Knalliger Auftritt: Marlies Blume überzeugte nicht nur mit ihren Outfits. Foto: Baublies Foto: Lahrer Zeitung

Heike Sauer als Marlies Blume überzeugt mit Komik, Klamauk und ein wenig Weltverbesserung.

Schillernde Outfits, biederer Charme und Rock ’n’ Roll: Heike Sauer hat mit der schwäbischen Figur der Marlies Blume und dem Programm "Ohne dich fehlt dir was" einen fulminanten Aufritt im Stiftschaffeinkeller hingelegt.

Lahr. Die Welt der Marlies Blume ist rosa und rot – mit violetten Einsprengseln. So schrill und grell wie das Outfit Sauers war der gesamte Abend. Die Kabarettistin jonglierte virtuos mit Worthülsen – mehr oder weniger leer, Doppeldeutigkeiten, Banalitäten und anderen Weisheiten. So gelte es, "im Leben alles unter einen Hut zu bringen, was auf keine Kuhhaut passt". Dem folgte die Erkenntnis, dass Schwaben und Schwäbinnen erst mit 40 Jahren gescheit werden. Also hatte sie noch eine Erkenntnis parat. "Die meiste Zeit im Leben verbringst du mit dir selbst." Das wurde Programm.

Der Einlauf war vielversprechend. Marlies Blume stöckelte auf Plateauschuhen zur Fanfare "Also sprach Zarathustra" – der sinfonischen Dichtung von Richard Strauß nach dem Buch von Friedrich Nietzsche – die Treppe herunter und auf die Bühne. Wer aber denkt, dass diese etwas aufgeblähte Ouvertüre Programm sei – weit gefehlt! Nietzsche hat sinngemäß das Bonmot von "parfümiertem Qualm, in dem es blitzt" geprägt. Die Kabarettistin Sauer hat sich mit dem Typ der Biedermeierfrau Marlies Blume auch redlich bemüht, diesen Anschein zu wecken. Dem steht aber die außerordentlich präzise Sprache – wenn auch alles auf Schwäbisch – klar entgegen.

Mensch ähnelt einem Dressurpferd

Die Behauptung, "ich denke nach – bevor ich schwätze", wird also gestimmt haben. Sie selbst habe bereits, so ihre Vorstellung, "die Metamorphose von der Traube zur Rosine" vollbracht. Früher war ich bildschön, heute ist das Bild schön."

So waren Marlies Blume und die für ein Kabarett vielen Besucher im SSK am Freitag endlich beim Thema: "Ohne dich fehlt Dir was". Der Mensch ähnelt in gewisser Hinsicht einem Dressurpferd, das von Scheuklappen gelenkt nicht über die eigenen Vorderhufe hinaussehen könne. Die Gesten der Frau, inzwischen der Plateauschuhe ledig, sprachen da Bände. Von der Mimik ganz zu schweigen. Es gibt Zusammenhänge zwischen Kompetenz und Inkontinenz. Wer es laufen lasse, entwickele Potenziale, die fließen wollen. Dem folgte fast ohne Atemholen die nächste Erkenntnis: "Der Mensch ist ein Hefeteig – er wird von selber groß." Mit der Sprache, bei der sich trotz des vordergründigen Klamauks das genaue Zuhören lohnt, überzeugte sie die Besucher am Freitagabend.

Eine Besonderheit waren die Liedeinlagen. Einmal durften oder mussten alle etwa 100 Gäste im Kanon Marlies Blume unterstützen. Klassisch hatten die Gäste da die Aufgabe des Chors im antiken Theater. Sie unterstützten die Solistin mit einer nicht wirklich ernstgemeinten Geräuschkulisse. Die nächste Erkenntnis: Marlies Blume wird als UN-Friedensbotschafterin beim "Eurovision Song Contest" auftreten. Eine Probe war die Metamorphose von "Ein bisschen Frieden" (Nicole war damit 1982 Siegerin geworden) und der Rockhymne "We Will Rock You" von Queen. Die Verwandlung von Frau Biedermeier zur schrillen Röhre war perfekt.