FDP-Kandidat Tino Ritter fordert ein Umdenken in der Politik. Foto: Schubert

FDP-Kandidat Tino Ritter kritisiert Corona-Politik der Bundesregierung / Gegen einen "Versorgerstaat"

Lahr - FDP-Kandidat Tino Ritter regt sich über die "Freiheitsbeschränkungen" in der Pandemie auf. Sich gegen das Virus impfen zu lassen, ist aber keine Option für den Liberalen. Er ist sich sicher: Eine Corona-Infektion würde er "gut wegstecken".

Die Wut auf die Art und Weise, wie die aktuelle Bundesregierung die Pandemie gemanagt hat, ist dem 49-jährigen gebürtigen Augsburger anzumerken: "Der Lockdown und die Freiheitsbeschränkung der Bürger sind für mich ein Skandal." Da das, was man habe schützen wollen – die Kapazität der Intensivstationen – in der Pandemie gar nicht wirklich bedroht gewesen sei. Die Belegung der Intensivstationen sei während der Pandemie konstant gewesen, so Ritter. Die Freiheiten der Bevölkerung habe man trotzdem eingeschränkt.

Seiner Meinung nach sei die Corona-Politik eine Politik der Emotionen und der Panik gewesen. Bilder aus Norditalien hätten die Angst bei den Bürgern geschürt, die danach gar keine Chance mehr gehabt hätten, mit der Situation vernünftig umzugehen. Dazu gemischt hätten sich die ständigen Unwahrheiten der politischen Verantwortlichen, vor allem zu Beginn der Pandemie. Beispielsweise, dass es keinen Lockdown geben würde. Zwei Wochen später sei er dann verhängt worden. Ob es sich da um Unwahrheiten handelt oder vielleicht einfach um Fehler, die die Regierung in der Kommunikation begangen hat? Ritter beharrt, die Regierung habe da gelogen. Gewünscht hätte sich der Liberale Haltung und klare Aussagen, zumal man ihm zufolge gesehen habe, was in anderen Ländern zu diesem Zeitpunkt los war.

Wie er persönlich künftig in der Corona-Politik verfahren würde? "Ich würde die Angst rausnehmen und aufhören, die Leute gegeneinander auszuspielen", sagt Ritter in Bezug auf die teils gespaltenen Meinungen in der Bevölkerung hinsichtlich der Corona-Impfung. Seine Meinung hingegen ist sehr klar: "Ich bin nicht geimpft, ich werde mich niemals impfen lassen." Seine Begründung: "Einerseits glaube ich, dass ich es gut wegstecken würde, anderseits bin ich keine Gefahr für die Geimpften."

Eine Impfung ist für ihn ausgeschlossen

Die seien ja ohnehin immunisiert. Als "absoluten Horror" bezeichnet er das Impfen von Kindern unter zwölf Jahren. Vielmehr solle der Impfstoff ärmeren Ländern und den dortigen Risikogruppen im Rahmen einer humanitäre Hilfe zur Verfügung gestellt werden: "Anstatt ihn hier an Kinder zu verimpfen, die null Risiko haben."

Klare Positionen in der Politik beziehen, das möchte Ritter, falls er in den Bundestag einzieht. Etwa im Bereich Soziales. Er möchte weg von einem Versorgerstaat mit Arbeitslosengeld und Hartz IV und hin zu einem bedingungslosen Grundeinkommen. "Dieser Versorgerstaat ist für mich ein Verlassen der Menschen", sagt er. Vielmehr solle man Bürgern die Möglichkeit zur "Selbstermächtigung und zur individuellen Lebensplanung" bieten.

Auch im Bereich der Wirtschaft hat Ritter klare Ziele. Entbürokratisierung ist hier sein Stichwort. Einen schlanken Staat mit möglichst wenigen Auflagen und Regelungen, das fordert er, damit die Unternehmen auf europäischer Ebene konkurrenzfähig bleiben.

Auch im Bereich der Klimapolitik liefert der Kandidat Vorschläge. Von Berufs wegen kennt er sich als Energieeffizienz-Berater des Bundes gut mit diesem Thema aus. Aktuell würden energieeffiziente Häuser gebaut. Diese verbrauchten zwar wenig Energie, aber seien nicht klimaneutral. Die Baustoffe seien teilweise klimaschädlich und würden oftmals von weither transportiert. "Hier muss ein Umdenken stattfinden", fordert der Freiberufler. Doch nicht nur beim Bauen sieht Ritter Raum für Veränderung. Die Klimawende könne man nicht erreichen, wenn man nur auf Bundesebene handle.

Kandidat fordert ein energieautarkes Europa

Es brauche eine ganzheitliche, europäische Herangehensweise: "Mein ganz großer Traum ist es, dass Europa der erste energieautarke Kontinent wird."

Im sonnigen europäischen Süden sollten ihm zufolge vermehrt Solaranlagen gebaut, im windigen europäischen Norden hingegen auf mehr Windanlagen gesetzt werden. Somit könne wenigstens für einen Teil Europas grüner Strom erzeugt werden, erklärt der Kandidat.

Ob das im FDP-Wahlprogramm gesetzte Ziel, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen, nicht viel zu spät ist? Hier stimmt Ritter zu: "Man kann keinen europäischen Staat zur Klimaneutralität zwingen." Mit der Umsetzung hätte man früher anfangen müssen, denn "so etwas braucht Zeit". Die Technologien seien aber da und marktführend einsetzbar. "Aber die Politik setzt es nicht um. Die Vorbereitungen hätten schon lange passieren müssen, sind sie aber nicht."

In der Regierung mitzugestalten, diese Chance hat sich seiner Partei bei der Bundestagswahl 2017 geboten. Doch Union, Grüne und FDP kamen bei Sondierungsgesprächen auf keinen gemeinsamen Nenner. "Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren", sagte FDP-Parteichef Christian Lindner damals. Auf die Nachfrage unserer Zeitung, ob Demokratie nicht auch Kompromissbereitschaft bedeute, zieht der Liberale es vor, den Fehler bei den anderen zu suchen: "Mir kam es so vor, als sei es Merkel recht gewesen, dass die Verhandlungen gescheitert sind und sie wieder mit ihrer SPD koalieren konnte."

Koalieren möchte Ritter eigentlich mit keiner Partei so richtig: "Bei all diesen Träumern und Egomanen in der Politik ist die FDP die vernünftigste Kraft." Entlocken kann man ihm dann doch, dass er ein grün-gelbes Bündnis persönlich nicht ausschließen möchte. Für ihn hätten die Grünen Ziele und die FDP das Wissen, wie man diese konzeptionell umsetzen könnte.

Zur Person

Tino Ritter, wohnhaft in Lahr und Vater von drei erwachsenen Söhnen, ist 2017 in die FDP eingetreten. Als freiberuflicher Energieberater betreibt er ein Büro für Energieberatung und Bauphysik. Außerdem ist er mit mehreren Erfindungen, wie etwa einer Zitruspresse, im Register des Patentamtes eingetragen. Von 1988 bis 2001 gehörte Ritter der SPD an, von der er sich aber im Laufe der Jahre inhaltlich entfernt habe, um letztlich auszutreten.