2019 galt schon einmal Tempo 30 in der Wildbader Straße, wie unser Archivbild zeigt. Allerdings nicht wegen des Verkehrslärms oder des desolaten Zustands der Straße, sondern "nur" wegen der Baustelle auf der Ortsdurchfahrt. Foto: Mutschler

Die B 294 ist eine wichtige Verkehrsader für den Nordschwarzwald. Doch sie verursacht auch eine Menge Verkehrslärm. Unter anderem in Calmbach. Wenn es nach den Experten geht, wird dort bald deutlich langsamer gefahren.

Bad Wildbad - Der Lärmaktionsplan für den Bad Wildbader Stadtteil Calmbach bewegt die Einwohner schon seit vielen Jahren. Auch in der Einwohnerfragestunde ging es in der jüngsten Sitzung wieder um eine mögliche Geschwindigkeitsreduzierung in der Haupt- und Häberlenstraße. Das passte gut zum Tagesordnungspunkt drei: Hier stellte Jürgen Roth von der Firma Soundplan die Ergebnisse aus der Fortschreibung des Lärmaktionsplans vor. So viel vorab: Der Experte sieht dringenden Handlungsbedarf bei der Geschwindigkeitsreduzierung, die Stadt unterstützt dies – die Umsetzung liegt jedoch allein in den Händen von Landratsamt Calw und Regierungspräsidium Karlsruhe.

Gleich zu Beginn erwähnte Roth, dass es um die schalltechnische Berechnung im Straßenverkehr gehe. "Lärm wird nicht gemessen, sondern gerechnet", erklärte er. Dabei sei nicht ein einzelnes Ereignis ausschlaggebend, sondern der Durchschnitt. Er erläuterte außerdem die verschiedenen Grenzwerte: So sei bei einem Verkehrslärm von 70 Dezibel A (dB(A)) am Tag und 60 dB(A) in der Nacht die Pflicht zum Einschreiten erreicht, Werte über 65 Db(A) am Tag und 55 dB(A) in der Nacht gelten laut Roth als gesundheitskritisch. Neben der reinen Berechnung fließen weitere Abwägungen mit ein, etwa wie viele Einwohner betroffen sind oder welche Bedeutung der fließende Verkehr hat und welche Auswirkungen eventuelle Änderungen auf den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV), den Fuß- oder Radverkehr hat. Es gebe viele Bereiche, in denen diese Grenzwerte überschritten würden, so Roth weiter.

Geforderte Maßnahmen

Deshalb ergeben sich aus den Berechnungen folgende Maßnahmenvorschläge:

 Entlang der B 294 von Höfen kommend gebe es bereits vor dem Ortsschild Überschreitungen der gesundheitskritischen Werte in der Nacht. Deshalb wird gefordert, die bestehende Geschwindigkeit von 100/70 km/h vor dem Ortsschild im Bereich der Bebauung Enzring/Höfener Straße auf Tempo 50 in der Nacht abzusenken.

 Im weiteren Verlauf ab dem Ortsschild bis zum Faas-Kreisel wird Tempo 30 bei Tag und Nacht gefordert aufgrund der Überschreitungen der gesundheitskritischen Werte am Tag und der Werte für eine Pflicht zum Einschreiten in der Nacht.

 Ab Faas-Kreisel bis Kreuzung Hauptstraße gibt es trotz Sanierung der Straße und bestehendem Tempo 30 weiterhin Gebäude mit vordringlichem Handlungsbedarf, besonders in der Nacht. Hier wird die Aufnahmen in ein Lärmschutzfensterprogramm vorgeschlagen.

 Im weiteren Verlauf der B 294 wird im Bereich Kleinenztalstraße 39 bis 75 wegen Überschreitung der Werte für eine Pflicht zum Einschreiten Tempo 30 gefordert Auch ab der Kreuzung der B 296 bis zu dem Bereich wird Tempo 30 gefordert.

 Auch für die Wildbader Straße (L 351) von der Ankerkreuzung bis zum Ortsausgang Richtung Wildbad werden die Werte für eine Pflicht zum Einschreiten überschritten, deshalb wird auch hier Tempo 30 gefordert. Das sei der "schlimmste Bereich", führte Roth aus: "Dieser Bereich gehört dringen, dringend lärmgeschützt, vor allem in der Nacht."

 Im Teilbereich ab der Ankerkreuzung bis zur Wildbader Straße 81 wird ein lärmarmer Asphalt gefordert. In diesem Bereich sei eine Sanierung des Straßenbelags wegen des schlechten Zustands sowieso dringend nötig. Es wird angenommen, dass bereits ein intakter Fahrbahnbelag auf jeden Fall eine Verbesserung um etwa zwei bis drei dB(A) bringt.

 Entlang der Kriegsstraße zwischen Ankerkreuzung und Faas-Kreisel überschreiten einzelne Gebäude die Werte für eine Pflicht zum Einschreiten. Mit der Einführung von Tempo 30 in diesem Bereich soll auch wegen des Einzugsbereichs der Fünf-Täler-Schule zudem ein Wechsel der Höchstgeschwindigkeit vermieden werden.

 Entlang der Hauptstraße gibt es vor allem nachts Überschreitungen der gesundheitskritischen Werte. Auch hier würde Tempo 30 Entlastung bringen.

 Zudem regt Roth ein Lärmschutzfensterprogramm an für Gebäude mit dokumentierten Überschreitungen, die nicht in einem der genannten Maßnahmenbereiche liegen und für Gebäude, die trotz Maßnahmen weiterhin Überschreitungen aufweisen.

Auch wenn es in einigen untersuchten Bereichen, etwa an der Häberlenstraße oder der Kriegsstraße, "wenig Munition für Tempo 30" gebe, sei eine durchgängige Geschwindigkeitsbegrenzung sinnvoll für ein einheitliches Fahrverhalten durch Calmbach.

Was sagen die Fraktionen?

Uwe Göbel (CDU) sagte, man habe diese Ergebnisse in der Fraktion intensiv diskutiert und sei sich einig, dass eine einheitliche Geschwindigkeit in der ganzen Ortschaft "eine Mordserleichterung" wäre. Allerdings regte er an, Tempo 40 statt 30 zu wählen. Da vermutet er eine größere Akzeptanz bei den Autofahrern, auch angesichts der Länge der Ortschaft.

Diesem Ansinnen hatte Roth bereits im Vorfeld entgegnet, dass eine Reduzierung auf Tempo 40 nur eine Lärmminderung von 1,2 dB(A) bringe. Erst bei einer Reduzierung auf 30 km/h gebe es einen "gewissen Effekt".

Jürgen Schrumpf (SPD) fragte, wer denn ein Lärmschutzfensterprogramm bezahlen würde. "Die Stadt hat kein Geld", fügte er an. Roth erwiderte, dass diese Programme vom Land aufgelegt und hoch bezuschusst würden, man darauf allerdings eventuell sehr lange warten müsse.

Rita Locher sagte, dass der Plan den Handlungsbedarf zeige und rief die Anwohner dazu auf, sich die Pläne, die in den Rathäusern und online einsehbar sind, anzuschauen und eventuelle Anmerkungen zu machen.

Auffassung der Verwaltung

"Die einzelnen Maßnahmen sind wichtig und erforderlich, um die Beeinträchtigung durch Verkehrslärm für die Bevölkerung [...] deutlich zu minimieren", heißt es in der Sitzungsvorlage. Allerdings lägen die Maßnahmen alle im Zuständigkeitsbereich des Landratsamtes Calw. Die Verwaltung werde sich aber "mit Nachdruck" dafür einsetzen, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen auch angeordnet werden.