Messe-Familie in Feierlaune: Jubiläumsempfang im Foyer der Ausstellungswelt. Foto: Max Kovalenko

Die Landesmesse Stuttgart ist weiter auf der Suche nach Käufern von Namensrechten für ihre Hallen und das Kongresszentrum. Die Firma Kärcher aus Winnenden bestätigt ihr Engagement. Man verhandele aber nicht über Neubauten, sondern die Halle 9.

Stuttgart - Vor dem Bau der Landesmesse Stuttgart (LMS) war mit einem Einsatz der Wirtschaft in Höhe von 40 Millionen Euro für die auf 806 Millionen Euro kalkulierte Ausstellungswelt gerechnet worden. Bis heute konnte die Messe nur 26,5 Millionen Euro einwerben, sagte Stuttgarts Finanzbürgermeister Michael Föll vor wenigen Wochen vor Stadträten. Föll ist stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der LMS.

Um die Lücke zu füllen haben die Messe-Geschäftsführer Ulrich Kromer und Roland Bleinroth die Sponsorensuche intensiviert. Stadt und Land erleichterte sie, weil beide Gesellschafter mit Gewinnen des Flughafens die Finanzlücke von noch 14,4 Millionen um sieben Millionen Euro verkleinern. „Wir erwarten, dass die Wirtschaft den Rest von 7,4 Millionen Euro in diesem und dem nächsten Jahr bringt“, sagte Föll.

Die Alfred Kärcher GmbH bestätigte am Freitag, dass sie die Absicht habe, das Namensrecht an einer Halle zu erwerben. Es handele sich dabei nicht um den von der Messe gewünschten 15.000 Quadratmeter großen Neubau am Eingang West, sondern um die Bestandshalle Nummer 9 am Westeingang. Für den Neubau samt neuem Eingang West wird bei der LMS ein bis zu zweistelliger Millionenbetrag als Sponsorenleistung kolportiert. Für die Halle 9 sei diese Summe „jenseits all dessen“, was Kärcher als Sponsorenbeitrag aufwenden würde, so Kärcher-Sprecher Frank Schad.

Eine der Standardhallen schlägt mit 100.000 Euro pro Jahr zu Buche

Das Unternehmen aus Winnenden, das mit weltweit 9000 Beschäftigten 2011 rund 1,7 Milliarden Euro umsetze und weiter wächst, könne als Gegenleistung die Halle und Konferenzräume für eigene Veranstaltungen nutzen. Der Vertrag sei aber noch nicht endverhandelt.

Die neue Messehalle wurde etwa 60 Millione Euro kosten. Eine Auflage von Stadt und Land, dass vor der Bauzusage die 7,4 Millionen Euro für den Bestand eingeworben werden müssten bestehe nicht, sagte Ulrich Kromer am Freitag am Rande des Empfangs zum fünfjährigen Bestehen. Kromer zeigte sich zuversichtlich, für die Piazza, Kongresszentrum und für weitere Hallen Sponsoren zu finden. Den größten Betrag, rund 20 Millionen Euro, steuerte bisher Bosch für die Leuchtschrift am Parkhaus bei. Die landeseigene L-Bank, die landeseigene Rothaus-Brauerei, Teinacher-Sprudel, Schenker-Logistik und das Stuttgarter Unternehmen Oskar Lapp (Kabel) ließen sich bisher als Namensgeber gewinnen. Dem Vernehmen nach schlägt eine der Standardhallen mit 100.000 Euro pro Jahr zu Buche.

Kromer will zu Zahlen keine Stellung nehmen. Auch nicht zu Namen. Einer ist der des weltgrößten Energieproduzenten Gazprom. Der Gaslieferant ließ sich vor Bosch für das Parkhaus erwärmen. Die Landesregierung bekam damals aber kalte Füße. Ein russisches Unternehmen als Haupt-Werbeträger galt als Tabubruch. „Auch das Energiethema haben wir im Visier“, sagt Kromer, aber man orientiere sich eher auf dem deutschen Markt. Kromer: „Schließlich passt eine Alfred-Kärcher-Halle auch deutlich besser hierher als zum Beispiel eine Britisch-Transport-Halle.“

„Weil ich viele andere Messen gesehen habe, habe ich mit einem Erfolg der Landesmesse gerechnet“

Um die Zukunft ging es bei dem Empfang zum fünften Jahrestag der Eröffnung der Landesmesse am Freitag eher am Rande. Man benötige angesichts der Wachstumsraten mehr Fläche, sagte Messe-Chef Ulrich Kromer vor mehreren hundert Gästen im Messe-Foyer. Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) wies darauf hin, dass das Bahnprojekt Stuttgart 21 und die Anbindung ans europäische Hochgeschwindigkeitsnetz „langfristig essenziell“ für die Landesmesse sei, „auch wenn das manche immer noch nicht begreifen wollen“. Überdies gelte es, das baden-württembergische Verkehrsministerium davon zu überzeugen, „dass wir die U 6 brauchen“. Geplant ist, die Stadtbahn vom Stadtteil Fasanenhof zur Messe und zum Flughafen weiterzuführen.

In weiten Teilen glich der Empfang vor allem einer Rückschau auf Planung und Bau der Landesmesse, verbunden mit viel gegenseitigem Lob dafür, wie man das Projekt verwirklicht habe. Oft war am Freitag die Rede von einem Familientreffen, sogar von der Landesmesse als „einer Patchworkfamilie“. Denn die vielen unterschiedlichen Partner – Land, Stadt Stuttgart, Flughafen, die damalige Messe Stuttgart – habe der Wille zu dem Projekt und die Überzeugung, dass das Vorhaben richtig sei, geeint, hieß es an einer Stelle. Peter Hofelich (SPD), Landtagsabgeordneter und Mittelstandsbeauftragter der Landesregierung, nannte die Messe „ein Lehrstück dafür, wie man so etwas hinbekommt“. Der Architekt und frühere Esslinger Oberbürgermeister Ulrich Bauer (SPD) war während der Bauphase verantwortlich für die Umsetzung der Pläne des Stuttgarter Büros Wulf Architekten. „Weil ich viele andere Messen gesehen habe, habe ich mit einem Erfolg der Landesmesse gerechnet.“

Auch dass die vielen Widerstände gegen die Ausstellungswelt auf den Fildern weitgehender Akzeptanz gewichen seien, wurde am Freitag allgemein konstatiert. Der frühere Staatssekretär und Ex-Aufsichtsratschef der Messe, Horst Mehrländer (FDP/DVP), erinnerte dabei exemplarisch an die einst widerspenstigen Stadträte in Leinfelden-Echterdingen. „Am härtesten war einmal eine Nachbesprechung im dortigen Ratskeller mit Knoblauch-Schnaps“, lautete eine seiner Anekdoten. Die Kommune zu überzeugen gelang damals nicht. „Aber aus Ablehnung ist Einvernehmen geworden“, so Messe-Chef Ulrich Kromer am Freitag. Inzwischen werbe Leinfelden-Echterdingen für sich mit dem Zusatz „Messe-Stadt“.

Stuttgarts OB Schuster äußerte seine Überzeugung, dass ähnlich wie auf den Fildern die meisten heutigen Stuttgart-21-Gegner ihren Frieden mit dem Bahnprojekt machen werden, wenn die Züge erstmal fahren. Ulrich Bauer fiel dazu eine Parallele zu den Naturschutzauflagen ein. „Unser Juchtenkäfer war damals der Wiesenknopfameisenbläuling – ein Schmetterling.“