Kabarett: Matthias Deutschmann stimmt mit neuem Programm nachdenklich
Lahr. Kabarettist Matthias Deutschmann, der Mann mit dem Cello, fühlt sich in seiner südbadischen Wahlheimat pudelwohl, auch wenn ihm die politische Großwetterlage bisweilen schwer im Magen liegt. Am Samstagabend hat der mittlerweile 60-Jährige bereits zum siebten Mal im Stiftsschaffneikeller gastiert.
Der erste Saisonsieg des heiß geliebten FC Freiburg ist genau zum richtigen Zeitpunkt gekommen. Deutschmann, der vor gut einer Woche seinen 60. Geburtstag gefeiert hat, kann durchatmen. Zumindest beim Fußball stimmt die Richtung, auch wenn die große Koalition mächtig schlingert, die AfD mit ihrem kruden Weltbild viel zu oft die politische Diskussion beherrscht. Während alle anderen Parteien im Bundestag debattieren, hat sie schon einmal im Reichstag Platz genommen, gebietet über die Stammtische und die Straße, so Deutschmann. "Deutschland steht an einer gefährlichen Kreuzung. Von links kommt nichts, von rechts donnert ein scheinbar voll besetzter Zug heran", wie Deutschmann sagt.
Politisches Kabarett muss nicht laut sein und poltern, es kann wie bei ihm auch mit leisen, nachdenklichen Tönen, einer musikalischen Note daherkommen. Deutschmann lässt seine Worte nachhallen, das Cello setzt zusätzliche Zäsuren. Im zweiten Teil des Abends führt es Beethovens "Ode an die Freude" mit orientalischen Klangelementen zusammen.
Über die Machtlosigkeit der Regierung
Der eigentlich aus Nordrhein-Westfalen stammende Kabarettist genießt in der Region einen ausgezeichneten Ruf. Er agiert mit dem satirischen Florett und dem Geigenbogen. Er kommentiert messerscharf das politische Geschehen, die Machtlosigkeit einer Regierung, die nur noch verwaltet, lässt dabei aber nur ganz selten die Galle überkochen. Er wird trotzdem überdeutlich, wenn er daran erinnert, dass ausgerechnet in der ehemaligen Karl-Marx-Stadt der braune Mob aufmarschiert. Der thüringische Verfassungsschutz zum "Völkischen Beobachter" mutiert ist und die NPD als bedeutungslos gilt, seit sich die V-Leute des Staates zurückgezogen haben. Er hinterfragt die in der Affäre um Jan Böhmermann ausgehebelte Freiheit der Kunst, landet bei den "Fake News", der längst ernsthaft bedrohten Pressefreiheit. In den späten 1970er-Jahren wurde als Instrument der Gegenkultur die "taz" gegründet, heute werden im Internet Hassbotschaften verbreitet und Journalisten auf offener Straße bedroht. Man dürfe nicht weichen, weder vor Trump, noch vor Erdogan oder Putin, den sich Deutschmann für die Zugabe aufspart. Es kann auch kein Zurückweichen geben, wenn die Anhänger der AfD demnächst im Kabarett auftauchen. Nationale Alleingänge können schließlich nach hinten losgehen, richtet er den Blick auf Großbritannien, das derzeit eifrig an "Little Britain" zimmert.