Zwei junge Katzen spielen im Tierheim. Doch weil dort so viele Artgenossen aufgenommen worden sind, wird langsam der Platz eng. Foto: Archivfoto: Künstle

Zahl der aufgenommenen Tiere auf Rekordhoch. Verwilderte Katzen ein Problem. Erweiterung geplant.

Lahr - 708 Tiere hat das Lahrer Tierheim im vergangenen Jahr aufgenommen – ein neuer Rekord. Vor allem zahlreiche Katzen bereiten den Betreibern Kopfzerbrechen. Wohin mit ihnen? Nun steht ein Um- oder Neubau des Katzenhauses im Raum.

Der Trend geht nach oben. Waren es 2018 noch 630 Tiere, die das Lahrer Tierheim aufnahm, kann die Einrichtung für das vergangene Jahr einen traurigen neuen Rekord verzeichnen: 708 Tiere fanden ihren Weg ins Lahrer Tierheim. Dies liege daran, dass es immer mehr Wildtiere in Not gebe, außerdem werden Tiere "immer mehr zum Konsumgut", erklärt der Vorsitzende des Tierschutzvereins, Martin Spirgatis. Dabei ist fast jedes zweite aufgenommene Tier eine Katze: 299 Fundkatzen sowie 13 Abgabetiere stehen auf der Liste. Hinzu kommen 83 Fundhunde und 13 abgegebene Vierbeiner sowie 165 Wildtiere, darunter Jungvögel, Igel, Marder und Kaninchen.

In Kippenheimweiler gibt’s ein Problem mit verwilderten Katzen

Besonders verwilderte Katzen würden den Mitarbeitern Sorge bereiten. Das sind Katzen, die ohne Menschenkontakt aufgewachsen sind, teilweise in Kolonien leben und sich unkontrolliert vermehren. In fast jeder Gemeinde gebe es ein Problem mit verwilderten Katzen, so Spirgatis. In Lahr sei vor allem der Stadtteil Kippenheimweiler betroffen.

Mitarbeiter des Tierheims haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Katzen einzufangen, zu kastrieren und anschließend wieder freizulassen. Lediglich die ganz jungen Kätzchen könnten an Menschen gewöhnt und vermittelt werden. 116 solcher "wild lebenden" Katzen wurden im vergangenen Jahr von Tierärzten kastriert. Es ist ein Problem, das sich noch verschlimmern könnte. "Die Stadt müsste sich überlegen, ob eine Katzenschutzverordnung sinnvoll ist", so Spirgatis. Diese Verordnung würde Katzenhalter, deren Tiere Freigang haben, in die Pflicht nehmen, ihre Samtpfote zu kastrieren.

Auf Anfrage unserer Redaktion bei der Stadt heißt es dazu, dass bereits ein entsprechendes Anliegen an die Verwaltung herangetragen wurde. "Derzeit wird jedoch versucht, die Halter durch einen Zuschuss zum freiwilligen Kastrieren ihrer Tiere zu animieren. Mit dieser Vorgehensweise möchten wir einige Zeit Erfahrungen sammeln, bevor über die Kastrationspflicht beraten wird. Deshalb haben wir auch für 2020 Mittel zur Auszahlung der Zuschüsse für eine Kastration beantragt", teilt die Stadt auf Nachfrage mit.

"Wir platzen aus allen Nähten"

"Früher konnten wir uns darauf verlassen, dass es im Dezember und Januar recht ruhig ist. Das ist heute aber nicht mehr so. Im Prinzip muss man ständig mit Neuzugängen rechnen", erklärt Spirgatis. Und genau das sei ein Problem. Denn der Platz für etwaige Neuzugänge fehlt. "Wir platzen zeitweise aus allen Nähten", sagt der Vorsitzende. Gehe es so weiter, stehe eine Erweiterung oder sogar ein Neubau des Katzenhauses im Raum. Aber auch die Hundeabteilung ist voll für diese Jahreszeit. Das würde auch daran liegen, dass (zu) wenige Menschen Hunde aus dem Tierheim mitnehmen. "Adoptieren aus dem Tierheim ist nicht so populär wie aus dem Ausland", schätzt Spirgatis.

In der Jahresstatistik des Tierheims werden auch die Außeneinsätze der Mitarbeiter aufgeführt. Zu 133 Einsätzen wurden sie 2019 gerufen, 74 davon in Lahr. Dabei gehe es mal um eine verletzte Katze, mal um einen umherirrenden Hund in einen Supermarkt, mal um etwas ganz anderes. "Es ist immer wieder spannend, wenn nachts um 3 Uhr das Telefon klingelt und man nicht weiß, was einen erwartet", schmunzelt Spirgatis.

Nicht nur beim Tierbestand, sondern auch finanziell hat das Tierheim im Vorjahr einen traurigen Rekord verzeichnet: rund 63.000 Euro an Tierarztkosten mussten 2019 beglichen werden, davon entfielen 49.000 Euro auf die Behandlung von Katzen, von denen wiederum 12.000 Euro für Kastrationen fällig wurden.

Finanziert wird das Tierheim zum großen Teil durch Fundtierverträge mit den Kommunen sowie durch Mitgliedsbeiträge und Spenden. Mittlerweile gebe es zwar deutlich mehr Spender als früher, aber trotzdem schreibe das Tierheim weiter rote Zahlen, wie Spirgatis bedauernd hervorhebt: "Momentan leben wir von Reserven".