Die regionale Band "Bail" und Musikerin Patty Moon spielten im früheren Schlosshotel Waldlust in Freudenstadt. Foto: Wilhelm Foto: Lahrer Zeitung

Konzert: Besondere Aktion der Band "Bail" in Freudenstadt

Lahr. Nachdem die regionale Band "Bail" das Video zu ihrem Song "Paris" im früheren Schlosshotel Waldlust in Freudenstadt aufgenommen hatte, kam Klaus Biehler auf die Idee, ein Konzert in diesem "lost place", diesem "verlorenen Ort" zu veranstalten. Zusammen mit Patty Moon passen Bail mit ihrer jeweils melancholischen Grundstimmung perfekt in das morbide Ambiente der Waldlust.

Schon die Anfahrt im spärlich Fanbus beleuchteten durch den verregneten, dunstigen Schwarzwald brachte die über 40 Fans von Emmendingen bis Oberkirch in eine Stimmung wie in einem Edgar-Wallace-Film.

Seit 2005 ist das 1902 eröffnete Grand Hotel geschlossen. Fürsten, Sultane und Könige gingen ein und aus, in den 1930er-Jahren auch Filmstars wie Stummfilm-Schauspieler Douglas Fairbanks und Mary Pickford. Schon in den 60er-Jahren sprachen Angestellte des damals gerade erst wiedereröffneten Hotels von Geistern. Das Schlosshotel sei ein Ort "unerlöster Seelen".

Im ehemaligen Ballsaal war eine kleine Bühne aufgebaut, wobei sich Assoziationen mit Hercule-Poirot-Filmen aufdrängten – Damen und Herren im Cocktailkleid und Smoking ließen sich von livrierten Obern Sherry, Martini oder Champagner servieren. Patty Moon mit Judith Heusch am Gesang und Piano und Silke Täubert am Cello fügten sich mit ihren Songs wunderbar in diese Stimmung von Vergänglichkeit und Morbidität. Die elegischen Songs von Heusch gewannen in Kombination mit der schwermütigen Eleganz des Cellos von Täubert an melancholischer Intensität gewonnen und entführten die Zuhörer in eine tranceartige Entrücktheit. "Underwater" oder "Landscape" entwickeln eine filigrane Zerbrechlicheit.

Nach kurzer Umbaupause bringen sich Frontmann Klaus Biehler (Gitarre, Gesang) und Bertram Hensle (akustische Gitarre, Keyboard, Gesang) an ihrer Seite Marco Hoffmann (Gitarre), Matthias van Steenis (Schlagzeug) und Oliver Schuppler (Bass) auf der Bühne in Position. Schon vom ersten Song an wird klar: Mit den spooky Synthiesounds von Hensle und jammernden Gitarrenkaskaden von Biehler und Hoffmann werden die Zuschauer in eine unwirkliche Stimmung versetzt. Der Song „in another Place“ wird zur passenden Hymne, nachdem „This Letter is Dad“ in Form der Lifelyrics a la SWR 3 präsentiert wurde, steuerte „Bail“ auf das Highlight des Abends zu. Der Song „Paris“, den Klaus Biehler zusammen mit seiner Frau Simone darbot, mutierte in dieser Location zum einzigartigen Gesamtkunstwerk – es entstand der Eindruck als ob die Zuhörer gedanklich einen gespenstischen Rundgang durch das dem Verfall ausgelieferten Räumen des Hotels vollziehen. Hatte sich anfangs noch der Hotelgeist in die Soundanlage eingeschlichen, stabilisierte sich zunehmend der Klangkörper und der trockene Sarkasmus, mit denen Biehler seine surrealistisches Alltagswahrnehmung wiedergibt, wie beispielhaft in dem Song „Little Monsters“, wurden verstehbar.

Die zunehmende Kälte, eigentlich typisch für einen „Lost Place“, holte die Zuhörer wieder in die Realität zurück und nach Mitternacht ging es mit dem Bus wieder zurück durch die dunkle Nacht des Schwarzwaldes. Patty Moon und Bail haben den Zuhörern ein sicher einzigartiges Konzerterlebnis geboten, ein gelungenes Experiment und das gruselige Kribbeln von Halloween wurde schon ein bisschen vorweggenommen.