Die Demonstrationen der Landwirte haben auch im Kinzigtal vor einem Jahr für Aufmerksamkeit gesorgt. Was erreicht wurde und was noch zu tun ist – der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband und der Gutacher Landwirt Florian Wöhrle bewerten.
Die Straßen sind voll von Traktoren, an den Wegrändern befinden sich große Banner, an den Ortsschildern hängen Gummistiefel, auf einigen Feldern sind große Installationen platziert – in ganz Deutschland protestierten Landwirte im Jahr 2024. Mit den Demonstrationen und Mahnfeuern machten sie auf Missstände aufmerksam. Florian Wöhrle, Landwirt aus Gutach, war eine der treibenden Kräfte hinter den Protesten im Kinzigtal und erklärt, warum der Widerstand so wichtig ist: „Ohne Landwirtschaft gibt es kein Leben.“
2024 organisierten die Bauern im Kinzigtal einige Traktorenfahrten, bei denen insgesamt rund 500 Teilnehmer auf die Straße gingen. Ziel war es, der Bevölkerung „zu zeigen, dass es so nicht weitergeht“, erklärt Wöhrle.
Die Proteste im Kinzigtal waren freiwillig und die Resonanz aus der Landwirtschaft war durchweg positiv, so der 42-Jährige. „Viele Kollegen haben sich angeschlossen“, berichtet er. Er selbst betreibt im Nebenerwerb ein eigenes Schlachthaus. Gemeinsam mit Kollegen habe er sich um die Organisation der Proteste im Kinzigtal gekümmert, denn: „Nur Jammern bringt auch nichts.“
Die Landwirte sehen schon einige Fortschritte in der politischen Diskussion
Die Demonstrationen haben Wirkung gezeigt: Themen wie der Agrardiesel und Bürokratie-Abbau schafften es in die politische Agenda in Deutschland und wurden breit diskutiert. Der Agrardiesel, eine zentrale Subvention für die Landwirtschaft, steht für die Steuerentlastung beim Treibstoff-Verbrauch in landwirtschaftlichen Maschinen, heißt es in einer Mitteilung des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV). Eine geplante Kürzung dieser Beihilfen hätte viele Betriebe vor massive wirtschaftliche Herausforderungen gestellt.
Durch den öffentlichen Druck der Protestbewegung wurde die Kürzung jedoch zunächst aufgeschoben und eine mögliche Wiedereinführung der bisherigen Regelung wird derzeit geprüft. Auch beim Bürokratieabbau gab es Fortschritte: Auf Initiative der Bundesländer reichten die Landwirtschaftsverbände 194 konkrete Vorschläge zur Entlastung beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ein, so die Mitteilung weiter. Erste Maßnahmen wurden bereits umgesetzt, darunter die Aussetzung der umstrittenen Stoffstrom-Bilanz, die viele Betriebe mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand belastet hatte. Der BLHV zieht entsprechend eine positive Bilanz und sieht in diesen Entwicklungen einen ersten Schritt in die richtige Richtung, wie es in der Mitteilung des Verbands heißt.
Es gebe noch weitere Herausforderungen für die Landwirtschaft
Doch es gibt auch Kritikpunkte. So stößt das Handelsabkommen mit Südamerika auf großen Widerstand: „Während wir mit höchsten Standards produzieren, wird billiges, qualitativ minderwertiges Fleisch importiert“, bewertet Wöhrle die Situation. Der Appell der Landwirte ist klar: Die Bevölkerung soll mehr regional und saisonal einkaufen, um die hiesigen Landwirte zu unterstützen.
„Wir dürfen uns darauf nicht ausruhen. Die Herausforderungen für unsere Betriebe bleiben gewaltig, und die vorgezogene Bundestagswahl ist die Chance, unsere Anliegen klar zu platzieren“, wird der BLHV-Präsident weiter zitiert.
Mahnfeuer
Am Mittwoch, 8. Januar, werden Mahnfeuer entzündet, um Bilanz zu ziehen und den Dialog mit der Bevölkerung zu suchen, heißt es in der Mitteilung des BLHV. „Wir wollen zeigen, dass unsere Arbeit noch lange nicht getan ist“, wird BLHV-Präsident Bernhard Bolkart in der Pressemitteilung zitiert. Mahnfeuer soll es beispielsweise in Lahr und Freiburg geben.