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Der Lärmschutz am Stuttgarter Flughafen wird verschärft, Anwohner erhalten Zuschüsse.

Stuttgart - Rund 60 Millionen Euro hat der Landesflughafen seit Mitte der 90er Jahre in Schallschutz an privaten Gebäuden investieren müssen. Ein Gesetz beschert dem Airport nun eine zusätzliche Nachtschutzzone - und weitere Ansprüche in Höhe eines einstelligen Millionenbetrags.

Immer mehr Menschen leiden unter Lärm - auch im Umfeld von Flughäfen. Im Jahr 2005 nahm der Lärmschutzbeauftragte auf den Fildern noch 946 Beschwerden auf. 2009 waren es 1599, im Jahr zuvor sogar 2259. Weil dies andernorts nicht anders aussieht, hat der Bundesrat Anfang 2007 eine Neuauflage des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm von 1971 gebilligt. Bis Anfang 2011 will es das Land umsetzen - auch in Stuttgart.

Hier gibt es zurzeit drei Bereiche: den Flughafen selbst, darum herum die Lärmschutzzone 1, in der 75 Dezibel (A) als Obergrenze gelten, sowie die Lärmschutzzone 2 mit 67 Dezibel (A). Künftig werden in der sogenannten Tag-Schutzzone 1 65 Dezibel (A) gelten, in der Tag-Schutzzone 2 60 Dezibel (A). Die Werte sind zwar niedriger als bisher, weil aber die Flugzeuge leiser und die Berechnungsmethoden anders geworden sind, entsprechen sich die alten und neuen Zonen laut einem Sprecher des Stuttgarter Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr weitgehend.

3000 Betroffene erhalten Zuschüsse

Neu dazu kommt aber eine Nacht-Schutzzone, deren Ausmaß sich aus den sechs lautesten Abflügen oder Landungen zwischen 22 und 6 Uhr ableitet. Auf den Fildern sind von 23 Uhr an Starts für Linienflüge mit Düsenmaschinen eigentlich tabu, von 23.30 Uhr an auch Landungen von Düsenmaschinen, die nicht für den Transport von Luftpost eingesetzt werden. Nur Flugzeuge mit modernen Triebwerken, die planmäßig vor 23.30 Uhr ankommen sollten, dürfen bis 24 Uhr ohne Ausnahmegenehmigung aufsetzen. Später gab es im vergangenen Jahr 44 Ausnahme-Starts und 67 -Landungen.

Die neue Schutzzone reicht im Westen bis Schönaich (Kreis Böblingen) und im Osten bis Esslingen-Sirnau. Kleine Teile von Steinenbronn, Echterdingen, Stetten, Bernhausen, Nellingen, Plieningen, Berkheim und Denkendorf liegen erstmals innerhalb einer Lärmschutzzone. Dabei handelt es sich nach Angaben von Flughafensprecher Volkmar Krämer um 1000 bis 3000 Betroffene in Häusern oder Wohnungen. Das Bundesumweltministerium rechnete vor drei Jahren mit 480 bis 630 Millionen Euro, die alle deutschen Flughäfen mit mehr als 25000 Starts und Landungen pro Jahr zusätzlich investieren müssten. "Wir sind Gott sei Dank keiner von denen, die das richtig trifft", sagt Volkmar Krämer, "wir rechnen mit Maßnahmen im einstelligen Millionenbereich."

Laut Krämer ist Stuttgart beim passiven Lärmschutz schon auf dem Niveau des neuen Gesetzes. Der Grund: Als die Start-und-Lande-Bahn 1995 und 1996 verlegt und verlängert wurde, hätten die Behörden sehr großen Wert auf das Thema gelegt. Bis 2004 seien mehr als 9000 Wohneinheiten für 53 Millionen Euro mit speziellen Fenstern ausgerüstet worden. Krämer: "Viele davon hätten heute keinen Anspruch auf Schallschutz mehr." Weitere sieben Millionen Euro investierte man in andere Programme wie den Lärmminderungsplan Filder.

Im regionalen Planungsausschuss, der das neue Gesetz am Montag einstimmig begrüßte, freuten sich die Mitglieder vor allem über klare Vorgaben für den Wohnungsbau. Für Stuttgarts Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD) etwa entstehen rund um den Flughafen immer noch zu viele Wohngebiete, in denen sich die Bauherrn dann fragten: "Wie sind wir alle hierhergekommen, und wieso ist das so laut?" Das neue Gesetz soll die Bautätigkeiten in den Schutzzonen weiter einschränken.