Vor einem Jahr brach der Vulkan von La Palma aus. Drei Monate später verstummte er wieder. Die Rückkehr zur Normalität geht vielen zu langsam.
Der Jahrestag entfaltet seine eigene emotionale Kraft. „Das merkst du auf der Insel“, sagt Rüdiger Wastl, der aus Dietzenbach bei Offenbach stammt und seit 17 Jahren auf der grünen Kanareninsel lebt. „Ist alles ein bisschen stiller geworden in den letzten zwei Tagen.“ Am 19. September vor einem Jahr brach der immer noch namenlose Vulkan auf der Kanareninsel La Palma aus.
Die Insel versucht, sich wieder zu finde
Knapp drei Monate blieb der Vulkan aktiv, begrub Wastls und gut 1000 weitere Häuser unter sich, ganze Dörfer: insgesamt zwölf Quadratkilometer bewohntes und bebautes Land, etwa ein Sechzigstel der Inselfläche, davon 2,2 Quadratkilometer Bananenplantagen. Zu Weihnachten, nach zwei Wochen vulkanischer Ruhe, wurde offiziell das Ende des Ausbruchs erklärt. Seitdem versucht die Insel, wieder zu sich zu finden.
Wer sich aber umhört auf La Palma, wird viele Klagen hören: dass der Wiederaufbau zu langsam vorangehe, dass die Hilfe – mehr als eine halbe Milliarde Euro – nicht bei denen ankomme, die sie am nötigsten brauchten. Viel mehr müsste gebaut werden, vor allem Wohnhäuser, aber zu wenige Kräne zeigen an, dass Abhilfe naht. Noch immer leben 192 Menschen, die unterm Vulkan ihr Haus verloren, in Hotelzimmern. Wastl hat ein Haus zur Miete gefunden, aber das Angebot an Miethäusern und -wohnungen auf La Palma ist gering, die Preise sind auf das Zwei- bis Dreifache gestiegen. Er will wieder bauen, hat ein Grundstück gefunden und hofft, bis Ende des Monats die Baugenehmigung zu haben. Für Vulkanopfer soll alles schneller gehen, was nicht heißt, dass alles wirklich schnell geht. Es gibt auch kaum Bauland auf dieser Insel aus lauter steilen Hängen.
Der Tourismus steht schon wieder gut da
Auch der Tourismus – neben dem Bananenanbau die Haupteinnahmequelle der Insel – zieht etwas weniger an als erhofft: Bisher landeten dieses Jahr auf dem kleinen Flughafen von La Palma knapp 834 000 Passagiere, mehr als im gesamten Jahr 2021, aber immer noch etwa 15 Prozent weniger als in den ersten achten Monaten des Vor-Corona-Jahres 2019. Man kann das auch positiv sehen: La Palma steht schon fast wieder da, wo es vor dem Vulkanausbruch stand.