Bei Tilman Petters (links) und Markus Ibert war es am Schmutzigen Donnerstag schon Sommer, dabei trugen sie Sonnenbrillen, die farblich auf ihre Hawaiihemden abgestimmt waren. Foto:  

Seit Donnerstagabend haben die Narren in Lahr das Sagen. OB und Baubürgermeister hielten eine humorige Rede über den geplanten Surferpark, danach musste Markus Ibert den Rathausschlüssel herausrücken. Zuvor war der Grusilochzottli befreit und der Narrenbaum aufgestellt worden.

Schon den ganzen Tag über hatte etwas in der Luft gelegen – in Lahr waren viele närrisch! Auch in der Redaktion der Lahrer Zeitung, wo vereinzelte Kollegen in Nachthemd und mit Schlafhaube erschienen. Die Rathaus-Bediensteten hatten ab 13 Uhr sogar frei – bei der lauten Musik, die über den Rathausplatz schallte, hätte ohnehin keiner arbeiten können.

 

Richtig ernst wurde es am frühen Abend: Pünktlich um 18 Uhr nahmen die Mitgliedszünfte der IG Lahrer Narren den Vorplatz des Storchenturms in Beschlag.

Andreas Wehrle, der Oberzunftmeister der Lahrer Narrenzunft, erklärte die Fasent für eröffnet, dann blickten alle zur Turmtür – dort trat nicht nur ein einzelner Grusilochzottli heraus, Symbolfigur der Lahrer Fasent, sondern eine ganze Hästrägerschar, die trotz des langen Eingesperrtseins putzmunter war. Jedenfalls feierten die Zottlis ihre Befreiung aus dem Verlies im Storchenturm mit einem ausgelassenen Freudentänzchen.

/Foto: Schabel

Danach bewegten sich die Narren zum Rathausplatz, begleitet von einigen Hundert Zuschauern, die das Aufstellen des Narrenbaums nicht verpassen wollten. Eine Aufgabe, die kräftige Männer um Marcel Ruf souverän im Griff hatten. Es dauerte keine zehn Minuten, dann war der rund 20 Meter hohe, geschmückte Baum in Rekordzeit aufgerichtet.

Der geplante Surfpark liefert genügend Material für satirische Spitzen

Das Geschehen verlagerte sich Richtung Bühne vor dem Rathaus, die zunächst von zahlreichen Hästrägern geentert wurde. Sie interessierten sich besonders für die Rathaustür dahinter, an der sie kräftig rüttelten. Das Klopfen, verstärkt durch eine Musikbox, konnten Markus Ibert und Tilman Petters unmöglich überhören. Als sie sich trotzdem zierten, holten die Narren sie auf die Bühne.

OB und Baubürgermeister waren passend gekleidet zu den Rollen, die sie diesmal spielten. Nachdem sie vor zwei Jahren als Aluhutträger Verschwörungstheoretiker aufs Korn genommen hatten, 2024 dann als Schaffner und Bauer die Protestwelle von Bahnbediensteten sowie Landwirten verulkten, kamen sie nun als Surfer-Boys in wild gemusterten Hawaiihemden.

Hintergrund ist natürlich die Diskussion um den geplanten Surfpark in Lahr und besonders die Frage, wo er gebaut werden soll. Eine Thema, das genug Ansatzpunkte für satirische Spitzen bietet, wie die abermals sehr gelungene Narrenrede zeigte.

Vor zahlreichen Zuschauern, von denen die meisten kostümiert waren, reimten Ibert und Petters gekonnt: „Was wir woll’n, ihr wisst es schon, / Ein Surfpark in Lahr ist uns’re Mission! / Doch Bedenken hier, Gerede dort, / so läuft die Zeit und die Investoren fort.“ Weiter ging es mit launigen Zeilen: „Wir kaufen die Schutter als ersten Schritt, / und nehmen im Schwarzwald ein paar Biber mit. / Die bauen einen Damm, ganz schnell über Nacht, / schon haben wir ein Becken, wer hätt‘ das gedacht! / Wellenmaschine – können wir sparen, / Lahr hat viele Barbershops, das garantiert ’ne Dauerwelle nicht nur in den Haaren.“

Für die Finanzierung hat man im Rathaus kreative Ideen entwickelt: „Wir könnten in der 30er Zone singen und tanzen. / Oder Wurst und Getränke verkaufen, / Tempo 30 ist ja fast schon wie laufen. / Da haben die Leute Zeit für die Dinge am Wegesrand. / Zum Beispiel für einen Würstchenstand.“ Alle Generationen sollen beteiligt werden: „Und die Lahrer Kitas können was zahlen, / die Kinder wollen ja nicht immer nur malen. / Im Schutter-Biber-Becken lernen sie schwimmen, / das freut Erzieher und Erzieherinnen.“

So wird der Surfpark am Ende doch eine einzige Erfolgsgeschichte, jedenfalls wenn es nach Ibert und Petters geht: „Wir werden der Hotspot der coolen Leute – / Ich kanns kaum erwarten, am besten noch heute! / Geld kommt ins Stadtsäckel – der Kämmerer wird uns küssen. Wir werden nie wieder arbeiten müssen.“

Der „Entenköpfer“ könnte die Verkehrsprobleme in den Ortsdurchfahrten lösen

Dann war Andreas Wehrle am Zug. Der Oberzunftmeister hielt eine unterhaltsame Ansprache in schönstem „Lohrer Ditsch“ und nahm dabei lokale Projekte aufs Korn, vor allem die Geschwindigkeitsreduzierung: „Jetzt het sich die B415 au mit dem Tempo 30 Virus infiziert / jetzt wurds für alli Autofahrer schwierig, wenns ä mol pressiert / hesch vorher nur an da rote Ample ins Lenkrad bisse / muasch dich jetzt uff da gonze Strecke bremse, des isch doch beschisse“.

Früher konnte man sich den Ärger ersparen, denn da hatte man in Lahr noch ganz andere Verkehrsmittel zur Verfügung, erinnerte sich Wehrle wehmütig: „Do wünscht ma sich doch uss alde Zitte, da Entekepfer z’ruck / no konnsch ins Bähnle hocke, un hesch kei druck / Des koschd halt widda Geld und Platz / beides ist Mangelware, also isch’s au für die Katz.“

Bei aller Freude über den Start der Fasent sind die Narren nicht frei von Sorgen, wie Wehrles weiteren Reimen zu entnehmen war – denn ihnen fehlt ein Domizil: „Klingle tuts mir in da Ohre, wenn mir Narre ussschau halte nach ner Halle / in der mit au singe, schunkle und unser Narreruf kenne len Schalle / Eini isch g’sperrt, die ander wurd saniert / wie lang weis keiner, au nit ob überhaupt ebbs bassiert. / Mir bruche do von da Stadt Lohr ä Zusage / ä bezahlbare Miet für ä Hall, des würd uns behage.“