Jürgen Grunert schließt seinen Elektronik-Laden G-Tronik in der Lörracher Innenstadt. Die Kunden sind entsetzt. Ein Nachfolger wird verzweifelt gesucht.
Wer das Geschäft in der Spitalstraße 19 zum ersten mal betritt, staunt nicht schlecht: Wände und Stellwände sind gespickt mit hunderten von Schublädchen und Fächern, in denen sich Kleinstteilchen befinden; aufgewickelte Kabel reihen sich dutzendfach aneinander, daneben Handyhüllen, Elektriker-Zange, Lupe, Druckerpatronen, Knopfzellen, DC-Stecker, Klemmen, Buchsen, ein Cassetten-Adapter – hier gibt es alles, was sich um Elektronik und Zubehör dreht.
Voller Überblick im Laden
Mittendrin steht Jürgen Grunert, die Ruhe selbst. Mit zielsicherem Griff pickt er die gewünschte Batterie für einen Kunden heraus: „Aha, für ein Schweizer Produkt“, sagt der Chef treffsicher. Der Kunde nickt. Und lässt sich gerne beim Einsetzen der Mini-Batterie in sein Taschenmesser helfen.
Ladeninhaber Grunert hilft und berät gerne. Das muss er auch. Denn es kommen viele, oft ältere Menschen, die sich mit Elektronik nicht auskennen und neben dem Material auch Rat suchen. Diese, darunter viele Stammkunden („manche kommen tatsächlich täglich“) – reagieren entsetzt auf die Nachricht, das Grunert jetzt mit 71 Jahren den Laden übergeben will. „Ende des Monats ist Schluss“, sagt er.
Ende November ist Schluss
Bis dahin sucht er weiter via Aushang und im Internet nach einem Nachfolger. Denn sein Geschäft liegt ihm sehr am Herzen. Sein Sohn hat hier lange mitgearbeitet, ehe dieser sich als Vater von vier Kindern einen besser bezahlten Job in der Schweiz suchte – mit geregelten Arbeitszeiten.
Denn die hat Jürgen Grunert nicht. Schließlich laufe viel im Hintergrund: Buchhaltung, Akquise, Steuer. Zwar hätten sich einige Interessenten als Nachfolger gemeldet. Bislang seien aber alle wieder abgesprungen, bedauert er. Bedauerlich auch für die Kunden.
Denn das, was G-Tronik bietet, gibt es in den „normalen“ Elektronikgeschäften nicht. „Für Großmärkte lohnt sich das gar nicht“, erklärt Grunert. Das nächste entsprechende Geschäft ist erst wieder in Freiburg zu finden. Alle anderen hätten nach und nach geschlossen. „Für viele hat sich der Einsatz nicht mehr gelohnt.“
„Es macht mir einen Riesenspaß“
Er selbst ist allein im Laden, die Miete sei gut – daher habe er sein Auskommen gefunden. Zumal ihm das alles Riesenspaß mache. Grunert hat in seinem gut sortierten Geschäft alles im Griff, weiß genau, wo was liegt oder hängt. Seit dem Jahr 2002 führt er den Laden unter dem Namen G-Tronik, seit 2018 in der Spitalstraße. Hier gibt es Zubehör für Handy, CAR-Hifi, Audio, Video, Elektro, Elektronik, Modellbau und vieles mehr, wie man der Schaufensterbeschriftung entnehmen kann.
Der Opa war Elektriker
Eigentlich kommt er aus Hessen. Für Elektronik hat er sich schon immer interessiert. „Mein Opa war Elektriker, und ich habe begeistert mit all den Kabeln und Utensilien aus seiner Kiste gespielt“, erzählt er im Gespräch mit unserer Zeitung. Sein Physikstudium brach er ab, wurde Kaufmann im Elektrohandel in Freiburg. Mit ehemaligen Kommilitonen arbeitete er gemeinsam in einem Geschäft, bevor es ihn in die Selbstständigkeit zog – sein Traum. Dass es Lörrach wurde, war eher Zufall.
Geduld ist seine Stärke
Geduld ist seine große Stärke. Das merkt man gleich, wenn man Grunert beim Kundenkontakt zusieht. Da wird eine Taschenlampe, die schon bessere Tage gesehen hat, mit verschiedenen Batterien getestet; da erklärt er, welche Kontrollleuchten (für was auch immer) passen; oder er googelt geschwind, welche Druckerpatronen die Dame für ihr Modell braucht. Er kann auch sehr direkt werden: „Puh, also so können Sie das nicht machen!“
Dieser Mann weiß alles
Man hat das Gefühl: Dieser Mann weiß alles. Wie was, wo gesteckt, gedrückt, geschraubt, installiert werden muss. Und wenn er einmal wirklich nicht mehr weiter weiß, wie bei einem älteren Laptop, schaut er mitfühlend auf dessen Besitzer, der jammervoll auf sein defektes, offensichtlich heiß geliebtes Gerät blickt, das sich nicht mehr anschalten lässt.
Eine andere Kundin bringt es wohl auf den Punkt: „Ich hab immer bei Ihnen gekauft, und es war immer das Richtige.“
Hobby zum Beruf gemacht
Vermissen wird Jürgen Grunert sein Geschäft sehr. Der Beruf war sein Hobby. Beigebracht hat er sich fast alles selbst. Doch er freut sich auch auf eine neue Zeit mit seiner Frau. Die beiden zieht es in die Bretagne, ans Meer. Frankreich ist sowieso ihre große Liebe – obwohl seine Ehefrau Engländerin ist. „Da haben wir uns auch kennengelernt. Auf einem Festival für französische Volkstänze“, erzählt er lächelnd. Tanzen tun sie beide leidenschaftlich gern. Vielleicht bleibt dafür in Zukunft mehr Zeit. Wobei: „Im neuen Zuhause gibt es sicher immer was zu reparieren oder zu schrauben.“
www.g-tronik.de