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Tierarzt bekommt kein Schmerzensgeld dafür, dass ihn in Bad Urach eine Kuh beim Spritzen verletzte.

Tübingen - Der Tatort: Ein Kuhstall auf der Schwäbischen Alb. Die Verdächtigen: 60 Mutterkühe, 48 von ihnen allerdings mit wasserdichtem Alibi. Das Opfer: Ein Tierarzt, der die Herde gegen die Blauzungenkrankheit impfen wollte. Doch seine Spritze wurde dem 51-Jährigen wohl zum Verhängnis.

Denn eine Kuh wollte sich den Pikser nicht fallen lassen, trat zu - und verletzte den Arzt so schwer, dass der wochenlang krankgeschrieben war. Mit seiner Klage vor Gericht hatte der Tierarzt am Dienstag trotzdem keinen Erfolg. Und das lag nicht nur daran, dass kein Zeuge die „Täterin“ unter den 60 Kühen identifizieren konnte.

Als der Tierarzt im Hochsommer 2008 zu dem Hofgut in Bad Urach (Baden-Württemberg) fuhr, lief im Kuhstall zunächst alles nach Plan. Die Tiere wurden an die Futtertröge gelockt, dann schnappten Gitter zu, so dass sie mit dem Kopf fixiert waren. Einer Kuh nach der anderen verabreichte der Arzt die Spritze.

Beim Anblick der Spritze in Panik geraten

48 Mal ging das gut. Doch dann kamen die Tiere an die Reihe, die keinen Platz an den Futtertrögen gefunden hatten und frei im Stall herumliefen. Eine dieser 12 Kühe geriet beim Anblick der Spritze wohl in Panik, trat dem Tierarzt mit aller Wucht gegen das linke Bein und verletzte ihn so schwer, dass der Mann in Ohnmacht fiel. Der Veterinär erlitt einen Innen- und Kreuzbandriss, musste im Krankenhaus operiert werden.

Was folgte, war ein langer Streit ums Geld. Schließlich zog der Arzt vor Gericht und forderte vom Besitzer der Tiere mehr als 26.000 Euro Schmerzensgeld und Schadenersatz. Immerhin habe er es zu verantworten, dass es nicht genügend Plätze gab, um alle Kühe zu fixieren, hieß es in der Klage.

"Das ist ähnlich wie bei einem Dachdecker"

Doch Richter Johannes Munding konnte bei dem Kuh-Halter keine Schuld erkennen. Der Tierarzt sei schließlich selbst vom Fach. „Er hätte sagen können: Die Tiere müssen fixiert werden, vorher impfe ich sie nicht“, sagte Munding in der Urteilsbegründung. „Das ist ähnlich wie bei einem Dachdecker: Der muss auch aufpassen, dass er nicht runterfällt.“

Die rabiate Kuh hat von dem ganzen Trubel vor Gericht nichts mitbekommen. Der Anwalt des Tierarztes hatte ihr in dem Prozess schmunzelnd „Unfallflucht“ vorgeworfen. Doch auch der Richter machte sich keine große Mühe, den Kreis der möglichen Übeltäterinnen noch weiter einzugrenzen - denn juristisch gesehen war die Frage nach dem Täter ausnahmsweise mal völlig irrelevant. Der Kuh hat ihre Gegenwehr aber nichts gebracht. Die Spritze gegen die Blauzungenkrankheit musste sie - wenn auch unerkannt - trotz allem über sich ergehen lassen.