Heidrun Bucher-Schlichtenberger ist Galeristin aus Leidenschaft. Ihre Galerie „Kunstblick“ gibt es seit 20 Jahren und ist Sprungbrett für Künstler von Weltrang.
Wer der zierlichen Galeristin zum ersten Mal begegnet, der mag kaum glauben, wie viel Power sie hat – und wie gut sie in der Kunstszene vernetzt ist. Ihre Galerie „Kunstblick“ hat sie vor 20 Jahren eröffnet. Hier haben weltbekannte Künstler wie Renata Tumarova oder Alireza Varzandeh erste Schritte auf dem Parkett der Kunstszene gemacht. Letzterer stellte in der Balinger Galerie ein Bild aus, für das 20 000 Euro aufgerufen waren – ein paar Jahre später ist es 50 000 Euro wert.
Das macht die Mutter dreier Kinder und Oma von sechs Enkeln stolz, das merkt man ihr an. Wenngleich der Erfolg „ihrer“ Künstler auch Hürden für die Galeristin bereit hält. „Sie stellen auf der ganzen Welt aus, Termine für Balingen zu finden ist schwer.“
Aber nicht unmöglich: Zum Jubiläum schenkte sich die ehemalige Lehrerin eine Ausstellung mit Werken von Patrizia Casagranda. Diese ist bei der Biennale vertreten, hat dort schon zwei Mal einen Preis gewonnen. Im „Kunstblick“ hängt unter anderem ein Werk, das an das berühmte geschredderte „Balloon Girl“ von Banksy erinnert. Casagrande allerdings lässt ihre Protagonistin den Ballon festhalten, so wie man Hoffnung festhalten sollte, erklärt die Kunstexpertin.
Dass sie einmal Galeristin sein würde, das war nicht abzusehen. Wohl hat die 66-Jährige einen Magister in Kunstgeschichte und ist katholische Diplom-Theologin. Ihr beruflicher Weg führte sie allerdings in den Schuldienst. „Parallel habe ich aber immer Ausstellungen kuratiert oder Schätzungen für Sammler gemacht.“
Mehrere Ausstellungen hat sie in der Zehntscheuer betreut. Schräg gegenüber steht das Haus, in dem heute der „Kunstblick“ zu Hause ist. „Ich habe mit den Räumen geliebäugelt“, sagt sie und lächelt. Kurzerhand fragte sie an und siehe da, sie unterzeichnete einen Mietvertrag – zunächst befristet auf ein Jahr.
Zunächst legte sie den Schwerpunkt auf klassische Kunst aus dem Südwesten. Aber die Geschmäcker ändern sich. „Heute stelle ich nur noch Zeitgenossen aus.“ Bemerkenswert: alle Künstler, die – zum Teil mehrfach – in Balingen ausgestellt haben, sind international gelistet. „Thitz“ zum Beispiel mit seinen stilisierten Tüten ist Kunstblick-Künstler der ersten Stunde und heute weltweit gefragt.
Klar ist Kunst auch ein Geschäft, aber eben ein ganz besonderes. Die Chemie zwischen Künstler und Galeristin müsse stimmen, meint Bucher-Schlichtenberger. „Man muss sich aufeinander verlassen können“, erklärt sie. Das klappt offenbar, viele Maler und Bildhauer sind längst Freunde geworden.
Das hat sich in der Szene rumgesprochen. Die Galeristin bekommt viele Anfragen von Künstlern. „Vieles muss ich leider ablehnen, weil es dafür keinen Markt gibt.“
Ob es für sie besondere Highlights gab? Heidrun Bucher-Schlichtenberger muss nachdenken. Dann zeigt sie auf die Oberlichter an den Fenstern. Diese sind mit weißem Stift bemalt. Das war Roman Scheidl, ein Wiener, dessen Werke auch in der Albertina oder im Museum Wirth zu sehen sind. Es war bei der Vernissage eine spontane Idee des Malers, die Scheiben zur Kunst zu erheben. „Ich habe sie seit dem nicht geputzt“, sagt die Galeristin und lacht.
Zum neuen Schuljahr hat die Lehrerin den Schuldienst quittiert. Viel Zeit zum Müßiggang gönnt sie sich aber nicht. Sie hat einige Ausstellungen auf der Agenda, die sie kuratiert, die nächste in der Rathaus-Galerie. Und sie will viel Projektarbeit machen, unter anderem mit Galeristen-Kollege Günther Meinlschmidt. „Wir haben uns noch nie bekriegt, wir haben schon bei der Gartenschau toll zusammen gearbeitet“, verrät Heidrun Bucher-Schlichtenberger.
Außerdem möchte sie das „Art for Coaching“ intensivieren. Hierfür hat sie Ausbildungen in der Schweiz und in Wien absolviert, um mit Hilfe eines Blickes auf ein Kunstwerk das Seelenleben der Klienten zu beleuchten.
Ob sie selbst auch malt? „Davon lasse ich die Finger“, sagt sie und muss lachen. „Das überlasse ich anderen, die das besser können.“ Jenen also, deren Werken sie eine Bühne gibt und dann und wann auch den Startschuss für eine Weltkarriere ermöglicht.
Varzandeh und Tumarova sind solche Beispiele. Die Galeristin räumt mit einem Vorurteil auf: „Das ist kein lockeres Künstlerleben, das ist harte Arbeit.“ Wer weltweites Renommee genieße, der stehe früh am Morgen auf und arbeite oft bis in die Nacht hinein im Atelier. Dort bekommen die Künstler dann Besuch von Heidrun Bucher-Schlichtenberger, wenn eine neue Ausstellung ansteht und die Werke ausgewählt werden, die in Balingen gezeigt werden.