Die Nagolder Konzertreihe bot dem Publikum wieder einen grandiosen Abend in der Stadthalle. Diesmal traten auf der Bühne die Musiker vom Landesblasorchester Baden-Württemberg anstelle einer sinfonischen Großformation auf.
Hinter dieser Entscheidung stand der Nagolder Musikschul- und Stadtmusikdirektor Christian Pöndl, der mit dem LBO als Trompeter seit Jahren eng verbunden ist und dieser schicksalhaften Konstellation auch sein familiäres Glück verdankt.
Denn Pöndl lernte seine Frau Ashley während einer Gastreise mit dem LBO kennen und nun, wenige Tage nach der Geburt seines zweiten Sohnes saß der glückliche Vater in den Orchesterreihen und spielte zusammen mit seinen Kollegen unter dem niederländischen Dirigenten Björn Bus ein zweieinhalbstündiges „Ständchen“.
Das 1978 gegründete Landesblasorchester besteht aus etwa 100 Auswahl-Blasmusikern und errang bereits bedeutende Erfolge nicht nur beim World Music Contest 2005 und 2017.
Hohe Klangkultur
Welch künstlerische Höhen die passionierten Bläser erklimmen können, bewiesen sie gleich am Anfang des Konzerts in der für die Blas-Besetzung transkribierten sinfonischen Dichtung „Eine Alpensinfonie“ von Richard Strauss. Im Vorfeld des Konzerts führte der Kontrabass-Klarinettist Thomas Kuhn das Publikum in die Einzelheiten des Werks ein und erläuterte dann die sonstigen Programmpunkte.
Den ganzen Abend lang staunten die Zuhörer über die hohe – unter den Blasensembles eher seltene – Klangkultur des LBO. Nicht weniger beeindruckte die musikalische Sensibilität und innere Passion, mit der die eng auf der Bühne gedrängten Holz- und Blechinstrumentalisten samt zweier Celli, drei Kontrabässen und zwei Harfen alle 22 Stationen der musikalischen Bergwanderung in malerische Klanggebilde umwandelten und das kapriziöse Wesen der Alpen durch Wendungen der Stimmungen lebendig darstellten.
Dirigent überträgt positive Energie auf das Ensemble
Diese fast einstündige Aufführung zehrte sicherlich an mentalen und körperlichen Kräften der Instrumentalisten, doch sowohl die Musikqualität als auch der emotionale Pegel ließen in keinem Moment nach. Denn die Musiker schöpften belebende Impulse und Inspirationen aus der künstlerischen Kreativität des Dirigenten Bus und verließen sich auf seinen kompetenten Führungsstil. Bus verstand vorzüglich, seine positive Energie auf das Ensemble zu übertragen, sämtliche Solo- und Tutti-Abschnitte präzise miteinander zu verzahnen und das dynamische Gleichgewicht konstant zu halten – wie auch in anderen Werken des Abends. Da kann man nur sagen: Respekt!
Den zollte das Publikum dem Großensemble durch Beifall und laute Jubelrufe, die sowohl nach den majestätisch-königlichen Klängen der „Fanfare“ von Bertold Hummel (dem Vater von Florian Hummel) als auch dem hervorragenden Auftritt von Bastien Baumet (Euphonium) durch den Raum hallten. Der mit Preisen überschüttete junge Franzose schmeichelte den Publikumsohren in dem „UFO Concerto“ von Johan de Meij durch seine ungewöhnlich sanfte und geschmeidige, mit subtilen Vibrato verwobene Tongebung sowie ungezwungene wie brillante Virtuosität.
Zwischen lieblicher Anmut und tänzelnder Sorglosigkeit
In den finalen, an das Paganinis Capriccio Nr. 24 angelehnten „Fantasy Variations“ von James Barnes ließen die einzelnen Sektionen des Orchesters ihre technischen Vorzüge spielen. Jede Miniatur erhielt ihre eigene Aussagekraft, die zwischen lieblicher Anmut, fragilem, auch ironischem Humor und tänzelnder Sorglosigkeit einer Broadway-Bühne pendelte.
Der grenzenlose, von Bravorufen und Pfiffen schäumende Jubel wollte kein Ende nehmen und ließ mehrere begeisterte Zuhörer von ihren Plätzen aufspringen. Es folgte eine Zugabe mit dem Euphonisten Baumet in der Hauptrolle und der Schlussapplaus begleitete das Landesblasorchester so lange, bis der letzte Musiker die Bühne verließ. Eine wahre Rarität in der heutigen Kulturlandschaft und ein künstlerisches Gütesiegel für das Landesblasorchester Baden-Württemberg.