Simone Richter in ihrem Atelier Foto: Holzäpfel

Simone Richter aus Bisingen stellt ihre Gemälde im Gemeindehaus in Frommern aus. Warum jedes einzelne davon eine Hymne an die Frau ist – und sie mit Klischees bricht.

Einmal angenommen, das Mädchen ist in jenem schmerzhaften Augenblick erwachsen geworden. Nachdem der Mann ihr die Kindheit genommen hatte, fasste sie einen Entschluss. Hat sich geschworen, nie wieder unter einem Mann leiden zu müssen. Diesen Schmerz in Stärke umzuwandeln. Sich zur Wehr zu setzen. Die Geschichte, ihre Geschichte, neu zu schreiben.

 

Die eine Muse gibt es nicht

Ihre Augen blicken starr in die Ferne, als würde sie sich weit weg wünschen. Auf dem Gemälde ist lediglich der Arm des Mannes zu sehen. Und seine Hand, die das Kind widerstrebend mit seinen Lippen berührt. Zu diesem düsteren, eindrucksvollen Bild gehört ein zweites. In hellen, warmen Farben. Es zeigt denselben Menschen, Jahre später. Als stolze, starke Frau blickt sie diesmal herab. Auf die Hand eines Mannes. Das lange, wilde Haar fällt über ihre Schultern, ihre Lider sind halb geschlossen. Furcht und Stärke stehen einander gegenüber.

Oder vielmehr: Hat Künstlerin Simone Richter einander gegenübergestellt. Diese Gegenüberstellung zieht sich durch ihr Werk: Die Bisingerin stellt ihre Frauenporträts bis 15. Januar im Evangelischen Gemeindehaus in Frommern aus. Der Titel ihrer Ausstellung: „Starke Frauen – jenseits des Klischees“.

Die Frau ist zart, aber nicht zerbrechlich

Zwei Tage vor der Eröffnung steht sie im Atelier ihres Hauses. Hier, zwischen Leinwand und Licht, entstehen ihre Porträts. Es riecht nach frischer Farbe. Schwämme, hunderte Acrylfarben, spezielle Künstler-Kreide und Pinsel stapeln sich auf ihrem langen Maltisch.

Bis zum Vorabend habe sie an dem letzten Gemälde gearbeitet, sagt Richter mit Blick auf die Staffelei. Eine junge, asiatische Frau ist darauf zu sehen. Sie schaut den Betrachter direkt an. Das Haar ist kunstvoll aufgetürmt, die Lippen dezent geschminkt. „Sie ist zart, aber nicht zerbrechlich“, betont die Malerin. Ihre Sanftheit sei eine wichtige Ressource. Überhaupt, bemerkt Richter, habe Stärke viele Gesichter. In ihrer Kunst vereint sie Kraft, femininen Facettenreichtum, Unabhängigkeit und Schönheit. „Jede Frau ist schön.“ Sie sehe Frauen in ihrem wunderbaren Ganzen, sagt Richter.

Sie hat bereits als Kind gemalt

Angefangen hat die Künstlerin bereits im Kindesalter. Inspiriert wurde sie durch ihren Großvater, der ebenfalls Kunstmaler war. „Ich fand seine Bilder so schön, und habe als Kind damit angefangen, sie zu kopieren.“ Schon im Alter von acht Jahren entstanden so ihre ersten Öl-Gemälde. In der Pubertät habe sie dann ihren eigenen Stil gefunden – und ihr Thema.

„Damals habe ich meine ersten Frauen-Bilder gemalt.“ Der Fokus, sagt Richter, habe von Anfang an auf den Augen gelegen. Mit 12 begann sie mit ihren Augenstudien. Noch heute fängt sie damit an. Immer. Alles andere entwickle sich dann. „Meine Frauen sprechen mit den Augen.“

Inspiration findet sie überall

Inspiration findet Richter überall: auf der Straße, in Cafés, durch Begegnungen, im Internet. Schnell wird im Gespräch klar: Die eine Muse hat sie nicht. Da sind etwa die Freundinnen aus Uganda, die Nageldesignerin aus Vietnam, die Frauen in Paris, wo sie kürzlich einige Tage verbrachte. Aber auch ihre Mutter („eine starke Frau“), ihre Tochter, eigens Erlebtes. Wichtig ist der Bisingerin der Raum für Interpretation.

Die Ausstellung kann nach Anmeldung beim Pfarramt Frommern telefonisch unter 07433/93 00 65 oder mit der Künstlerin unter Telefon 0160-987 385 39 besichtigt werden.