Johannes Schwarz, Sandra Detzer und Nele Willfurth (unten) bei der KonferenzFoto: Grüne Foto: Schwarzwälder Bote

Seit Ende des Zweiten Weltkriegs ging das Direktmandat im Wahlkreis Calw stets an die CDU. Das will der Grünen-Kandidat Johannes Schwarz bei der Landtagswahl am 14. März ändern. Prominente Unterstützung erhielt er nun von der Landesvorsitzenden Sandra Detzer – bei einem Termin, der vor 20 Jahren noch ziemlich ungewöhnlich gewesen wäre.

Gechingen - Johannes Schwarz (50) ist nicht neu im politischen Geschäft. Seit 16 Jahren sitzt er im Calwer Kreistag – ist Fraktionsvorsitzender der Grünen. Und dennoch ist dieser Wahlkampf für ihn ungewohnt. Nicht nur wegen der Corona-Pandemie, sondern auch, weil die Menschen inzwischen ganz anders auf die Grünen reagieren würden – auch im konservativen Landkreis Calw, in dem die CDU seit Ende des Zweiten Weltkriegs stets das Direktmandat geholt hat. "Die Zeiten, in denen wir an jeder zweiten Stelle zurückgewiesen wurden, sind vorbei", betont Schwarz.

Ein weiteres Indiz

Prominente Unterstützung erhielt er in dieser Woche von Sandra Detzer. Die Landesvorsitzende der Grünen besuchte den Kreis Calw – zumindest digital. Gemeinsam mit Schwarz, der Zweitkandidatin Nele Willfurth und den beiden Kreisverbandssprechern Anke Much und Philipp Jourdan diskutierte sie mit der Unternehmensleitung von Dürr Optotronik, dem größten Arbeitgeber in Gechingen. Für Schwarz ein weiteres Indiz, dass sich die politische Landschaft geändert hat: "Auch solche Firmengespräche waren früher kaum möglich."

Detzer kann das nur unterstreichen. "Wir sind in der Fläche von Baden-Württemberg angekommen und spielen nicht mehr die Rolle einer Nischenpartei", sagt die Landesvorsitzende, die derzeit in fast allen Wahlkreisen Präsenz zeigt. Was sie dort erlebt, stimme sie zuversichtlich: "Wir Grüne sind noch nie so stark in eine Wahl gegangen." Im Vordergrund steht für sie dabei klar der Klimaschutz: "Ministerpräsident Kretschmann geht bei der Pandemie-Bekämpfung sehr umsichtig vor. Wir wollen es aber nicht versäumen, auch über andere wichtige Zukunftsthemen zu sprechen. Die Klimakrise kann man nicht wegimpfen."

Langer Schlussspurt

Klar ist aber auch für die Grünen-Chefin: Der Wahlkampf an sich steht durch die Corona-Pandemie unter völlig anderen Vorzeichen. "Dieser Wahlkampf ist früher, digitaler und mit Abstand", erklärt Detzer. Weil es mehr Briefwähler als jemals zuvor geben wird, laufe der Wahlkampf schon seit Beginn des Jahres. Die Landesvorsitzende verdeutlicht: "Diesen klassischen Schlussspurt gibt es nicht. Der Endspurt dauert dieses Mal sechs Wochen." Einen kleinen Vorteil gebe es jedoch: Da geschätzt 85 Prozent der Wahlkampfveranstaltungen der Grünen digital stattfinden, erreiche man so mehr Leute.

Weitgehend digital läuft auch der Wahlkampf des Kandidaten aus dem Kreis Calw ab. Vier bis fünf Stunden pro Werktag, schätzt Schwarz, verbringe er vor dem Bildschirm. "Ich habe mich aber schnell damit angefreundet", meint Schwarz und bestätigt Detzers Eindruck: "Wir erreichen jetzt mit unseren digitalen Veranstaltungen viele Leute, die nicht aus der grünen Blase kommen." Dennoch habe es sich der in Stammheim lebende Architekt, der seit 2000 Mitglied bei den Grünen ist, nicht nehmen lassen, gemeinsam mit dem Kreisverband ganz analog Flyer zu verteilen. "Bis in den hintersten Winkel des Schwarzwalds", wie Schwarz sagt.

Nächste Jahre entscheiden

Ganz analog lief in dieser Woche auch das TV-Duell zwischen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Herausforderin Susanne Eisenmann (CDU) ab. Detzer habe dabei einen klaren Gewinner gesehen: "Unser Ministerpräsident war sehr souverän. Ich hatte phasenweise den Eindruck, Frau Eisenmann wäre gar nicht an der Regierung beteiligt. Wichtige Themen des Klimaschutzes und des inneren Sicherheit wurden aber nicht angesprochen." Schwarz, der wegen einer Podiumsveranstaltung von "Fridays for Future" die ersten Minuten des TV-Duells verpasst hatte, fand: "Ich konnte mich sehr gut mit Winfried Kretschmann identifizieren. Er war souverän und überzeugend."

Hofreiter-Vorstoß begrüßt

Genau wie im TV-Duell kam auch bei Detzers digitalem Besuch im Kreis Calw der Vorstoß zum Verzicht auf Einfamilienhäuser des grünen Bundestags-Fraktionschefs Anton Hofreiter zur Sprache. Schwarz betont: "Ich gestehe, dass auch ich als Architekt mein Geld hin und wieder mit Einfamilienhäusern verdiene. Trotzdem: Wir sollten die Tendenz in Richtung Nachverdichtung verstärken. Auch bei uns im Kreis Calw kann es so nicht weitergehen." Dies könne aber nicht von heute auf morgen geschehen, auch die Planungshoheit einer Gemeinde wolle man nicht aushebeln. Dennoch: Als Störfeuer im Wahlkampf empfinde Schwarz den Hofreiter-Vorstoß nicht – im Gegenteil. Er selbst hatte den Flächenverbrauch bereits im September 2020 in seinem Rundbrief thematisiert – noch vor Hofreiter. "Ich bin froh, dass das Thema jetzt auf dem Tisch ist", begrüßt Schwarz den Vorstoß und kritisiert: "Dass die CDU da so plump draufhaut, zeigt, dass sie unsere Zukunftsthemen nicht im Blick hat."

"Geht nicht um Prozente"

Für die Landtagswahlen am 14. März hat sich Schwarz etwas Historisches vorgenommen: Zum ersten Mal seit Kriegsende soll sich die politische Farbe des Landkreises ändern. Er will dem CDU-Kandidaten Thomas Blenke das Direktmandat abjagen. "Völlig klar: Es geht mir nicht um Prozente, sondern um den ersten Platz im Kreis Calw. Anders komme ich ja auch gar nicht in den Landtag", verdeutlicht Schwarz und zeigt auf: "Wir sind gut vorgedrungen in diesen schwarzen Landkreis. Besser gesagt: ehemals schwarzen Landkreis."