Corona: Wie Geschäftsleute und Gastronomen mit der Krise umgehen, Stadtpark ab sofort geschlossen
Lahr - Eine Stadt läuft plötzlich wie in Zeitlupe. Das Leben in Lahr kommt Stück für Stück zum Erliegen. Neue Vorgaben werden von den Behörden umgesetzt, die Verunsicherung ist groß. Eindrücke von einem sehr sonderbaren Mittwoch und Ausblick auf heute. Die Marktstraße ist am Mittwoch um die Mittagszeit ungewöhnlich verwaist. Einige Passanten bummeln durch die sonnigen Gassen, haben alle Zeit der Welt, schauen in Geschäfte, sind verwundert. Zwei städtische Mitarbeiter des Ordnungsdienstes laufen Patrouille. Eigentlich sollten die Straßen leer gefegt und die Menschen zu Hause sein, wie es die Verantwortlichen der Politik empfehlen (siehe Text unten). Doch längst nicht alle halten sich daran. Und es wird deutlich: Die Verunsicherung ist groß.
Geschäftsleute verzweifelt: Gleich in mehreren Läden sieht man durch die Schaufenster Verkäufer in Besprechungen zusammenstehen. Es gibt Anweisungen für die Zeit der Schließung. Einer, der dabei war, berichtet von einer völlig niedergeschlagenen Stimmung in den Einzelhandelsgeschäften. "Komplette Katastrophe!" Ein anderer, alteingesessener Geschäftsinhaber, den unsere Redaktion auf der Marktstraße trifft, ist aschfahl im Gesicht. Bitte keinen Namen. Er schildert die Lage bei sich, seine Augen füllen sich mit Tränen. Das Gespräch stockt. Was will der Reporter denn da noch fragen? Die tränenerfüllten Augen, sie erzählen die ganze Tragödie wortlos. Offen haben dürfen nur noch Lebensmittelgeschäfte, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Tankstellen, Banken, Post, Frisöre, Reinigungen, Waschsalons, der Zeitungsverkauf, Hofläden, Raiffeisen-, Bau-, Gartenbau- und Tierbedarfsmärkte und der Großhandel.
Gaststätten doch offen: Was gilt denn nun? Sind die Kneipen und Restaurants nun noch offen, oder haben sie schon zu? Das Wirrwarr um die Gastro-Öffnungszeiten sorgt für Irritationen. Am Marktplatz haben die beiden Caféhäuser geschlossen. Auch Peter Wochnig vom Bistro im "Wolkenkratzer" hat seit Mittwoch dicht. Er kritisiert das Durcheinander bei den amtlichen Verlautbarungen und Regelungen. "Da blickt doch keiner mehr durch!" Wochnig empfiehlt, alles geschlossen zu halten. Wirtschaftlich eine Katastrophe, das weiß er. "Aber aus medizinischer Sicht ist das einfach nötig", findet er. Die Regelung lautet nun: Speisegaststätten dürfen von 6 bis 18 Uhr offen haben. Auch Cafés sind offen. Geschlossen: Bars, Shishalokale, Diskos, Eisdielen und Kneipen. Restaurants liefern aus: Ein paar Schritte weiter, in der Pizzeria der Familie Giusa, schiebt Inhaberin Renata Guisa ein Werbeschild in den Eingang. "Wir liefern jetzt Mittagstisch aus", sagt sie. Man müsse alles versuchen, um das Geschäft am Laufen zu halten. Wissend, dass es wenig bringen wird. In der Arena vieles dicht: In Lahrs größter Einkaufsmall ist alles anders. Kohlers E-Center, Apotheke, Drogerie sowie Bäckerei und Restaurant sind ebenso geöffnet wie Reinigung, Schlüsseldienst und Post, doch alle anderen Geschäfte sind zu. Aushänge informieren über die Schließungen, teils aufmunternd ("Gemeinsam schaffen wir das") oder mit dem Hinweis, dass man auf behördliche Anweisung hin dicht machen