Rot, gelb oder grün? Welche Karte wird am Ende wohl an der eigenen Tonne baumeln? Foto: Dick

Er ist der Herr über 42 000 Biomüll-Tonnen im Zollernalbkreis: Friedrich Scholte-Reh (61), Leiter des Fachbereichs Umwelt und Abfallwirtschaft im Landratsamt. Er weiß genau, was in die Biotonne darf und was nicht.

Zollernalbkreis - Damit das alle anderen auch wissen, wurden jetzt grüne, gelbe und rote Karten eingeführt, die – je nach deren "Innenleben" – an die Biotonnen angehängt werden. Im Interview spricht Scholte-Reh über skurrile Funde, die rote Karte als "Höchststrafe", kompostierbare Shirts und den Wert, den sauberer Biomüll hat.

Was war das "Ungehörigste", das das Abfallwirtschaftsamt je in einer BioTonne gefunden hat?

Oje, da gibt es so einiges. Besonders gestaunt haben wir über Teile einer alten Klo-Schüssel. Auch E-Schrott, Schlachtabfälle während der Jagdsaison und tote Haustiere wurden schon entsorgt. Ich will lieber nicht wissen, was wir so alles erst gar nicht entdeckt haben.

Die Karten, die Sie eingeführt haben, erinnern an Fußball. Gelbe Karte an der Bio-Tonne bedeutet Verwarnung, die Rote ist die Höchststrafe: Man muss eine kostenpflichtige Sonderentleerung bestellen. Was kostet die denn?

Das wissen wir noch nicht. Aber in Nachbarlandkreisen wurde dafür eine Pauschale von 30 bis 40 Euro festgelegt. Ich hoffe, dass wir keine roten Karten benutzen müssen. Derzeit wird jede Tonne im Kreis einmal genau angeschaut. Das machen Mitarbeiter von uns, nicht die der Abfuhrunternehmen. Bisher gibt’s nur Gelb, damit die Benutzer wissen: "Hoppla, in meiner Tonne hat was nicht gestimmt". Im Herbst beginnt ein zweiter Kontrolldurchgang. Dann wird's ernst. Aber wir hoffen sehr auf die Vernunft der Bürger.

Die Kleider-Kollektion "Trigema-Change" wirbt damit, dass ihre T-Shirts an deren Lebensende problemlos kompostiert werden können. Dürften solche Shirts in die Bio-Tonne?

Nee (lacht). Der Bio-Müll, den wir wollen, ist in zehn bis zwölf Wochen verrottet. Das schafft selbst ein solches Shirt nicht. Daheim auf dem Kompost kann man das natürlich versuchen. Ich denke aber, solange alte Kleider noch halbwegs tragbar sind, sollten die in den Altkleidercontainer. Oder man verwendet sie als Putzlappen. Laut Gesetz dürfen am Schluss der Vergärung nur ein Prozent Störstoffe, wie zum Beispiel Plastik, im Biomüll enthalten sein. Deshalb darf auch kein "kompostierbares Plastik" rein. Es verrottet viel zu langsam, außerdem können wir es nicht von herkömmlichem Plastik unterscheiden.

Biomüll stinkt bisweilen gewaltig, wird als eklig empfunden. Dabei steckt soviel Gutes drin, oder?

Na ja, Biomüll fängt spätestens nach zwei Tagen an zu gären und stinkt dann eben. Das Gute am Biomüll: Er ist ein Bodenverbesserer, dass heißt, er macht landwirtschaftliche Flächen fruchtbar. Außerdem steckt Energie drin, die fossile Energien ersetzt. Gewonnen wird sie, indem die Gase in der Vergärungsanlage in Strom umgewandelt werden.

Viele Hersteller haben angefangen umzusatteln. Es gibt festes Shampoo im Karton, im Versand wird mit Papier ausgestopft und sogar Toilettenpapier gibt’s in Papierverpackung. Kommt da eine neue Müllflut auf uns zu? Und sind wir im Kreis dafür gerüstet?

Die Flut ist schon da: Seit der Pandemie erleben wir eine wahre Verpackungsflut, dadurch, dass viel online bestellt wurde. Bei Karton und Pappe macht das einen Anstieg um etwa 20 Prozent aus. Einen Rückgang der Plastikabfälle haben wir noch nicht festgestellt. Abgesehen davon waren und sind wir gut gerüstet. Wir befinden uns in einem ständigen Verpackungs-Wandel, dem wir uns stellen müssen. Das größte Problem sind die Verbundstoffe, also Karton, an dem Plastik verklebt ist. Und leider liegt seit Corona auch mehr Müll in der freien Landschaft herum. Zudem: Wir alle pflegen noch immer einen zu verschwenderischen Lebensstil.

Zurück zur Bio-Tonne. Vorbildlich befüllte Tonnen wollen Sie auszeichnen. Bekommt man dann eine Urkunde als "Held des Bio-Mülls"?

Nein (lacht). Die Grüne Karte ist ja schon ein Lob für sich. Die soll ja auch eine Art "Dankeschön-Karte" sein.

Info: Das darf rein in die Tonne

In den Biotonnen des Zollernalbkreises dürfen landen: Speise- und Küchenabfälle (auch Kaffeesatz mit Filter und Teebeutel), Gartenabfälle sowie Haare und Federn. Alles andere ist tabu, auch kompostierbares Plastik.

Wer sich beraten lassen möchte, kann sich an die Abfallberatung des Landratsamts unter den Telefonnummern 07433/921371 und -/921381 sowie -/921382 wenden.