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Zwei Jugendliche stehen seit Mittwoch wegen einer Reihe von brutalen Überfällen vor Gericht.

Stuttgart - Zwei Jugendliche stehen seit Mittwoch wegen einer Reihe von äußerst brutalen Überfällen vor dem Landgericht Stuttgart. Sie sollen einer Gruppe von jungen Männern angehören, die des Nachts Passanten attackieren. Ein Opfer haben sie fast totgeschlagen.

"Sie scheinen das alles hier sehr lustig zu finden", sagt Wolfgang Vögele, Vorsitzender Richter der 4. Jugendstrafkammer. Der Richter notiert sich die Namen von zwei Jugendlichen im Zuhörerraum, die besonders intensiv mit den zwei Angeklagten gescherzt haben. "Wir werden die Namen überprüfen", kündigt Vögele an.

Vor allem der junge Grieche auf der Anklagebank scheint nicht wirklich verstanden zu haben, in welcher Situation er sich befindet. Er grinst, er feixt, er flachst mit der Handvoll Jugendlicher auf den Zuhörerbänken, die eine Art Fan-Club der Angeklagten zu sein scheinen. Sein deutsch-tschechischer Mitangeklagter macht einen deutlich nervöseren Eindruck.

14 Überfälle werden dem Griechen vorgeworfen, bei denen er mit wechselnden Mittätern unterwegs gewesen sein soll. Sein mutmaßlicher Komplize soll an fünf Raubzügen beteiligt gewesen sein. Die jungen Männer gehören offenbar einer Gruppe an, die sich regelmäßig am Berliner Platz in der Innenstadt trifft, um spät in der Nacht vermeintlich schwache Opfer mit brutaler Gewalt auszurauben: alkoholisierte Partygänger.

Der typische Tathergang sieht laut Anklage so aus: Der Grieche und seine Komplizen, mehrere sind verhaftet, andere noch unbekannt, suchen sich in der Innenstadt ein Opfer aus, strecken es von hinten in Kickbox-Manier nieder und nehmen ihm Bargeld und Handy ab. So beispielsweise am 26. Mai vorigen Jahres, als der Grieche gegen 3 Uhr einen Passanten an der Theodor-Heuss-Straße von hinten anspringt und ihm 40 Euro, das Handy und die Uhr raubt. Das Opfer verliert bei der Attacke zwei Zähne. In derselben Nacht überfallen die Jugendlichen einen weiteren Mann an der Fritz-Elsas-Straße und rauben 150 Euro. Immer wieder traktieren die Täter ihre Opfer mit Faustschlägen und Tritten, manches Mal kommt ein Messer als Drohmittel zum Einsatz.

Laut Anklage schlugen sie einen alkoholisierten Mann fast tot

Besonders brutal sollen die zwei Angeklagten am 2. Oktober gegen 1.30 Uhr am Charlottenplatz vorgegangen sein. Dort schlugen sie laut Anklage einen alkoholisierten Mann fast tot.

Merkwürdigerweise hat die Staatsanwaltschaft diesen Fall nicht als versuchtes Tötungsdelikt angeklagt. Richter Vögele stellt deshalb in einem rechtlichen Hinweis klar: "Dieser Fall könnte als versuchter Mord zur Ermöglichung einer anderen Straftat, nämlich eines Raubes, gewertet werden."

Die zwei 18-Jährigen aus Stuttgart und Sindelfingen sollen ihr Opfer zu Boden geprügelt und versucht haben, es zu filzen. Der Mann wehrte sich. "Da haben die Angeklagten beschlossen, ihn fertig zu machen", so Vögele. Dabei hätten sie billigend in Kauf genommen, dass der Mann tödlich verletzt werden könnte. Er erlitt mehrere Brüche im Gesicht sowie an der Schulter und schwebte in akuter Lebensgefahr. Die Beute: 20 Euro und ein Handy.

So oder so ähnlich sollen die Jugendlichen zwischen dem 5. Mai und Mitte Oktober 2010 zugeschlagen haben. Am 17. Oktober soll der Grieche mit einem Komplizen einen Mann an der Wagnerstraße überfallen haben. Polizeibeamte waren in der Nähe und stellten die Täter. Dabei soll der Grieche einen Beamten mit dem Messer bedroht haben.

Ob die Angeklagten aussagen, wird sich erst am 8. Juni, dem nächsten Prozesstag, zeigen. Am Mittwoch wurde lediglich die Anklage verlesen. Allerdings scheint mindestens der arbeitslose Deutsch-Tscheche kalte Füße zu bekommen. Er hat dem Griechen einen Brief von U-Haft-Zelle zu U-Haft-Zelle geschrieben, um sich mit ihm abzusprechen. Das Schreiben landete auf dem Tisch des Richters.