Für den neuen Personalausweis werden die Abdrücke beider Zeigefinger gescannt. Foto: Wolfram Kastl/dpa

Bürger: Neuer Personalausweise nach EU-Standard / Kritiker besorgt um Datenschutz

Lahr - Wer einen neuen Personalausweis braucht, muss bei der Beantragung jetzt seinen Fingerabdruck einscannen lassen. Durch die Umsetzung dieser EU-Verordnung soll Identitätsmissbrauch verhindert werden. Auch in Lahr wird die Maßnahme umgesetzt.Gescannte Fingerabdrücke kommen in unserem Alltag immer häufiger zum Einsatz.

 

Etwa bei der Verriegelung von Türen oder beim Sperren des Smartphones. Wenn entriegelt oder entsperrt werden soll, reicht eine einfache Berührung der jeweiligen Touch-Oberfläche völlig aus, die Maschinen erkennen den eingespeicherten Abdruck automatisch wieder. Auch bei den neuen Personalausweisen kommen Fingerabdrücke jetzt zum Einsatz – und zwar verpflichtend. Kommunen setzen mit dieser Regelung seit dem 2. August eine EU-Verordnung um, die vorsieht, die Personalausweise europaweit einander anzugleichen.

Wer in Lahr einen neuen Personalausweis beantragt, tut dies im Bürgerbüro. Von dort wird der Personalausweis verschlüsselt bei der Bundesdruckerei in Berlin bestellt. Letztere stellt den Ausweis her und schickt ihn zurück an die Stadt, wie die Verwaltung mitteilt.

Identitätsmissbrauch ist ein Stichwort, das mit dieser neuen Regelung in Zusammenhang steht. Denn auf europäischer Ebene würden die zur Identitätsfeststellung berechtigten Behörden insgesamt über eine stark zunehmende Zahl von Verdachtsfällen berichten, in denen echte Dokumente von anderen, ähnlich aussehenden Menschen gebraucht würden. So schreibt es das "Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat" (BMI) auf seiner Homepage. "Ein solcher Identitätsmissbrauch kann jedoch nur dann schnell und sicher vor Ort festgestellt werden, wenn im Dokument die für jeden Mensch einzigartigen Fingerabdrücke gespeichert werden und zum Abgleich zur Verfügung stehen", so das BMI weiter.

Neuerung dient dem Kampf gegen das organisierte Verbrechen

Die EU-Verordnung ist Teil des Aktionsplans 2016 der EU-Kommission, in dem Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit von Dokumenten wie Personalausweise und Aufenthaltskarten gefordert wurden, insbesondere angesichts der jüngsten Terroranschläge. Im Kampf gegen Terrorismus, organisiertes Verbrechen und Identitätsdiebstahl sei die Sicherheit von Ausweispapieren ein Schlüsselelement, so die Verordnung.

Im neuen Design der Personalausweise wird laut BMI das EU-Logo auf der Vorderseite des Dokuments am auffälligsten sein. Weniger auffällig, aber dennoch die Neuheit, ist der gescannte Fingerabdruck. Dieser wird – wie bisher auch bei Reisepässen üblich – ausschließlich im Chip des Personalausweises gespeichert. In der Regel würden beide Zeigefinger gescannt, heißt es aus dem Lahrer und Seelbacher Rathaus unisono auf Nachfrage unserer Zeitung. Bei schlechter Qualität, etwa bei Narben oder schlechter Erkennbarkeit, werde auf die anderen Finger ausgewichen.

"Das Scannen des Fingerabdrucks ist bereits seit 2007 bei Reisepässen verpflichtend und konnte seither auch auf Wunsch des Antragssteller bei Personalausweisen gespeichert werden", informiert die Schuttertäler Gemeindeverwaltung. Auch das Lahrer Rathaus verfügt über den für den neuen Personalausweis erforderlichen Fingerabdruckscanner.

Fingerabdruck wird im Chip des neuen Ausweises gespeichert

Aber erhöht der digitale Fingerabdruck auf dem Chip des neuen Ausweis wirklich die Sicherheit? Datenschützer bezweifeln das und üben harsche Kritik an der neuen Regelung. So hat der Verein Digitalcourage die Fingerabdruck-Pflicht unter anderem mit einer Stellungnahme im Innenausschuss des Bundestags kritisiert. Auf seiner Webseite zitiert der Verein sein Mitglied Friedemann Ebelt: "Mit dem Zwang zur Speicherung von Fingerabdrücken werden rechtstreue Bürgerinnen und Bürger beinahe behandelt wie Verdächtige. Es gibt keinen legitimen und zwingenden Grund, pauschal die ganze Bevölkerung zur Abgabe von zwei Fingerabdrücken zu zwingen."

Fingerabdrücke werden ihm zufolge bereits heute als Schlüssel für Smartphones, Büros und Fahrzeuge genutzt. Aber anders als Passwörter könne man sie nicht ändern, wenn sie gehackt und gestohlen würden. "Langfristig gesehen werden die Fingerabdrücke in Datenbanken von nicht vertrauenswürdigen Behörden, Geheimdiensten oder Kriminellen gelangen. Das ist ein Sicherheitsproblem für Smartphones, Büros und Fahrzeuge. Was heute sicher ist, kann in fünf oder zehn Jahren unsicher sein", führt Ebelt aus.

Auf die Nachfrage unserer Redaktion bei den Verwaltungen Lahr, Schuttertal und Seelbach, wie lange ein Fingerabdruck im gemeindeinternen System gespeichert werde, antworteten diese, dass der Fingerabdruck gelöscht werde, sobald der Personalausweis ausgehändigt wird. Außerdem behalten die bisherigen Ausweise ohne digitalen Fingerabdruck ihre Gültigkeit und würden keiner Preisänderung unterliegen. Bürger unter 24 Jahre zahlen 22,80 Euro für einen Personalausweis, wer älter als 24 Jahre ist, 37 Euro.