müsse. In der offenen Apotheke informieren Zettel: Nicht mehr als drei Kunden dürfen gleichzeitig rein, wer Erkältungssymptome aufweist, soll direkt zum Notdienstschalter kommen, und Desinfektionsmittel sind ausverkauft. Wohin soll die Post? Ein Briefträger in der Innenstadt hat hingegen ganz andere Sorgen: "Wohin soll ich nun die Post bringen, wenn die Geschäfte fast alle geschlossen und keinen Briefkasten haben?" Die Postzustellung sei weiterhin geplant. Vor allem bei den Paketen haben die Zusteller derzeit alle Hände voll zu tun. "Wir haben Geschäft wie sonst nur an Weihnachten. Glatt die dreifache Menge an Päckchen und Paketen", weiß der Postbedienstete. "Die Menschen sitzen zu Hause und bestellen online", ist sich der Postbote sicher. Weniger Busgäste: In den Lahrer Stadtbussen ist spürbar weniger Andrang. "Es gibt einen Rückgang, den wir zahlenmäßig aber noch nicht benennen können", erklärt SWEG-Sprecher Christoph Meichsner auf LZ-Nachfrage. Die Fahrer auf den Stadtlinien würden aber von merklich weniger Fahrgästen berichten. Vor allem auch Berufspendler dürften die Busse weniger auslasten, weil viele mittlerweile von zu Hause aus arbeiten. In den Bussen selbst laufe der Betrieb störungsfrei. Die Fahrgäste würden Abstand halten. Tickets brauche man natürlich weiterhin, man müsse sie sich aber vor Fahrtantritt am Automaten kaufen. In den Bussen gebe es keine zu kaufen. Solidar-Appell: Der Discounter Penny in Lahr ruft seine Kunden zwischenzeitlich zur Solidarität auf. "Liebe Nachbarn! Es gibt genug für alle. Wir füllen mehrfach täglich auf. Bitte kauft nur in haushaltsüblichen Mengen ein, damit Eure Mitmenschen auch etwas bekommen." Die Mitarbeiter im Markt würden "wirklich alles geben", um den Verkauf sicherzustellen. "Das hat großen Respekt verdient", findet der Discounter. Bücher an die Haustüre: Die Buchhandlung Schwab in der Marktstraße liefert Bücher in Lahr und den Stadtteilen gratis bis nach Hause, wenn man diese telefonisch bestellt. Sitzungen fallen aus: Sämtliche Gremiensitzungen der Stadt und der Ortschaften werden bis auf Weiteres ausgesetzt. Die Sitzung des Gemeinderats am Montag, 23. März, wird "zur Regelung der weiteren Handlungsfähigkeit der Verwaltung" aber stattfinden, in der Mehrzweckhalle im Bürgerpark. Bestattungen neu geregelt: Beerdigungen und Trauerfeiern finden statt, aber nur noch unter Beteiligung der engsten Angehörigen. In den geschlossenen Einrichtungen der Friedhöfe wurden Vorkehrungen getroffen, so dass der Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten wird. Spielplätze zu: Das Land hat jetzt verfügt, dass ab Donnerstag auch Spielplätze und Sportfreianlagen geschlossen werden müssen. Stadtpark dicht: Gleichzeitig wird ab Donnerstag auch der Stadtpark für den Besucherverkehr geschlossen, informierte die Stadt. Dort war am Mittwoch noch jede Menge los. Das war vorerst der letzte starke Besuchertag.
Auf Abstand
Im E-Center der Arena wurden Plexiglasscheiben vor den Kassen montiert, die die Kassenkräfte davor bewahren sollen, von Kunden mit dem Virus infiziert zu werden. Auf dem Boden vor den Kassen kleben gelb-schwarze Streifen im Abstand von jeweils eineinhalb Metern, mit denen die Wartezonen für die Kunden markiert werden.