„Ich bin keine willentliche Gestalterin“, sagt Karla Kreh über ihr künstlerisches Schaffen: „Ich weiß vorher nicht, was ich für einen Strich male.“ Dabei geht ihr künstlerisches Schaffen von Performance über gesellschaftskritische Kunst bis hin zu Studien über das Wasser.
In eine Art „Trance“ verfalle sie beim Malen, sagt Karla Kreh: „Ich mach mich ganz leer.“Gedanken aus dem Buddhismus und die des Philosophen Arthur Schopenhauer haben Kreh geprägt, so beispielsweise vom „sich innerlich Abgrenzen“ oder vom „Aussteigen überhaupt“. Wenn sie beim kreativen Arbeiten denken würde, kämen ihr nur hinderliche Überlegungen wie „Ist es das wert?“ und „Soll ich das machen?“ Dabei arbeitet die Künstlerin sehr bewusst: „Es reizt mich wirklich, dass jeder Pinselstrich sitzt.“
Bei der Ausstellung „Von oben gesehen – Die Welt aus der Vogelperspektive“, die bis zum 25. März in der Stuttgarter Galerie InterArt zu sehen ist, stellt Kreh Bildwelten zwischen Puppenfüßen und Elefanten aus, die ihr kommen, „wenn ich gerade sehe, was für ein Chaos auf der Erde stattfindet.“
„Keiner muss müssen“
Zu dem Weltchaos, das die Künstlerin beschäftigt, gehört auch der Schriftzug mit dem Spruch „Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin“, der sich auf einer quadratischen Zeichnung befindet, auf der ein dynamischer Soldat auf eine Frau trifft. „Vielleicht könnte sie diesen Mann in Schach halten“, sagt Kreh mit einem schelmischen Grinsen.
Auf einer anderen Zeichnung steht: „Keiner muss müssen.“ Auch beim Thema Krieg erlaubt sich Kreh, Distanz einzunehmen, sich abzugrenzen und kommt so an grundsätzliche Fragen: „Was sind das für Kräfte, die da wirken? Da verwirklicht sich etwas, was eigentlich keiner will.“
Die kleinen quadratischen Zeichnungen, die ganz verschiedene Themen behandeln und großteils auch ohne Text sind, kann Kreh immer neu anordnen – so entstehen ständig andere Geschichten.
Trinker und Penner
Um intuitiv zu arbeiten, zeichnet sie häufig, während sie sich unterhält, manchmal „läuft auch der Fernseher“.
Themen wie Krieg oder marginalisierte Existenzen sind für Kreh mit der Bearbeitung einzelner Bilder nicht abgeschlossen, sondern kommen „immer wieder auf mich zurück“. Ein Werk von ihr heißt „Der Trinker“, ein anderes „Penner“. In der „Ballade eines Wettkämpfers“ geht es um Aufstieg und Fall eines Boxers im harten Ringen um Erfolg. Mehrere Szenen zwischen Sieg und Verletzung sind im Acrylbild ineinander geschoben.
Neben gesellschaftskritischen Werken hat Kreh dabei auch eine ganze Serie gemacht, indem sie malerisch versucht, bewegtes Wasser in einem Moment einzufangen. Während die Künstlerin Bilder früher eher „ausgearbeitet“ hat, arbeitet sie „jetzt mehr spontan“.
Spontan sind beispielsweise die Malereien, die sie teilweise live vor Publikum von Tänzern anfertigt, die „in einer Sekunde schon 200 oder fünf Bewegungen“ vollziehen. Mit einem Fliesenspachtel entstehen auf einigen ihrer Bilder parallele Bewegungslinien.
Falschfarbiger Hund
Immer wieder steigt Kreh zu einer Malperformance in riesige durchsichtige Plastikobjekte, die der Künstler Frank Fierke erstellt. Von innen bemalt sie – beispielsweise im Rahmen der Ausstellung „Kunst taucht auf“ am Schiltachufer – eine Art aufgeblasene Plastikpyramide mit teilweise wilden bunten Linien und Figuren. Öffentlich zu malen macht ihr „total Spaß“, sie greift Bewegungen auf, die sie durch die durchsichtige Plastikfolie wahrnimmt. Einmal kam ein Kind und wollte, dass sie einen Hund malt, erzählt Kreh. Das Kind sei dann allerdings mit ihrer Farbwahl nicht zufrieden gewesen.
Über die Künstlerin
Schaffensweg
13 Jahre wohnt Kreh bereits in Schiltach, seit zweieinhalb Jahren hat sie ein Atelier im Majolika-Fabrikgebäude. Kunst ist „von Anfang an mein Ding“ gewesen, zunächst verwirklichte sie dies bei einer Ausbildung in Glasmalerei und während des Studiums an der Akademie der bildenden Künste in Stuttgart. Kreh unterrichtete bereits in Stuttgart, Donaueschingen und Schiltach Kunst und hatte auch eine eigene Kunstschule.
Die Serie
Neun Künstler haben sich unter Leiter Otto Schinle zur Gruppe Forelle Blau zusammengeschlossen und organisieren unter anderem die jährliche Ausstellung „Kunst taucht auf“ am Schiltacher Ufer. Wir sprechen mit den einzelnen Künstlern über ihre Werke und deren Entstehung. Heute gibt es den fünften Teil mit Karla Kreh.