Der Lärmaktionsplan-Entwurf sieht für Vorderlehengericht Tempo 30, in den Einfahrtsbereichen Tempo 50 vor. Foto: Sum

Große Überraschungen enthält der Entwurf für den Lärmaktionsplan in Schiltach nicht. Auf die ganz breite Zustimmung trifft er bei der Vorstellung im Gemeinderat ebenfalls nicht: Vor allem der Tempo-30-Vorschlag für Vorderlehengericht wird infrage gestellt.

Schiltach - Auf weniger öffentliches Interesse als so mancher erwartet haben dürfte, ist die Vorstellung des Lärmaktionsplan-Entwurfs am Mittwoch gestoßen. Gerade einmal drei Besucher, allesamt von der Blattenhäuserwiese, waren in die Friedrich-Grohe-Halle gekommen – und sie dürften am Ende wohl enttäuscht gewesen sein.

Diana Neef vom Ingenieurbüro Kurz und Fischer stellte den Entwurf vor. Sie erinnerte daran, dass die Stadt verpflichtet sei, einen Lärmaktionsplan für die B 462/B 294 zu erstellen. Gefordert ist dieser "nur" ab dem Knotenpunkt der Bundesstraßen bis zur Kreisgrenze bei Halbmeil. Die Stadt hatte sich Anfang 2019 aber dafür entschieden, auch die Bereiche entlang der B 462 Richtung Schramberg und Schenkenzell in den Plan mit aufzunehmen.

Seit 2018, so führte Neef aus, sei es einfacher, Maßnahmen auch bei geringeren Lärmpegeln umzusetzen. Tags gelten jetzt Werte von 65 dB(A) (vorher: 70) und nachts 55 dB(A) (vorher: 60) als "gesundheitskritisch". Sie stellte zunächst die Ergebnisse der Lärmanalyse vor: Sowohl im Bereich Schmelze/Bühl also auch in der Ortsdurchfahrt Vorderlehengericht, Hinterlehengericht und auf Höhe vom Hoffeld gibt es deutliche Überschreitungen bei dem Lärmpegeln.

Neef schlug für alle Bereiche Geschwindigkeitsbeschränkungen vor, um den Lärm zu reduzieren: An der Schmelze soll das Limit von 70 auf 50 Stundenkilometer reduziert werden. Für die Ortsdurchfahrt Vorderlehengericht empfahl sie Tempo 30, mit Tempo 50 in den Einfahrtsbereichen. Fürs Hoffeld soll die Geschwindigkeit ebenfalls herabgesetzt werden: zunächst von 60 auf 50 Stundenkilometer und im weiteren Verlauf Richtung Schenkenzell von 80 beziehungsweise 100 auf 70 Stundenkilometer. In Hinterlehengericht soll ebenfalls Tempo 30 kommen. Damit, so führte Neef aus, ließen sich je nach Stelle Lärmreduzierungen zwischen einem und drei Dezibel erzielen. Drei Dezibel entsprechen einer Verdopplung/Halbierung des Lärmpegels.

Ob die Tempolimits wirklich kommen, entscheide letztlich die Verkehrsbehörde. Sie wägen auch andere Punkte wie Luftreinhaltung und Verdrängungseffekte ab, erklärte Neef.

Flüsterasphalt denkbar

Mittelfristig könnte zudem zwischen dem Kirchbergtunnel und Bühl Flüsterasphalt eingebaut werden, der ebenfalls nochmals ein Dezibel Lärm reduzieren würde. Die Erneuerung der Fahrbahndecke sei 2024 sowieso vorgesehen – der Flüsterasphalt sei kaum teurer als herkömmlicher. Auch passive Maßnahmen wie der Einbau von Schallschutzfenstern gefördert werden.

Nichts vorgesehen ist für die Blattenhäuserwiese. "Dort haben die Berechnungen keine Überschreitungen ergeben", die Maßnahmen möglich machten, sagte Bürgermeister Thomas Haas im Anschluss an Neefs Präsentation. Es handle sich nicht um einen endgültigen Beschluss. "Wir müssen heute nur entscheiden, ob wir damit mal ins Rennen gehen."

Michael Buzzi befürwortete die Tempolimits, auch wenn er sich "nicht getraut hätte", sie in dieser Höhe zu fordern. "Langsam zu fahren ist viel mehr Nervensache als Zeitverlust", hielt er die zeitlichen Verzögerungen für nicht allzu gravierend. Axel Rombach fand "Tempo 30 auf der Bundesstraße, wo der Verkehr ja fließen soll, schwierig". Er hätte sich weitere Maßnahmen gewünscht. Seine Befürchtungen teilte Inge Wolber-Berthold: "Ich kann mir vorstellen, dass es morgens Rückstau bis Halbmeil gibt" und verwies auf Fischbach am Bodensee, wo die Situation ähnlich sei. Mit Stau "tut man den Anwohnern auch keinen Gefallen".

Der Bürgermeister sah "es auch kritisch, so weit runterzugehen". Es sei zu überlegen, Tempo 30 wieder zurückzunehmen, sobald der Flüsterasphalt eingebaut sei. Wolber-Berthold regte an, nur nachts auf 30 Stundenkilometer zu reduzieren, damit "die Anwohner nachts ihre Ruhe haben".

Rat stimmt Entwurf zu

Martin Schuler, der in Hinterlehengericht wohnt, freute sich, "dass das Empfinden der Anwohner sich bestätigt hat". Er hielt Tempo 30 für die 500 Meter durch Hinterlehengericht für "durchaus verkraftbar" für Autofahrer. Lehengerichts Ortsvorsteher Thomas Kipp sah Tempolimits "nicht als alleiniges Mittel". Er hege große Zweifel, dass das Landratsamt die Geschwindigkeitsreduzierungen mitgeht. Dennoch sei es gut, "dass der große Handlungsbedarf bewiesen ist".

Der Entwurf wird im nächsten Schritt öffentlich ausgelegt. Bürger und die Träger öffentlicher Belange können sich dazu äußern. Die Stellungnahmen werden anschließend eingearbeitet, sodass der Lärmaktionsplan Anfang 2022 verabschiedet werden kann. Diesem Vorgehen stimmte der Gemeinderat einstimmig zu.