Da schaut Kanzlerin Angela Merkel ganz genau hin: Auch in der Medizintechnik hat die 3D-Drucktechnik längst Einzug gehalten. Foto: Hahn

Im Endspurt aller Parteien geht es um jede Stimme. Politische Botschaft bleibt vorerst aus. SPD setzt auf Brezeln.

Tuttlingen/Stuttgart - Zwar kristallisieren sich erste Trends heraus, aber Umfragen sind bekanntlich keine Ergebnisse. Deshalb heißt es für alle Wahlkämpfer im Südwesten, das Letzte zu geben. Kurz vor der Landtagswahl am Sonntag zeichnet sich nämlich noch immer keine eindeutige Stimmungslage bei den Wählern im Südwesten ab. Aktuelle Umfragen zeigen unterschiedliche Ergebnisse zu den Chancen einer zweiten Amtszeit der grün-roten Regierung unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Die Grünen liegen jedoch in der Gunst der Wähler weiter vor der CDU. Die Parteien setzten unterdessen zum Wahlkampf-Endspurt an.

Allen voran die CDU, für die Bundeskanzlerin und Parteivorsitzende Angela Merkel im Wahlkampf-Endspurt gleich mehrere Male im Land unterwegs ist, um für den CDU-Spitzenkandidaten Guido Wolf (Tuttlingen) die Werbetrommel zu rühren. Am Donnerstagnachmittag ist Merkel in Tuttlingen zu Gast – wohlgemerkt als Bundeskanzlerin, nicht als CDU-Vorsitzende. Auf diese Feststellung wurde bereits im Vorfeld vom Bundespresseamt enormer Wert gelegt. Wieso? Das bleibt bis zum Ende ihres knapp einstündigen Besuchs in der Donaustadt die große Frage. Immerhin bittet sie ihren Fraktionschef im Bundestag, Volker Kauder (CDU), und Guido Wolf gegen Ende ihres Besuchs doch noch nach vorne, winkt ab, als Kauder meint, "das dürfen wir doch nicht". Zuvor waren Kauder, Wolf & Co. in einer separaten Gruppe – strikt von der Kanzlerin getrennt – durch das Tuttlinger Unternehmen geführt worden.

Die politische Botschaft des Nachmittags? Die bleibt zunächst aus. "Wir können stolz darauf sein, hier in Deutschland solche Weltmarktführer zu haben", sagt Merkel, die müde wirkt zwischen EU-Gipfel und Wahlkampf-Terminen. Als Aesculap-Chef Hanns-Peter Knaebel jedoch die Flüchtlingspolitik anspricht und ihr versichert, dass sowohl Aesculap als auch der gesamte B.Braun-Konzern mit seinen rund 56.000 Mitarbeitern hinter ihrer Flüchtlingspolitik stehe, lächelt Merkel. "Danke für diese Aussage. Es ist sicherlich nicht immer leicht. Aber wenn Unternehmen offen sind wie hier, dann werden auch Leute gefunden, die die entsprechenden Angebote annehmen", sagt Merkel mit Blick auf die von Knaebel genannten Anstrengungen, Flüchtlingen Arbeitsmöglichkeiten zu bieten. Mehr will sie nicht sagen, nicht zu den bevorstehenden Wahlen, nicht zur Flüchtlingskrise und auch nichts zu den Verhandlungen mit der Türkei, schließlich wartet schon die Dienstlimousine, um sie zum Hubschrauber zu bringen.

Knapp zwei Stunden später spricht die Kanzlerin in Aalen (Ostalbkreis) vor rund 1200 Menschen und ruft Flüchtlinge zu einem Bekenntnis zur deutschen Rechtsordnung und zur Integration auf. Die CDU habe eine breite Debatte über Leitkultur geführt, sagte Merkel gestern vor etwa 1200 Besuchern. "Wann, wenn nicht jetzt, ist die Zeit, wo wir uns unserer eigenen Leitkultur wieder vergewissern und sie anderen auch erzählen – und damit andere auch überzeugen." Morgen kommt Merkel zum Wahlkampfausklang nach Haigerloch (Zollernalbkreis), Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist heute Abend in Donaueschingen zu Gast.

Um das Ergebnis noch nach oben zu schrauben, setzen die Sozialdemokraten zum Beispiel auf Brezeln. Brezeln? Richtig: Das SPD-Regierungsteam und alle Landtagskandidaten verteilen gestern an Werkstoren im ganzen Land Brezeln. "Jetzt geht es darum, die letzten 72 Stunden zu nutzen, um Nichtwähler und Spätentschlossene in Baden-Württemberg kräftig zu mobilisieren", sagt SPD-Landeschef Nils Schmid. Bei den Südwest-Grünen herrscht dagegen Siegesstimmung: "Die Umfrage zeigt: Grün-Rot hat eine Mehrheit. Wir werden trotzdem nicht nachlassen und weiter um jede Stimme kämpfen", sagen die Landeschefs Thekla Walker und Oliver Hildenbrand. Neben Infoständen stehen bei den Grünen wie bei der FDP Hausbesuche auf der Agenda. Grünen-Spitzenkandidat Kretschmann ist unter anderem heute noch in Lörrach und Freiburg auf Wahlkampftour.

Bleibe die SPD bei einem zwar verbesserten, aber immer noch blamablen Ergebnis, werde Parteichef Nils Schmid die Konsequenzen ziehen müssen, prognostiziert der Tübinger Politologe Hans-Georg Wehling. Die Genossen leiden nach Wehlings Überzeugung darunter, dass der klassische Malocher im Südwesten ein Auslaufmodell sei. Aber auch bei der CDU wird der Spitzenkandidat Guido Wolf nach Wehlings Worten nicht ungeschoren davonkommen, sollte eine Regierungsbildung unter CDU-Führung nicht möglich sein: "Wolf muss damit rechnen, das schwarze Schaf zu werden."

Und was machen die anderen Parteien? Die FDP kann mit dem Wiedereinzug in den Landtag rechnen. Um sicher zu gehen, werfen sich aber auch die Liberalen weiter ins Zeug. Bis zum Schluss trommelt auch die AfD. Parteichefin Frauke Petry kommt morgen noch nach Offenburg.