Ein Wahlprogramm? Nein, FDP-Chef Hans-Ulrich Rülke stellt gleich ein Regierungsprogramm beim Parteitag vor. Mit wem er sich das vorstellen kann, ist offensichtlich.
Welches Ziel FDP-Landeschef Hans-Ulrich Rülke in diesem Wahlkampf verfolgt, macht er beim kleinen Parteitag in Donaueschingen gleich zu Beginn seiner Rede klar: „Wir haben ein Regierungsprogramm aufgestellt“, sagt der 64-Jährige, der auch als Spitzenkandidat antritt, und erklärt am Rande des Parteitags, welche Position er sich in der nächsten Landesregierung vorstellen könnte: ein starkes Wirtschaftsministerium mit den Bereichen Verkehr und Wohnungsbau. „Das sind die Kernkompetenzen der FDP und auch meine persönliche Kernkompetenz“, so Rülke. Auch Energiepolitik sehe er als Teil der Wirtschaftspolitik.
Von „Sein oder Nicht-Sein“ zur Regierungsbeteiligung?
104 Delegierte kamen am Samstag beim Landeshauptausschuss in Donaueschingen zusammen, um über das Wahlprogramm zur Landtagswahl am 8. März 2026 zu entscheiden. Der FDP-Chef schlug dort deutlich selbstbewusstere Töne an als im Sommer, als er von der „Mutter aller Wahlen“ für die Liberalen gesprochen hatte – und dass es um „Sein oder Nicht-Sein für die FDP“ gehe.
Nach der Schlappe bei der Bundestagswahl bangen die Liberalen auch im Land um den Einzug ins Parlament. Die FDP kratzte zuletzt in Umfragen nur noch an der Fünf-Prozent-Hürde. Allerdings sind Umfragen fünf Monate vor der Landtagswahl noch mit Unsicherheiten behaftet. 2016 und 2021 drehte sich die Stimmung nach diesem Zeitpunkt noch einmal. Das schürt ganz offensichtlich die Hoffnung des FDP-Chefs. Er spricht trotz der mauen Werte über mögliche Koalitionsmöglichkeiten. Mit wem der Liberale am liebsten regieren würde, daraus macht er keinen Hehl: ein bürgerliches Bündnis mit CDU-Spitzenkandidat Manuel Hagel, mit dem Rülke seit ein paar Jahren im Sommer demonstrativ und immer von Kameras begleitet wandern geht.
Allerdings schloss der FDP-Chef zuletzt wenige Koalitionsvariationen aus: Vor der Wahl wolle er Brücken bauen, um am Ende eine funktionierende Landesregierung zu ermöglichen, betonte er am Samstag. Eine Lehre aus er gescheiterten Ampel auf Bundesebene. Kurz vor dem Parteitag hatte Rülke gesagt, um eine Regierung mit der AfD zu verhindern, wäre er auch bereit, mit den Grünen zu kooperieren. Er ließ aber auch durchblicken, dass er keine Sympathien für ein Ampelbündnis auf Landesebene hegt.
Inhaltlich zieht die FDP allerdings klare Grenzen zu grünen Positionen: Die von Grün-Schwarz eingeführte Solarpflicht bei Neubauten und Sanierungen und die Flächenausweisung für die Windkraft, das machte Rülke deutlich, hält er für entbehrlich. In der Bildungspolitik will er die gerade erst beschlossene Abschaffung der Werkrealschule wieder rückgängig machen und sprach von einer „grünen Ideologie von der einen Schule“. Die FDP hat sich immer für ein klares dreigliedriges Schulsystem ausgesprochen. Deutlich näher ist die FDP inhaltlich der CDU. Den Vorschlag von Manuel Hagel, Verwaltungsebenen abzuschaffen, arbeitete Rülke gleich mit Jahreszahlen aus. Im schwebt eine Abschaffung der Regionalverbände bis 2031 und eine Abschaffung der Regierungspräsidien bis 2036 vor.
Bürokratieabbau und Verkehr seien für die FDP die Topthemen, betonte Rülke. Der Unterstützung beim Kampf gegen das Verbrenner-Aus kann sich CDU-Landeschef Manuel Hagel sicher sein. Daneben spricht sich die FDP für eine umfassende Digitalisierung der Verwaltung aus. Und obwohl der FDP-Chef aus Gründen der Macht-Arithmetik gegen neue Ministerien wetterte, wollen die Liberalen für den Bürokratieabbau ein eigenes Ministerium schaffen, das sich um diese Aufgaben kümmert. Eine Idee, die nicht bei allen Delegierten auf Gegenliebe stieß.
Auch bei einer Experimentierklausel, die eine Aussetzung der Landesbauordnung in einzelnen Kommunen möglich machen soll, wurden Bedenken laut – die sich aber nicht durchsetzten. Und mancher FDP-Delegierte scheint sich dann doch nicht so sicher zu sein, ob das mit der Regierungsbeteiligung am Ende klappt. Denn auch der Vorschlag, eine Enquete-Kommission ins Wahlprogramm aufzunehmen, die der Landesregierung beim Bürokratieabbau auf die Finger schauen soll, stieß auf Zustimmung. Und Enquete-Kommissionen sind in der Regel doch ein Instrument der Opposition.