu leisten vermag – und was in vergleichbaren Regionen außerhalb Deutschlands möglich ist. Dabei geht es natürlich häufig um schweizerische oder österreichische Wissenschaftler und Projekte, doch selbst die Anden und die dortige bäuerliche Existenz waren schon Thema bei den Mitgliedern.

2002 sei seitens der UNO zum "internationalen Jahr der Berge" erklärt worden – Fördermaßnahmen der Europäischen Union gingen aber jahrzehntelang vorwiegend in die so genannten "Gunstlagen". Grund dafür waren schon die Förderrichtlinien, bei denen vorwiegend die bewirtschaftete Fläche zu Grunde gelegt wurde. "Da sind die Landwirte mit riesigen Flächen deutlich im Vorteil, Schwarzwaldhöfe haben selten größere Flächen zu Bewirtschaftung", war die Aussage des Forums. Schon 2002 hatte auch Hans Haid, der in Österreich ähnlich wie Jäckle im Schwarzwald, gemahnt hat, zuerst gehe die Kuh, dann die Kultur. Denn wie im Schwarzwald gibt es auch in den Alpen genügend Flächen, die ausschließlich durch Beweidung offen gehalten werden können. "Deshalb hatten wir zum Aschermittwochsgespräch 2002 den Alpenrebell Hans Haid eingeladen." Der Volkskundler, Schriftsteller und Bergbauer hatte zuvor die touristische Inszenierung der Berge mit dem Satz "Erst geht die Kuh und dann die Kultur" auf den Punkt gebracht, so Jäckle. Weil Haids Kernaussagen nach 20 Jahren noch aktuell sind, zitiere er ihn immer wieder gerne.

Endloser Glaube an Wachstum in der Politik

Vor einigen Wochen hatten die Forumsmitglieder ein Zitat aus einem Entwurf des Jahreswirtschaftsberichts erhalten, das besagt, dass das Bruttosozialprodukt keine hinreichende Voraussetzung für nachhaltigen Wohlstand sei. Zwei Wochen später bei der Vorstellung dieses Berichtes im Bundestag sei davon keine Rede mehr. Ein Zeichen, wie in der Politik der Glaube an endloses Wachstum des Bruttosozialprodukts herrsche, obwohl immer spürbarer werde, dass diese Rechnung ohne Klima, Umwelt, Viren und bäuerlicher Landwirtschaft gemacht sei. "Wir erinnern an Christian Hiß, der uns beim Aschermittwochsgespräch vor zwei Jahren ›Richtig Rechnen‹ als Voraussetzung für eine nachhaltige Entwicklung erklärt hat."

Grünland- und Bergregionen sind Stiefkinder

Ein wenig Licht am Horizont sieht Jäckle mit der neuen Bundesregierung: "Eine strategische Allianz von Umwelt und Landwirtschaft haben Umweltministerin Steffi Lemke und Landwirtschaftsminister Cem Özdemir kürzlich verkündet. Weil wir das für überfällig begrüßen und es nicht bei der Ankündigung bleibt, haben wir beide mit einem Brief auf brennende Handlungsfelder in ihren Administrationen hingewiesen. So würden bei der Administration der Direktzahlungen Landwirtschaft und Naturschutz durch die Bruttoflächenbestimmung gespalten und damit die Bauern gedemütigt. In der Agrar- wie Klimapolitik seien Grünland- und Bergregionen mehr denn je Stiefkinder, obwohl Grünland eigentlich die einzige klimapositive, weil humusaufbauende Kultur sei. Und die Allianz zwischen Landwirtschaft und Umwelt könne nur gelingen, wenn die ökologisch blinde Ökonomie zum "richtig Rechnen" erweitert werde, wie Hiß vorschlägt.

Zwar nicht im Rahmen der Aschermittwochsgespräche, aber passend zum Zeitpunkt brachten sich Siegfried Jäckle und das Forum Pro Schwarzwaldbauern mit diesen kritischen Worten wieder in Erinnerung.