Ludwig Hillenbrand weckte Erinnerungen an Lahrs Alt-OB und Mundartdichter Philipp Brucker (Bild im Hintergrund). Foto: Haid Foto: Lahrer Zeitung

"MundArt"-Premiere der Stiftung Bürger für Lahr in Gedenken an Philipp Brucker

Von Marion Haid

Lahr. "In der Mundart sind wir daheim" – sagte einst der Lahrer Oberbürgermeister und Autor Philipp Brucker. Eine Veranstaltungsreihe, die sich mit den vielfältigen Formen und Facetten der Mundart beschäftigt, hat am Wochenende Premiere gefeiert.

Die erste Auflage am Wochenende stand ganz im Zeichen Philipp Bruckers selbst. Am Samstagnachmittag näherten sich Stefan Pflaum und Ludwig Hillenbrand in einem Autorengespräch der Bedeutung des Alt-Oberbürgermeisters für Lahr und die Mundart. Abends gab es von vier Mundartautoren aus dem gesamten alemannischen Sprachraum Texte und Gedichte, und gestern ging es bei der Stadtführung in drei Mundarten auf Alemannisch, Schwäbisch und Sächsisch durch Lahr.

Der im letzten Jahr verstorbene Philipp Brucker habe in Lahr den Dialekt salonfähig gemacht und aufgewertet. Wenn ein Oberbürgermeister in "Lohrerditsch" schreibt und spricht, dann sei auch Mundart nicht mehr nur die Sprache des gemeinen Volkes, analysierten Ludwig Hillenbrand und Stefan Pflaum. Brucker schrieb liebevoll, anschaulich und selbstironisch, auch gespickt mit Botschaften wie beispielsweise der Toleranz gegenüber Ausländern oder dem Aufzeigen sozialer Ungerechtigkeiten, sagten Hillenbrand und Pflaum.

Abends näherte sich Hillenbrand der Person Bruckers mit einer liebevollen Geschichte über eine Abendveranstaltung mit leckeren "Striiwili". Das Fettgebackene, das Pate für den Namen eines der Bücher von Brucker stand, sollte an einem Abend in der Aula des Max-Planck-Gymnasiums zubereitet werden, mit Brucker und seinen Geschichtchen im Mittelpunkt. Das Gebäck fand reißenden Anklang, bis plötzlich ein paar Gäste aufschrien. Bei ihren "Striiwili" hatte Brucker den Zucker mit dem Salz verwechselt. Gekonnt reagierte der ehemalige OB und meinte, es sei wie im richtigen Leben, ihm habe der Stadtrat auch schon einmal "die Suppe versalzen", erzählte Hillenbrand. Als dann aber auch noch die Sicherungen rausgesprungen sind und der Saal im Dunkeln lag, zog Brucker seine gesamten Trümpfe. Er habe den "Kladderadatsch" nur inszeniert, um seine Lebensphilosophie anhand der "Striiwili" zu präsentieren, erzählte der Alt-OB damals. Das Gebäck sei wie das "Läwe", mal verschlungen, mal drunter und drüber, mal ein einziges Kuddelmuddel, aber mit Geduld und einer Portion Puderzucker "schmecke die Sach". Mit Mundartphilosophie habe Brucker "Katastrophen einfach weggeschmunzelt". Er habe mit der Mundart die Menschen dort berührt, "wo das Herz ist, wo sie daheim sind", so Hillenbrand.

Ulrike Derndinger aus Lahr, Jean-Christophe Meyer aus dem elsässischen St. Louis und Markus Manfred Jung aus Schopfheim zeigten verschiedene Facetten der alemannischen Mundart. Vom Lohrerditsch über das Elsässisch, das von den Zuhöreren spitze Ohren verlangte, bis hin zum Hochalemannisch mit einem kratzenden "ch" lasen die Autoren liebevolle, humorvolle, aber auch feinsinnige Gedichte und Geschichten und zeigten, wo sie selbst daheim sind. Und plötzlich landeten auch die beiden Spitzbuben von Wilhelm Busch in der Region. Denn Markus Manfred Jung "übersetzte" die Streiche von Max und Moritz ins Alemannische.

Ergänzt wurden die beiden Vorträge durch einem Film von Bernd Tacke, der 1993 als Lehrer der Realschule Ichenheim für ein Projekt "Alemannisch" den Lahrer Mundartdichter in die Schule einlud. Dort erzählte und las Brucker und begeisterte die jungen Menschen. Diesen Besuch hielt Tacke mit seiner Kamera fest und entstanden ist eine kleine filmische Kostbarkeit, die nicht nur die Texte Bruckers enthält, sondern auch einen Einblick in die Art und das Wesens des Autors gibt.