Eine Angeklagte aus Schramberg wurde wegen der Teilnahme an einem Protestmarsch zu einer Geldstrafe verurteilt. Dagegen hatte sie Berufung eingelegt – dachte sie jedenfalls.
Ein wenig erfreuliches Ergebnis brachte eine vergangene Berufungsverhandlung am Landgericht Rottweil. Der in Schramberg wohnenden Angeklagten wurde vorgeworfen, am Abend des 1. Mai 2021 an einem sogenannten „Fackellauf“ in Tuttlingen teilgenommen zu haben.
Bei diesem gegen die Corona-Maßnahmen gerichteten Protestmarsch, hätten sich die Teilnehmer absichtlich schwarz gekleidet und schwarz-weiß geschminkt, um der Polizei die Identifikation zu erschweren, heißt es in der durch den Richter verlesenen Anklageschrift.
Polizisten mit Fackeln bedroht
Innerhalb des Protestmarsches sei es zu verbaler und körperlicher Konfrontation zwischen Teilnehmer und Polizeibeamten gekommen, die versucht haben, die unangemeldete Versammlung aufzulösen. Seitens der Teilnehmer seien Fackeln eingesetzt worden, um die Beamten zurückzudrängen. Diese Fackeln seien zuvor beim Treffpunkt verteilt worden. Die Polizeibeamten seien mit Schlagstöcken gegen die Teilnehmer vorgegangen, um die Fackeln vom Gesicht fernzuhalten. Polizisten seien durch die Teilnehmer direkt körperlich angegriffen worden.
Aus der Anklageschrift geht hervor, die Gewalttaten hätten nicht am Rande stattgefunden, sondern die ganze Gruppe von über 40 Teilnehmern habe sich beleidigend und gewaltbereit gezeigt. In den Berufungskammern des Landgerichts Rottweil werden derzeit mehrere Strafverfahren zu den Geschehnissen an jenem 1. Mai 2021 in Tuttlingen verarbeitet.
E-Mail ist nicht formgerecht
Die Identität und Teilnahme der Angeklagten sei durch Zeugenaussagen festgestellt worden. Die Angeklagte soll die Gewaltausübung gegen die Polizeibeamten gebilligt und unterstützt haben. Wegen Landfriedensbruch und Verstoß gegen das Vermummungsverbot bei Versammlungen wurde die heute 56-Jährige vom Amtsgericht Tuttlingen am 14. Februar 2022 zu einer Geldstrafe in Höhe von insgesamt 1800 Euro verurteilt. Dabei sei zu ihren Gunsten gelegt worden, dass sie nicht vorbestraft und ansonsten sozial gut integriert ist.
Am 18. Februar 2022 habe die Angeklagte eine E-Mail an das Amtsgericht Tuttlingen verfasst, dass sie das Urteil anficht und geglaubt, damit Berufung einzulegen. Damit habe sie beabsichtigt, eine Verringerung der Geldstrafe zu erzielen, gibt die Angeklagte auf Nachfrage des Richters an. Zurzeit sei sie arbeitslos, was die Zahlung erschwere. Doch wurde dem Richter bei Verlesen der Schrift bewusst, dass das Einlegen einer Berufung per E-Mail nicht der korrekten Form entspricht: Eine Berufung müsse schriftlich eingehen, eine E-Mail sei elektronisch, erklärte der Richter. Dies sei ihm zuvor nicht aufgefallen. Die Berufung müsse verworfen werden.
Um Kosten zu sparen, empfahl der Richter der 56-Jährigen, die Berufung zurückzuziehen. Diese erklärte dies zu tun, was von der Staatsanwältin akzeptiert wurde. Dennoch muss die Angeklagte die entstandenen Kosten der eingelegten und wieder zurückgenommenen Berufung tragen. Der Richter empfahl ihr, zu beantragen, anstatt der Geldzahlung, Arbeitsstunden abzuleisten.