Der Anbau von Christbäumen ist ein Politikum. Die Landesregierung will Wildwuchs eindämmen. Foto: dpa

Der Anbau-Verband will die Flächen ausweiten, die Landesregierung hingegen will nicht noch mehr Monokulturen.

Früher stapfte der Vater mit der Axt in den Wald, heute gibt es den Christbaum an jeder Ecke zu kaufen. Der Weihnachtsklassiker hat sich zum Massenartikel entwickelt, um dessen Anbau ein kleiner Glaubenskrieg entfacht ist.

Stuttgart - Wer meint, das Waldland Baden-Württemberg liegt auch beim Christbaum-Anbau an der Spitze, der irrt. Gegenüber dem Sauerland, Schleswig-Holstein oder Weltmarktführer Dänemark nimmt sich die hiesige Produktion von Nordmanntanne (mit 75 Prozent Verkaufsanteil die Nummer eins unter den Weihnachtsbäumen), Edeltanne, Blaufichte und Rotfichte vergleichsweise gering aus.

Die Anbaufläche zwischen Schwarzwald und Hohenloher Land beträgt rund 2000 Hektar. In Nordrhein-Westfalen sind es 5000 Hektar. Etwa die Hälfte der in Baden-Württemberg jährlich verkauften 2,5 bis drei Millionen Bäume stammt aus heimischem Anbau. Aus Sicht des baden-württembergischen Christbaumverbands muss man sagen: nur die Hälfte. Die Land- und Forstwirte, die meist im Nebenerwerb Tannen und Fichten kultivieren, sind der Meinung, der Anteil könnte viel höher sein.

Für den Verband sitzt der Hauptschuldige in Stuttgart: die grün-rote Landesregierung. Geschäftsführer Martin Rometsch klagt, dass „der Genehmigungsrahmen hier so ungünstig wie in keinem anderen Bundesland ist“. Mit der Folge, dass keine neuen Anbauflächen mehr entstehen würden. Und immer mehr Bäume importiert werden müssen. „Es ist ökologisch sicher alles andere als sinnvoll, Tannenbäume aus Skandinavien mit dem Lkw nach Süddeutschland zu karren“, meint Rometsch.

„Wir sind die einzige landwirtschaftliche Kultur, die ohne EU-Fördermittel auskommt“

Im Landwirtschaftsministerium sieht man das anders. Ein Sprecher von Ressortchef Alexander Bonde (Grüne) erinnert daran, dass die Anbaufläche im Land 1979 noch bei 185 Hektar gelegen, sie sich also mehr als verzehnfacht hat. Deswegen hat das Land 2011 wieder Genehmigungsverfahren eingeführt, um den „Wildwuchs zu dämmen“, wie der Ministeriumssprecher sagt. Hauptargument der Regierung gegen mehr Christbaum-Plantagen: das Landschaftsbild. Monokulturen passen nicht zu einer Politik, in der Naturschutz, Landschaftspflege und Artenvielfalt zu den Eckpfeilern zählen.

„Was ist dann mit dem Weinbau? Oder den Hopfenanlagen?“, entgegnet Christbaum-Lobbyist Martin Rometsch. Auch das seien Monokulturen, die kaum Biodiversität zuließen. Rometsch sieht sich noch in einem weiteren Punkt benachteiligt: „Wir sind die einzige landwirtschaftliche Kultur, die ohne EU-Fördermittel auskommt.“

„Das lässt sich überhaupt nicht vergleichen“, meint der Sprecher des Landwirtschaftsministeriums. Weinreben zum Beispiel dürften nur auf ausgewiesenen Flächen gepflanzt werden. Tannenbäume fast überall. Und das Argument mit der Importware aus Dänemark? Dazu merkt der Sprecher an, dass der in Deutschland getrunkene Wein auch nur zur Hälfte aus heimischem Anbau stammt.

Der Streit soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass Christbaumplantagen nur 0,1 Prozent der Waldfläche im Südwesten einnehmen. Doch die Wertschöpfung ist 30-mal so hoch wie bei normaler Waldwirtschaft. Im vergangenen Jahr gaben die Deutschen im Schnitt 32 Euro für ihren Baum aus. Mit 29 Millionen verkauften Exemplaren ist Deutschland Europameister.

Streit hin, Streit her: Wer gerne selbst die Axt anlegen will, um einen Weihnachtsbaum zu schlagen, wird auf Internetseite fündig:

www.christbaum-bw.de