Der Beschuldigte zeigte sich vor der Urteilsverkündung einsichtig Foto: Archivbild Günther

Der rasende Autodieb von Sulz wird dauerhaft in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht. Mit diesem Urteil folgte das Landgericht Rottweil dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Auch der Verteidiger des Beschuldigten begrüßte die Entscheidung. Und dieser selbst ebenfalls.

Kreis Rottweil - Der 36-Jährige Beschuldigte war am letzten Verhandlungstag mit Krawatte erschienen. Er hatte fünf Prozesstage auf der Anklagebank verbracht, doch war er in diesem Verfahren formaljuristisch gar kein Angeklagter. Er wurde als Beschuldigter bezeichnet, doch hatte die Staatsanwaltschaft schon zu Prozessbeginn Zweifel an seiner Schuldfähigkeit. Er wurde nicht zu einer Haftstrafe verurteilt, dennoch würde er später den Gerichtssaal keineswegs als freier Mann verlassen, sondern in Handschellen - so, wie er ihn auch betreten hatte.

In seinem kurzen Schlusswort hob der 36-Jährige hervor, dass sein Zustand während der ihm vorgeworfenen Taten „vollkommen entgleist“ gewesen sei. Der Vorwurf des versuchten Totschlags sei ihm nahe gegangen, das sei nicht seine Absicht gewesen. Der 36-Jährige betonte, dass er keineswegs total uneinsichtig in seine Erkrankung sei. Er bat das Gericht darum, Einfluss nehmen zu dürfen bei der Entscheidung, in welche Einrichtung er eingewiesen würde und nicht dauerhaft dort bleiben zu müssen, wo er gerade untergebracht war. Und er endete mit dem Satz: „Ich bin bereit, einen Schritt in die richtige Richtung zu gehen.“

Wenig Zweifel am Ablauf der Ereignisse

„Es handelt sich um einen schwer kranken Menschen, der diese Taten begangen hat“, stellte der Vorsitzende Richter Karlheinz Münzer in seiner Urteilsbegründung fest. „Und dass er darunter leidet, ist in der Verhandlung deutlich geworden.“

Der Beschuldigte wird nach dem Urteil auf unbestimmte Zeit bis zu seiner Genesung in einer psychiatrischen Anstalt untergebracht. Er wird für mindestens vier Jahre keinen Führerschein erwerben können und muss die Kosten des Verfahrens tragen.

Zur Begründung führte Richter Münzer aus, dass anhand der Beweisaufnahme des Gerichts am Ablauf der Ereignisse wenig Zweifel bestünden. Demnach hatte der Beschuldigte im Februar eine große Zahl von Straftaten begangen, die sich von Urkundenfälschung über Diebstahl bis zu gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr und der versuchten fahrlässigen Tötung erstreckten.

Taten normalpsychologisch nicht nachvollziehbar

Eine Strafe erwartet den Beschuldigten dafür nicht, denn das Gericht war gleichzeitig davon überzeugt, dass der 36-Jährige alle diese Taten entweder in einem Zustand der Schuldunfähigkeit begangen hatte oder dass seine Schuldunfähigkeit zumindest nicht auszuschließen sei. Das gelte insbesondere für die abschließende Verfolgungsjagd, die der Beschuldigte sich mit der Polizei geliefert hatte. Doch auch seine vorhergehenden Taten seien normalpsychologisch nicht nachvollziehbar, führte Richter Münzer aus.

In seinem Plädoyer hatte Verteidiger Wolfgang Burkhardt zuvor betont, dass er den Fall ähnlich einschätze wie die Staatsanwältin. Vor allem stimmte er ihr darin zu, dass die Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt anzuordnen sei – und dass das zur Therapierung seines Mandanten für diesen auch das Beste sei.

Bedingte Tötungsabsicht ohne Konsequenzen

Einzig die Vorfälle, als der Beschuldigte ein Polizeiauto rammte sowie sein sehr knappes Vorbeifahren an einer Polizistin beurteilte der Verteidiger anders als Staatsanwaltschaft und Gericht. Auf seiner Flucht habe der 36-Jährige versucht, mit seinem Fahrzeug durch die verbleibenden Lücken zu kommen und sich „gerade noch so durchgequetscht“, so stellte es Burkhard dar. Dass das Gericht das extrem dichte Vorbeifahren an der Polizistin am Ende als bedingte Tötungsabsicht einschätzte, hat jedoch für den Beschuldigten keinerlei weitere Konsequenzen.

Staatsanwältin Rama Martina zeigte sich zufrieden mit dem Urteil, das ihren Anträgen im wesentlichen gefolgt sei. Verteidiger Wolfgang Burkhardt erklärte, dass das Urteil akzeptiert werde.